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Alpakazucht am Niederrhein

Alpakas am Niederrhein - ein höchst ungewöhnlicher Anblick für diesen Landstrich. Die ursprünglich in Südamerika heimischen Tiere sind mit dicker Wolle bepackt, aus der man wunderbar leichte Pullis stricken kann. Etwa 60 verschiedene Farbtöne kommen vor. Züchter mögen die Tiere: sie gelten als gutmütig, und weil sie nur Grasspitzen fressen, pflegen sie nebenbei Landschaft und Deiche. Das wertvollste an ihnen - ganz klar - ist aber die Wolle. Neben Kaschmir und Seide zählt sie zu den edelsten Naturfasern der Welt.

Von Stefanie Kowalewski |
    Bislich bei Wesel. Eine ländliche Gegend am Niederrhein und das zu Hause der neunjährigen Zwillinge Florian und Sofi, die seit etwas mehr als einem Jahr ganz besondere Nachbarn haben.

    Bevor Jens und Andreas hierhin gekommen sind, da kannte ich den Namen Alpakas noch nicht. Da wusste ich gar nicht, was das ist. Und als die Lamas hierhin gekommen sind, da war das hier noch schöner. Also der erste Unterschied ist schon mal, dass die Ohren bei den Alpakas kleiner sind und bei den Lamas, da haben die auch mehr so Bananenohren, so bananenförmig. Und die Alpakas, die haben noch bessere Wolle, sind auch etwas kleiner und haben noch mehr verschiedene Farben. Die haben auch noch nie einen Menschen angespuckt.

    Alpakas und vier Lamas trotten hier zufrieden über die Weiden. Mit der Alpakazucht haben sich Jens Nachsel und Andreas Borgers einen Traum erfüllt. Die Idee kam den beiden Niederrheinern als sie eine Fernsehdokumentation über die wolligen Tiere sahen. Das ist drei Jahre her. Inzwischen haben sie eine alte Schmiede samt Wohnhaus gekauft, alles umgebaut und innerhalb eines Jahres sind sie zu stolzen Besitzern der größten Alpakaherde in Nordrhein-Westfalen geworden.

    Und wenn man einmal sich mit Alpakas beschäftigt, dann kommt man nicht mehr los. Das ist faszinierend. Da wird man richtig in den Bann gezogen von den Summgeräuschen, von der Ruhe, die diese Tiere ausstrahlen, das hat was ganz Spezielles.

    …schwärmt Andreas Borgers. Während er weiterhin als Marketingmanager arbeitet, hat Jens Nachsel seinen Job als Koch aufgegeben und konzentriert sich ganz auf die Alpakazucht. Die Tiere aus der Andenregion in Südamerika sind sehr genügsam und kommen mit unserem Klima bestens zurecht. Alles was sie brauchen ist eine Weide mit einem offenen Stall, etwas Heu und Wasser. Einzige Hemmschwelle ist der Preis für die ersten Zuchttiere.

    Als tragendes Tier bekommt man heute Qualitätsstufen ab 5.000 Euro aufwärts. ….Man kann auch billiger kaufen, … aber für eine Zucht mit einem wirklich wirtschaftlichen Hintergedanken, da muss man auf ein Qualitätstier von Anfang an bauen, sonst hat es eigentlich keinen Sinn überhaupt zu starten.

    Doch wer die hohen Anfangsinvestitionen für die Tiere nicht scheut, sagt Andreas Borgers, hat nicht nur viel Spaß an den ruhigen wuscheligen Tieren mit den treuen Augen. Der hat auch - langfristig betrachtet – einen erheblichen finanziellen Gewinn.

    Diese Tiere sind auch vom Zuchtgedanken her sehr interessant. In unseren Kreisen sprechen wir wirklich von einem Lifestock-Investment. Das ist einfach so. So rechnet man dann 80 Prozent Zuchterfolg, 50 Prozent Stuten, 50 Prozent Hengste. Und wenn man das realistisch betreibt, dann kann man sein Kapital fast verzehnfachen wenn man auf 12, auf 15 Jahre rechnet.

    Hinzu kommt der Ertrag aus der Wolle. Im Moment bringt die Schur eines Tieres etwa drei bis vier Kilo pro Jahr. Durch eine verbesserte Zucht wollen es die beiden Niederrheiner aber auf fünf bis sechs Kilo pro Tier bringen, denn Alpakawolle ist wertvoll.

    Alpakawolle ist in der Kategorie anzusiedeln wie Kaschmir. Das hat was mit der Feinheit der Faser zu tun, …dass es eine Hohlkammerfaser ist, dass sie also wahnsinnig leicht ist aber dem Körper die natürliche Wärme bringt, die er braucht, atmet aber auch am Körper. D.h. wenn man schwitzt, die Feuchtigkeit vom Körper entweicht, der Körper bleibt trocken, die Wolle fängt nicht an zu riechen. …So ist Alpakawolle im Prinzip das Ursprungs- Gore Tex Material, was wir heute von der modernen Industrie kennen.

    Allerdings hapert es in Deutschland noch an der Vermarktung der edlen Wolle, bedauert Andreas Borgers.

    Momentan liegen wir hier beim Hofverkauf bei um die 30 Euro…. Geben wir die hier in eine nicht qualifizierte Wollmühle, gibt es nur zehn Euro das Kilo … wenn man aber …auch nur nach England geht und schaut da mal die, die eigene Wollmühlen betreiben, da bekommt man bis zu 60 Euro das Kilo für die Alpakawolle.

    Eine Spezialisierung auf die Verarbeitung von Alpakawolle würde sich für deutsche Wollmühlen erst lohnen, wenn bundesweit mindestens 5.000 Tieren gehalten und geschoren würden. Zurzeit sind es aber nur etwa die Hälfte. Die Niederrheiner Züchter müssen also noch bei etlichen Alpakastuten Geburtshilfe leisten. Und da sie sehr an ihren Tieren hängen, fällt ihnen jeder Verkauf schwer, sagt Jens Nachsel.

    Ich gebe kein Tier an irgendwen ab. Also wenn sich Leute interessieren, dann haben wir es schon gemacht, dass wir uns vorher anschauen, wo kommen die Tiere hin.

    Melodie, Jana, Schneewittchen, Spirit und die anderen Alpakas werden das sicher zu schätzen wssen.