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Alte Kulturtradition am Ende?

Das Theater in Griechenland steckt in der Krise: In der Heimat der großen antiken Dramatiker spürt auch die Kultur die Kürzungen, mit denen die Staatskassen repariert werden sollen. Viel Geld hat es zwar auch vor der Krise nicht gegeben, nun stehen viele Häuser vor dem Zusammenbruch.

Von Marianthi Milona | 31.03.2010
    Grigoris Mitas, ehemaliger Hauptdarsteller an der Staatlichen Bühne von Thessaloniki und Chef des bekannten Theaters Fleming trotzt der Krise in der griechischen Theaterlandschaft mit selbstbewusstem Tatendrang. Viel Unterstützung hat er seit Gründung seines Theaters 1999 sowieso nicht bekommen. Zwei Jahre lang habe er 8000 Euro vom griechischen Kulturministerium erhalten. Ein lächerlich kleiner Betrag. Praktisch ohne Belang. Viel wichtiger sei es gewesen, alle Beteiligten an das Haus zu binden. Familienmitglieder, Geschäftsleute aus dem Viertel und natürlich die Schauspieler selbst. Alle zahlen einen monatlichen Beitrag zur Finanzierung des Theaters.

    "Das mag im Augenblick hart klingen, aber wir sollten die Gelegenheit beim Schopf packen und uns vom Kulturministerium unabhängig machen. Theater machst du sowieso aus einem inneren Bedürfnis heraus. Du magst über bestehende Missstände aufmerksam machen. Du willst echte Gesellschaftskritik üben, die sozialen Ungerechtigkeiten frei hinausschreien, sodass sie bis in jede Ecke dieses Landes gehört werden können. "

    Den griechischen Theatern geht es finanziell so schlecht wie nie zuvor. Ausgerechnet in der Heimat der großen antiken Dramatiker, Aischylos, Euripides, Sophokles. Das griechische Schuldenloch zeigt keine Ehrfurcht vor dem großen Kulturerbe, klagen griechische Kritiker und Theaterliebhaber. Die einst so blühende griechische Theaterwelt steht vor dem Zusammenbruch. Über 200 Theater in Athen und weitere 100 im Großraum Thessaloniki kämpfen ums Überleben. Denn mit der Wiederwahl der sonst so spendablen PASOK-Regierung blieben die Fördergelder an die griechischen Theater aus. Das hoch verschuldete Land habe momentan ganz andere Sorgen, hieß es. Für die zahlreichen, griechischen Bühnen bedeutet dieser Beschluss ein klares "Aus".

    Nicht so für das "Mikro Theatro" von Eva Dimitropoulou. Ihr Theater im Zentrum Thessalonikis verbucht paradoxerweise seit Ausbruch der Krise positive Zuschauerzahlen. Ihre Analyse lautet:

    "Ich habe mächtig den Eindruck, dass in dieser Krise die Zuschauer nur noch dem zuhören wollen, der etwas Wesentliches zu sagen hat. Und das ist nicht unbedingt das Schlechteste. In Griechenland kennen wir eigentlich Nichts anderes als Krise. Die augenblickliche Misere können wir nicht mehr übertünchen. Und auf einmal geben die Menschen ihr Geld wieder lieber für eine Theaterkarte aus, als für ein neues Handy. Deshalb baue ich im Augenblick mehr auf die verkauften Tickets, als auf irgendeine Unterstützung vom Staat."

    Nikos Sakalidis, einer der bekanntesten zeitgenössischen Regisseure Griechenlands glaubt, dass die Theaterlandschaft des Landes mächtig ins Wanken gekommen ist. Doch selbst wenn die Theaterhäuser einstürzten, würden die Schauspieler am nächsten Tag unter freiem Himmel wieder auftreten. Das griechische Theater als Mahnmal einer Jahrtausende alten Kultur, die sich einer korrupten Gesellschaft widersetzt?

    "Trotz alledem stelle ich momentan fest, dass bei der jungen Schauspielergeneration es eine Art Widerstand gegen die Skandale der letzten Zeit gibt. Ich spüre einen ungeahnten Ehrgeiz, der da sagen will: "Und jetzt erst recht! Wir stehen für ein anderes Griechenland. Wir riskieren es. Wir spielen auch ohne eine Unterstützung von oben!" Wie lange wir durchhalten werden, wissen wir nicht. Für die Zukunft des Theaters stimmen solche Töne erst einmal recht optimistisch an. Die finanzielle Situation der griechischen Theater wird jedoch noch lange ein echtes Desaster bleiben."