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Allesbrenner im Eigenheim

Technik. – Seit die Otto-Motoren ihren Siegeszug antraten fristet der Stirling-Motor ein Schattendasein. Jetzt sieht es so aus, als ob das alternative Aggregat eine Renaissance erlebte, und zwar im heimischen Keller als hoch effizientes Mini-Kraftwerk. Auf der Konferenz Clean-Energy-Power in Berlin wurden solche Anwendungen vorgestellt.

Von Michael Fuhs | 19.01.2006
    Ein Motor der fast ewig hält, den man nicht hört, der jeden Brennstoff nimmt und der Strom und Wärme sehr effektiv erzeugen kann - so etwas hätten Ingenieure und Häuslebauer gerne. Mit dem Stirlingmotor könnten ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Andreas Gimsa von der Potsdamer Firma Enerlyt führt auf der Clean Energy Power Konferenz sein Wunderwerk vor. Das Aggregat ist tatsächlich verhältnismäßig leise. Denn anders als im Ottomotor wird der Treibstoff nicht zur Explosion gebracht. Stattdessen erhitzt beim Stirlingmotor eine Flamme den Arbeitszylinder von außen. Darin ist Gas eingeschlossen, es dehnt sich aus und treibt den Kolben an. Dann wird es in einen zweiten Zylinder geleitet. Er wird von außen gekühlt. Das Gas zieht sich zusammen und wird in den ersten Zylinder zurück gedrückt, so dass das der Zyklus von neuem ablaufen kann. Gimsa:

    "Das Geniale am Stirling ist, dass man eine äußere Verbrennung hat und jedweden Brennstoff nutzen kann, also auch nachwachsende Brennstoffe. Also zunächst erst einmal nutzen wir Rapsöl, dieser Brennstoff ist CO2-neutral, weil beim Wachstum der Pflanze genauso viel CO2 aus der Atmosphäre genommen wird, wie bei der Verbrennung wieder abgegeben wird."

    Das Kühlschrank große Gerät ist ein Ersatz für Heizungen in Einfamilienhäusern. Der Motor dreht einen Generator und erzeugt Strom, die Abwärme heizt gleichzeitig das Haus. Der Verkauf solcher Geräte boomt seit einigen Jahren, denn damit lässt sich die Energie eines Brennstoffes zu fast 100 Prozent nutzen. Die meisten dieser so genannten Mini-Blockheizkraftwerke haben bisher allerdings Ottomotoren, die mit Gas betrieben werden. Doch jetzt kommen immer mehr Stirlingmotoren auf den Markt. Neben der freien Wahl des Brennstoffes sprechen auch noch andere Gründe dafür, erklärt Hans-Detlev Kühl vom Lehrstuhl für Thermodynamik der Universität Dortmund:

    "Einmal ist der Stirlingmotor ein Motor, der für den Dauerbetrieb von Haus aus besser geeignet ist als Otto- oder Dieselmotoren. Er ist eben vom Prinzip her weniger hohen Belastungen ausgesetzt, einmal weil die Lagerbelastung zum Beispiel ausgeglichener, gleichmäßiger ist als in einem Motor, wo ständig immer explosionsartige Zündungen ablaufen, die sehr hohe Druckspitzen erzeugen. Er läuft auch sonst sehr ruhig, sehr leise. Und er hat dann den Vorteil, dass auch das Innere des Motors nicht verunreinigt wird durch im Innern ablaufende Verbrennungen, sondern man hat ja ein hermetisch gekapseltes System."

    Dadurch muss der Stirling je nach Bauart nur alle 10.000 bis 80.000 Betriebsstunden gewartet werden, das ist bis zu zwanzig mal seltener als bei einem Ottomotor. Als Antrieb in Mini-Blockheizkraftwerken fallen außerdem die typischen Nachteile des Stirlings nicht ins Gewicht - er ist schwerer und in der Drehzahl nicht so schnell regelbar. Damit scheint es für den Stirling fast 200 Jahre nach seiner Erfindung eine Nische zu geben. Das zeigt auch die Sunmachine von der gleichnamigen Firma in Kempten. Ihr Blockheizkraftwerk verbrennt Holzpellets, was mit Ottomotoren fast unmöglich wäre. Außerdem soll Ende des Jahres sogar eine solar angetriebene Version auf den Markt kommen. Werner Flecks, Energieberater bei der Firma:

    "Untertags, wenn die Sonne scheint, wird das Sonnenlicht mit einem Parabolspiegel gebündelt, trifft auf den Erhitzerkopf des Stirlings auf, treibt den Stirling an. Der Stirling muss dann wieder gekühlt werden, das ist dann das Warmwasser. Also es wird Strom erzeugt, Warmwasser betrieben, solange die Sonne scheint."

    Dann kann das Gerät auch die Photovoltaikzelle auf dem Dach ersetzen, bei direkter Sonneneinstrahlung auf den Parabolspiegel mit viereinhalb Metern Durchmesser sogar mit höherer Effizienz. Allerdings gibt es die meisten für Einfamilienhäuser geeigneten Mini-Blockheizkraftwerke mit Stirlingmotoren bisher nur als Prototypen. Jetzt müssen diese Allesbrenner erst einmal zeigen, dass sie in der Praxis ebenso gut funktionieren wie im Entwicklungslabor.