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Alltag am Moskauer Flughafen

Über die Sicherheit an Flughäfen diskutieren die Innen- und Justizminister der EU ab heute in Toledo – vor allem wird es dabei um den Einsatz der sogenannten Körperscanner gehen. Am Moskauer Flughafen Domodedowo, dem modernsten Flughafen Russlands, sind die Körperscanner seit fast drei Jahren im Einsatz – und ein Deutscher hat deren Einführung mitorganisiert.

Von Mareike Aden | 21.01.2010
    Die Hände gehoben, die Füße auseinander, so steht die blonde Passagierin in der Plexiglas-Kabine am Inlandsterminal des Flughafens Domodedowo. Ein kurzes Surren – fertig ist das digitale Abbild ihres Körpers. Das sieht nun ein Kontrolleur vor sich auf dem Bildschirm. Zwar ist das Gesicht der Frau nicht zu erkennen, aber darüber hinaus bleibt kaum Raum für Fantasie. Die junge Frau, die Marina heißt und auf dem Weg nach Kaliningrad ist, macht das nichts aus:

    "Ich bemerke diese Körperscanner gar nicht mehr. Vielleicht haben manche Leute da Komplexe, aber ich nicht. Das ist doch eine Frage der Sicherheit – das muss sein. Und die Menschen hier machen sich über die Scanner wirklich kein Kopfzerbrechen, sie gehen einfach durch."

    Nur zwei Sekunden dauert die Prozedur. Seit Einführung der Körperscanner im März 2007 seien die Warteschlangen am Flughafen Domodedowo, einem der wichtigsten Drehkreuze Russlands, dadurch kürzer geworden, so die Flughafen-Leitung. Die rund 200.000 Euro Anschaffungskosten für jeden der 15 Geräte, haben sich gelohnt, sagt Daniel Burkard. Er stammt aus Bayern und ist Entwicklungsmanager der Flughafengesellschaft.

    "Wir sind privatwirtschaftlich organisiert und eine Handvoll Aktionäre entscheidet. Und unser Vorstandsvorsitzender, der ist sehr technikbegeistert – wenn der etwas liest, sei es von einer neuen Stereoanlage, einem neuen Auto oder eben einem Bodyscanner, dann will er wissen, was es damit auf sich hat."

    Nach einer Testphase entschied man sich gegen russische Geräte mit Röntgenstrahlen und für ein US-Modell, das mit sogenannten Millimeterstrahlen arbeitet. Wenn ein Handy in der Hosentasche klingelt, sei die Strahlenbelastung 10.000 größer als beim Gang durch den Körperscanner, rechnet Burkard vor. Die Frage nach der Strahlenbelastung durch die Scanner, sei die einzige Sorge, die russische Passagiere von Zeit zu Zeit äußerten, sagt er.

    "Diese Diskussion, die speziell in Deutschland geführt wird, wegen der Intimsphäre, da muss man sich halt überlegen, was einem wichtiger ist: Dass jemand an einem Monitor, ein bisschen weiter weg sitzt, das dreidimensionale Bild des Körpers sieht, und eventuell eine Waffe oder irgend etwas anderes, was die Sicherheit bedrohen könnte – ohne zu wissen wer das ist. Oder ob man sich lieber abtasten möchte, von jemandem, der direkt vor einem steht – und der dann auch noch seine Witzen macht über Körperfülle oder Ähnliches.""

    Zwar haben die Passagiere am Flughafen Domodedowo die Wahl, sich auch auf herkömmliche Weise durchsuchen zu lassen, aber ein englischsprachiges Hinweisschild gibt es nicht. Dass er auf dem Weg zu seinem Flug nach Wien somit durch einen der berüchtigten Körperscanner gelaufen ist, bemerkte dieser Passagier erst danach. Zu spät.

    "Ich wusste gar nicht, dass hier diese Scanner gibt. Und ich möchte ich auch nicht, dass mich jemand so sieht – das ist eine Frage der persönlichen Freiheit. Und nun überall wegen diesem einen Zwischenfall von Amsterdam die ganze Sicherheitsprozedur zu verändern, das ist übertrieben."

    Dass die Körperscanner von den meisten Russen bereitwillig und von vielen fast unbemerkt aufgenommen wurden, das ist für Burkard, der seit zwölf Jahren in Ländern der ehemaligen Sowjetunion lebt, keine Überraschung:

    "Der Bürger in Russland, der ist ja froh, wenn er überhaupt fliegen kann und macht dann keine große Diskussionen. Es gibt hier ja auch kein Nachtflugverbot."