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Alte Kühlschränke nach Afrika

Ausrangierte Elektrogeräte aus Deutschland werden nach Darstellung der Deutschen Umwelthilfe offenbar im großen Stil ins Ausland gebracht. Die Umwelthilfe erhebt aufgrund von Recherchen im Hamburger Hafen den Vorwurf illegaler Müllentsorgung. Als Hintergrund vermutet der Verband die neuen Regeln für Elektroschrott. Der Export sei billiger als eine rechtlich einwandfreie Entsorgung.

Von Dieter Nürnberger | 20.06.2007
    Man hat im März umfangreiche Recherchen im Hamburger Hafen durchgeführt, die Deutsche Umwelthilfe hat vor Ort mit Hilfe der Polizei auch Container, die für den Export bestimmt waren, öffnen lassen. Man hat sich ebenso auf Autoumschlagplätzen in Hamburg umgesehen. Und für die Umwelthilfe wurde durch diese Recherchen immer mehr deutlich, dass eben eine alte und zwischenzeitlich fast verschwundene Praxis, nämlich die der vermutlich illegalen Exporte von Elektroschrott aus Deutschland inzwischen wieder eine größere Rolle spiele.

    Man hat ganze Container voller alter Computerbildschirme gefunden, die als Handelsware deklariert waren. Allerdings wurden diese Produkte so in Containern untergebracht, dass man eigentlich davon ausgehen müsse, so die Umwelthilfe, dass diese nicht mehr in ihrer ursprünglichen Bestimmung gebraucht werden könnten. Es gab beispielsweise keine Art von Schutzhüllen, alles war kreuz und quer gestapelt. Teilweise war die Ware als beschädigt und kaputt erkennbar. Und dahinter würde eine zweifelhafte Entsorgungspraxis stecken, meist über mehrere Akteure verteilt, sagt Eva Leonhard, Abfallexpertin der Deutschen Umwelthilfe:

    "Jetzt hat der seinen Subunternehmer, der wiederum hat auch einen Subunternehmer, der dann etwa die alten Bildschirme verwerten soll. Eine Entsorgung zu einem halbwegs fairen Preis kostet zwischen vier und fünf Euro. Wir haben davon gehört, dass es Angebote von lediglich 50 Cent für eine solche Entsorgung gibt. Das heißt, pro Gerät gibt es somit einen Gewinn von bis zu 4,50 Euro, wenn die Geräte etwa nach Vietnam vertickt werden, statt sie ordnungsgemäß zu entsorgen."

    Elektroschrott werde als so genannte Handelsware deklariert und dann nach Vietnam oder beispielsweise auch nach Usbekistan verschoben. Alte Kühlschränke und auch Kleinbusse und Pkw würden hingegen, so die Deklaration auf den Containern oder den Automobilen, oft nach Afrika gehen. Die Untersuchung ist sicherlich erst einmal nur eine Momentaufnahme, konkrete Mengenangaben zu machen, ist deshalb schwierig. Doch geht Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, schon von einem größeren, illegalen Markt aus:

    "Wir wissen aus den Gesprächen mit der Polizei, dass es wirklich große Mengen sind. Es geht containerweise aus Deutschland raus. So wird beispielsweise aus Rotterdam inzwischen deutlich weniger exportiert, hier scheint man die Gesetze, vor allem das Baseler Abkommen, entsprechend umzusetzen. In Hamburg scheint es durch eine nicht vorhandene Kontrolle einfacher zu sein. Bei den Autos ist es so, dass rund drei Millionen Altautos pro Jahr in Deutschland anfallen. Die müssten nach einer Alt-Auto-Richtlinie im Inland entsorgt werden. Von diesen werden nach Berechnungen des Umweltbundesamtes 2,5 Millionen Fahrzeuge pro Jahr in das Ausland exportiert."

    Man habe auch den Umweltsenator der Hansestadt auf diese Zustände im Hamburger Hafen aufmerksam gemacht. Doch gehe Axel Gedaschko (CDU) davon aus, dass es sich um eine legale Praxis handele. Da ist die Deutsche Umwelthilfe anderer Meinung. Es gäbe eindeutige Rechtsvorschriften sowohl auf europäischer wie auch nationaler Ebene. Cornelia Ziehm, die Rechtsexpertin der Umweltorganisation:

    "Das Baseler Übereinkommen und die Abfall-Verbringungs-Verordnung sehen ausdrücklich ein Exportverbot für Abfälle vor, die zur Beseitigung oder zur Ausschlachtung bestimmt sind. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Es gibt Ausnahmeregelungen nur für bestimmte andere Länder, etwa für EU-Länder oder andere Industriestaaten. Aber Afrika und Asien fallen nicht darunter. Wir haben ein Exportverbot, das ist Ausdruck des Verursacherprinzips. Was hier in Deutschland an Müll produziert wird, soll bitte auch hier umweltgerecht beseitigt oder gegebenenfalls verwertet werden."

    Deutschland sei Exportweltmeister, so die Deutsche Umwelthilfe, und es sehe nun so aus, dass man auch durch illegale Schrottexporte einen Spitzenplatz in einer recht dubiosen und rechtswidrigen anderen Liga einnehme. Und an die Politik in der Hansestadt geht zumindest der Vorwurf, eine notwendige Kontrollpflicht nicht allzu ernst zu nehmen.