Freitag, 19. April 2024

Archiv


"Als ich die Sterne entdeckte"

Das Teleskop als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk: Damit kann die Begeisterung für Sonne, Mond und Sterne schon in jungen Jahren geweckt werden. Und manche lässt diese Begeisterung ihr Berufsleben lang nicht mehr los.

Von Michael Engel | 12.12.2009
    Nicht immer war der Weg zu den Sternen so planvoll organisiert wie heute - mit Astronomieunterricht in den Schulen, Fernrohren für Kitas, Sternenkunde in den Planetarien. Für viele Kinder, die in früheren Jahren zur Astronomie gefunden haben, war Weihnachten das prägende Ereignis, nichts ahnend, was sich da in dem länglichen Paket unter dem Tannenbaum verbirgt: ein richtiges Teleskop.

    In manchen Fällen hat die Faszination ein ganzes Leben angehalten und sogar berufliche Weichen gestellt. Für Karsten Danzmann zum Beispiel war schnell klar, dass er eines Tages Physik studieren würde.

    "Jetzt muss ich nachdenken, wie alt ich war, als ich mein erstes Fernrohr bekommen habe: vielleicht elf oder so, relativ früh. Und da habe ich Nächte draußen verbracht und mir die Finger klamm gefroren, weil im Winter der Himmel besonders klar war und die Wintersternbilder auch besonders schön sind. Und habe dann mit einem doch recht primitiven Elf-Zentimeter-Newton-Teleskop nach Nebeln und Galaxien gesucht."

    Der Blick zum Himmel hat ihn nicht mehr losgelassen. Heute ist er Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover. Der Wissenschaftler sucht mit sogenannten "Gravitationswellendetektoren", mit 50 Meter langen Röhren, nach Schwerkraftwellen aus dem Kosmos, die beim Urknall entstanden sein müssen. Noch nie in der Geschichte sind die unsichtbaren Schwerkraftwellen eingefangen worden. Danzmann hofft darauf seit Jahren, um eines Tages mehr über den Urknall zu erfahren.

    Auch die Geschichte, erzählt von Volker Kasten, ist typisch. Eine frühe Begeisterung für die Sternenwelt. Heute ist er Mathematikprofessor an der Uni Hannover:

    "Ja, also ich persönlich bin schon als Kind dazu gekommen. Das muss ich meinen Eltern verdanken, dass sie mich mitgenommen haben - eines Abends -, um einen hellen Kometen anzuschauen. Und das war so die Initialzündung, das hat dann also Interesse erzeugt, was also bisher angehalten hat, und es ist auch noch kein Ende abzusehen."

    Kastens Faszination für die Astronomie hat ihn bundesweit bekannt gemacht. Sein Name steht auf zahlreichen Büchern, die sich populärwissenschaftlich mit Sonne, Mond und Sternen beschäftigen. Einmal im Monat berichtet er in einer großen Tageszeitung über den aktuellen Sternenhimmel, und er gibt einschlägige Kurse an der Volkshochschule.

    Das Berufsfeld Astronomie sollte es auch für Jakob Staude werden.

    "Ich habe mein Diplom in Kernphysik gemacht, und da hatte ich etwas Zeit zu überbrücken, und da habe ich ein astronomisches Praktikum in der alten Landessternwarte auf dem Königstuhl gemacht. Das sah ein bisschen so aus, wie man sich den Astronomen beim Witze erzählen vorstellt: Mit Spinnweben und halt ein altes Gebilde. Aber daneben, im Wald auf dem Königstuhl, da wurden die ersten Bäume gefällt, da war die Gründung des Max-Planck-Instituts gerade geschehen auf dem Papier. Und so bin ich in den Aufbau dieses ganzen Unternehmens reingerutscht und hatte ein sehr spannendes Berufsleben infolgedessen."

    Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Dr. Jakob Staude im Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. In diesem Jahr geht der Pressesprecher und Herausgeber der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" in Pension - allerdings nur formal. Denn direkt neben seinem Arbeitsplatz entsteht zurzeit das "Haus der Astronomie", eine Bildungseinrichtung für junge Menschen, die sich dem Weltall widmen möchten.

    "Jetzt geht es erst einmal darum das 'Haus der Astronomie' aufzubauen und in Schwung zu bringen, und ich denke, das wird mich doch noch eine Weile beschäftigen."

    Ungewöhnlich ist diese Geschichte, die Andreas Kornfeld erzählt.

    "Bei mir war es zum Beispiel so, dass ich als Jugendlicher, so mit zwölf, 13 ungefähr, eine zeitweise sehr schnell zunehmende Kurzsichtigkeit hatte und auch heute noch habe. Ich musste also fast jedes Jahr die Brille und später dann die Kontaktlinsen wechseln. Und hab' mich deswegen sensibilisiert und habe es als besonders zu schätzen gewusst, wenn ich dann wieder in der Lage war, auch in der Ferne scharf, punktscharf, zu sehen. Und hab' zu der Zeit so etwas einfaches nicht nur zur Vergrößerung, sondern um überhaupt scharf sehen zu können, benutzt. Habe einfach mal mir mit dem Fernglas den Mond angesehen und hab' überraschend festgestellt, dass man damit schon Krater erkennen kann. Das hat mich so ein bisschen im Grunde genommen so fasziniert und gereizt, dass ich dann tiefer eingestiegen bin."

    Bis heute quält sich Andreas Kornfeld mit optischen Problemen herum, um die Sterne zu sichten. Der Physiker entwickelt im Laserzentrum Hannover optische Messsysteme für Satelliten, die von der Europäischen Weltraumagentur ESA in den Weltraum geschossen werden.

    Sterne vom Schiff aus? Julie Schröder macht das gelegentlich auf den "Hurtigruten". Dabei arbeitet die studierte Historikerin hauptberuflich in einem Museum. Doch als "Lektorin für Astronomie" begleitet sie gelegentlich Kreuzfahrten ins Nordpolarmeer und gibt den Passagieren fantastische Einblicke in die Sternenwelt der nördlichen Hemisphäre.

    "Ja, also es war so, dass mich der Sternenhimmel von Jugend an fasziniert hat; eigentlich schon von Kindheit an. Ich erinnere mich jetzt gerade. Ich hab' früher als Kind eine Sendung gesehen, die hieß 'Mond, Mond, Mond ...', da war so ein kleines Mädchen in meinem Alter, die hat der Mond eben auch so fasziniert. Und dann später wollte ich eben auch so gerne die Sternbilder erkennen können und irgendwie hatte ich lange Zeit keine richtige Anleitung, kein Mensch wusste Bescheid. Ich bin in so einem kleinen Ort aufgewachsen, wo es leider auch nicht so die Angebote gab."
    Heute ist Julie Schröder Vorstandmitglied in einem Astronomieverein mit eigener Sternwarte und ein eher seltenes Beispiel dafür, dass die frühe Liebe zur Astronomie nicht zwangsläufig auch die beruflichen Weichen stellen muss. Treu geblieben ist sie den Sternen gleichwohl immer.

    Kinder lieben die Astronomie. Dirk Brockmann kennt das. Der Physiklehrer leitet eine Astronomiegruppe und schaut dabei regelmäßig in leuchtende Augen, wenn er von den Sternen erzählt. Ihn selbst hat es auch schon als Kind "erwischt" - dabei sollte er eigentlich nur Gemsen und Steinböcke beobachten.

    "Die Initialzündung kam, glaube ich, durch ein normales Fernglas, das mein Vater mir geschenkt hat zur Beobachtung bei Wanderungen in den Alpen. Und irgendwann bin ich dann mit diesem Fernglas an den Mond geraten und habe den Mond beobachtet und war fasziniert von den vielen Oberflächeneinzelheiten, die man dort sieht. Und das hat in mir so eine Begeisterung ausgelöst für diesen Forschungsgegenstand, und ich habe mich seither, das war so vielleicht als ich 14 oder 15 war, seither habe ich mich mit der Astronomie beschäftigt. Und es kam relativ frühzeitig auch der Wunsch auf, in dieser Richtung zu studieren."