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Alte Songs im neuen Gewand

Seit 40 Jahren steht Bryan Ferry auf der Bühne. Mit seiner Band Roxy Music galt er als Wegbereiter des Punkrock in England und der New Wave-Bewegung inden 80er-Jahren. Auf seinem neuen Instrumentalalbum "The Jazz Age" geht Ferry neue Wege - indem er alte Songs transformiert.

Von Dennis Kastrup | 30.11.2012
    "Ich fände es toll, die Hörer zu konvertieren. Es ist immer gut, wenn das Leben ein Prozess von Entdeckungen ist und man Abenteuer erlebt, um neue Dinge zu finden. Auch wenn das manchmal bedeutet, zurück in die Vergangenheit zu gehen."

    Bryan Ferry ist ein umsichtiger Redner. Wenn er redet, sind seine Worte wohl überlegt. Er weiß genau, was er mit seiner Musik ausdrücken will. Das neue Album "The Jazz Age" verzichtet aber auf seinen Gesang und somit auf den Text. Die Instrumentalstücke müssen also für sich sprechen.

    "Ich wollte schon lange ein Instrumentalalbum einiger meiner Songs machen, weil ich mich einmal nicht als Sänger, sondern als Songwriter und Schreiber von Melodien präsentieren wollte. Ich habe mich dazu entschlossen, es im Stile des 20er-Jahre-Jazz zu machen. Den habe ich kürzlich viel gehört. So bin ich zu meinen Wurzeln als junger Jazzfan zurückgekehrt."

    Das gelingt nicht nur durch die neue Instrumentierung, sondern auch durch die Benutzung fast schon antiker RCA-Mikrofone, die für ein dumpfes, grammofonartiges Klangbild sorgen, eine Mischung aus dem New Orleans Stil von Louis Armstrong und der Cotton-Club-Ära zurzeit von Duke Ellington. Dabei verfremdet Ferry seine Songs so stark, dass die Originale kaum wieder zu erkennen sind.

    Mit dem Sound der 20er-Jahre verbindet er aber auch ein ganz besonderes Lebensgefühl. Es sei eine endlose Party gewesen. Hedonismus pur, gepaart mit dem Aufkommen neuer Technologien und künstlerischen Strömungen.

    "Es ist eine sehr bunte Zeit mit den besten Schriftstellern gewesen. Es war die Geburtsstunde von vielen modernen Schreibern: T. S. Eliot und mein Lieblingsschriftsteller Scott Fitzgerald. Man muss immer an ihn denken, weil er diese Zeit so gut eingefangen hat, wie zum Beispiel bei 'The Great Gatsby' und seinen Kurzgeschichten. Das ist sehr romantisch geschrieben. Aber ich mag auch die melancholische Seite davon. Die bezieht sich auf Jazz und Blues, die zu der Zeit entstanden sind."

    Die Musik der 20er-Jahre habe er nicht bei seinen Eltern gehört, berichtet der viermalige Vater Ferry, sondern in seiner Jugend alleine entdeckt.

    "Ich bin wohl die erste Generation, in der unsere Kinder einen ähnlichen Geschmack wie wir haben. Davor war es so, dass man das Gefühl hatte, alte Leute und Eltern sind total anders als man selber. Meine Generation ist mit dem Rock´n Roll aufgewachsen. Meine Kinder lieben alle Bob Dylan und Velvet Underground. Sie mögen all die Sachen, die auch ich gemocht habe. Das bedeutet wohl, dass es nicht mehr so eine große Lücke zwischen mir und den Generationen nach mir gibt."

    Auch mit seinem neuen Album "The Jazz Age" versucht Bryan Ferry eine Lücke zu schließen. Das Album wird vor allem dadurch spannend, wie Ferry seine alten Stücke transformiert hat. Im Mittelpunkt steht der Vergleich mit dem Original. Deshalb sind die Songs wohl eher etwas für Liebhaber von Bryan Ferry und Roxy Music. Zum 40-jährigen Bühnenjubiläum beschenkt sich Ferry im Grunde genommen also selber, indem er mit großer Begeisterung zu seinen musikalischen Wurzeln zurückkehrt.

    "Ich empfinde die Musik von heute nicht so leidenschaftlich. Ich lebe aber mit der Hoffnung, dass die Musik, die ich mache, Menschen berührt und ihre Leben beeinflusst. Das ist etwas, das ich immer noch liebe zu tun."