Archiv


Alte Musik auf der Blockflöte

Wir stellen Ihnen heute die neueste CD des Flanders Recorder Quartet vor, die jetzt beim Label AEOLUS erschien. Das flämische Blockflöten-Quartett hat hier, unter dem Titel "Consort of Fower Parts", Consort-Music von Mathew Locke eingespielt, dem bedeutendsten englischen Komponisten in der Generation vor Purcell.

Von Dr. Christiane Lehnigk |
    Im Studio begrüßt Sie dazu Christiane Lehnigk.

    • Musikbeispiel: Mathew Locke - 4. (8) Saraband aus: Suite II in g-G

    Das Flanders Recorder Quartet, das im vorigen Jahr sein 15-jähriges Bestehen feiern konnte, hat in der Blockflötenszene längst Kultstatus und gehört weltweit mit zu den renommiertesten kammermusikalischen Ensembles in der Alten Musik. Dabei ist das Repertoire der vier Flötisten gar nicht auf die Alte Musik beschränkt und die mehr als 40 Werke, die dem Ensemble gewidmet sind, zeugen auch von einem regen Austausch mit zeitgenössischen Komponisten. In den Kritiken werden die Konzerte und Produktionen der flämischen Musiker oft mit der "hohen" Kunst "bester Streichquartette" verglichen. Der homogene und kristallklare Klang, die technische Perfektion und die stilsichere Interpretation haben das Zusammenspiel des Flanders Recorder Quartet zu einem unverwechselbaren Aushängeschild gemacht. Dabei gehören gerade die Konzerte zu den besonderen Erlebnissen, haben die vier Musiker doch eine sehr charmante und humorvolle Art, das Publikum für ihr Instrumentarium, das aus rund 150 verschiedenen Blockflöten besteht, und für Werke aus eigentlich allen Epochen zu begeistern.

    Diese überschäumende Spielfreude, die sich den Zuhörern in den Konzerten sofort vermittelt und fast immer zu stehenden Ovationen führt, ist in den Platten-Produktionen oft ein wenig gebremst und scheint einem größeren Bedürfnis nach Perfektion zu weichen.

    Und so haftet auch der vorliegenden Aufnahme mit englischer Consort-Music etwas absolut Makelloses, fast Ätherisches an, das durch die ausgeklügelte Aufnahmetechnik, in der sich die vier Flöten, wie ein einziges Instrument, - manchmal assoziiert man einen Orgelklang-, mit dem Raum verschmelzen. Dieser Effekt entsteht nicht zuletzt durch die Verwendung von barocken Flötentypen und insbesondere der über 2,30 m hohen Großbaß-Flöte. Und hat man dann noch die Möglichkeit, diese SACD mit einem Multichannel-Surround-tauglichen Gerät abzuhören, dann ist das Klangerlebnis schon außergewöhnlich.
    Es spielen Bart Spanhove, Han Tol, Joris Van Goethem und Paul Van Loey.

    • Musikbeispiel: Mathew Locke - 1. (9) Fantazie aus: Suite III in F

    Mit einer solchen freien "Fantazie" beginnt jede der 6 Suiten, die Mathew Locke in der Sammlung "Consort of Fower Parts" zusammengefasst hat. Die Einteilung von Suiten hat er nicht ausdrücklich angegeben, aber aus der Abfolge der 24 durchnummerierten Stücke, ergibt sie sich fast zwangsläufig. Entstanden ist die Sammlung wohl um die 1650er Jahre und sie gilt sowohl als Lockes letztes kammermusikalisches Oeuvre wie auch als Schlusspunkt der Gattung "Consort Music".

    Den Anfang bildet eine immer ganz unterschiedlich gestaltete "Fantazie", eine Form, die zu Lockes Zeiten schon als ein wenig altertümlich galt, die aber hier erstaunliche Klang- und Rhythmuseffekte birgt. Anschließend folgt jeweils eine Courante im Dreier-Takt, eine langsame Ayre im Vierertakt und eine schnellere Saraband im Dreiertakt. Doch es sind keine einfachen Tanzsätze, die Akzente verschieben sich immer wieder neu, Hemiolen, Chromatik, umspielende Läufe sind nur ein paar der Stilmittel, zu denen Locke gegriffen hat, um die Stücke abwechslungsreich und für seine Zeit "modern" zu gestalten.

    Doch hier zunächst noch einmal ein Ausschnitt aus einer Fantasie, aus der 5. Suite in g, die wie die übrigen mit einer Fuge beginnt und durch die schneidende Chromatik eine ungeheure Spannung erhält.

    • Musikbeispiel: Mathew Locke - 1. (17) Fantazie aus: Suite IV in g


    Lockes Sammlung "Consort of Fower Parts" ist zusammen mit sechs weiteren Zyklen in der British Library als Manuskript erhalten. Mit Sicherheit waren die Stücke zunächst für ein Gambenconsort gedacht, doch wie bei vielen Kompositionen der Zeit war die Besetzung nicht ausdrücklich angegeben. Mathew Locke selbst spielte hauptsächlich Orgel, war Hofkomponist Karl des II. und später Organist der Königin und schrieb Musik für verschiedene Theater. Ein solches Consort mit Blockflöten zu besetzen entspricht auch der englischen Tradition, erfreute sich doch die Blockflöte auf der Insel großer Beliebtheit.

    Und so war zum Beispiel schon Heinrich der VIII. ein Flöten-Narr und hinterließ eine Sammlung von 72 Quer- und 76-Blockflöten.

    Professionelle Flöten-Ensembles waren vor dem Bürgerkrieg nicht nur am Hof, sondern auch beim Theater engagiert und da es nicht so viele eigens für sie geschriebene Musik gab, waren Arrangements von Vokal- und Instrumentalmusik üblich.

    Das Flanders Recorder Quartet knüpft mit seinen Arrangements auch an die musikalische Tradition des Ensemble- und Consortspiels an, das in den Niederlanden um die Mitte des 16. Jahrhunderts seine Hochzeit hatte. Das belgische Ensemble möchte, so Han Tol, "den Hörer mit Staunen zurückführen in die Zeit, in der diese magischen Klänge in reich verzierten Sälen erklangen". Dass es den vier Musikern immer wieder gelingt, solche "magischen Klänge" hervorzuzaubern, dafür ist auch die neueste Einspielung mit Consort-Music von Locke ein beeindruckendes Beispiel.

    • Musikbeispiel: Mathew Locke - aus: Suite VI in F

    Die neue Platte im Deutschlandfunk. Wir stellten Ihnen heute Consort-Music von Mathew Locke vor, die neueste SACD des Flanders Recorder Quartet, erschienen beim Label AEOLUS, unter dem Titel "Consort of Fower Parts".

    Titel: Matthew Locke – "Consort of Fower Parts" (Six Suites)
    Ensemble: Flanders Recorder Quartet
    Label: AEOLUS (www.aeolus-music.com)
    Labelcode: LC 02232
    Bestell-Nr.: AE-10106