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Alter des Uterus entscheidend
Junges Glück in jungen Gebärmuttern

Mit Mitte 40 noch schwanger werden - dank Eizellen-Spende oder Einfrieren scheinen der Fortpflanzungsmedizin heutzutage keine biologischen Grenzen mehr gesetzt zu sein. Doch britische Forscher haben nun bei Mäusen Hinweise gefunden, dass auch das Alter der Gebärmutter eine Rolle spielt.

Von Christine Westerhaus | 06.09.2017
    Eine schwangere Frau hält ihren Bauch.
    Bei älteren Frauen kann es vorkommen, dass sich die Plazenta nicht richtig entwickelt (dpa/Fredrik von Erichsen)
    "Späte" Mütter sind in Deutschland keine Seltenheit mehr. Inzwischen sind mehr als vier Prozent aller Frauen jenseits der 40, wenn sie ihr erstes Kind auf die Welt bringen. Bisher gingen Forscher davon aus, dass die biologische Uhr vor allem in der Eizelle tickt. Doch Myriam Hemberger und ihre Kollegen haben Hinweise dafür gefunden, dass auch das Alter der Gebärmutter darüber entscheidet, ob sich ein Embryo normal entwickeln kann. Zumindest bei Mäusen.
    "Im Prinzip ist es ja gut bekannt, dass ältere Frauen ein höheres Risiko haben in der ersten Schwangerschaft, insbesondere in der ersten Schwangerschaft. Und das Hauptaugenmerk hat sich immer auf die Eizelle gelegt. Also dass man gedacht hat, dass chromosomale Abnormalitäten auftreten. Darüber hinaus ist es aber auch schon lange bekannt, dass einige Komplikationen häufiger in älteren Frauen auftreten, bei denen aber der Fötus komplett normal ist. Und es ist uns aufgefallen, dass diese Komplikationen häufig auch mit dem Fall zusammenhängen, dass die Plazenta sich nicht richtig entwickelt."
    Plazentaentwicklung dauert länger
    Die Forscher vom Babraham Institute in Cambridge haben sich deshalb genauer angesehen, was in den Uteruszellen passiert, wenn sich die Plazenta ausbildet. Damit sich der befruchtete Embryo in die Uterusschleimhaut einnisten kann, müssen sich die Zellen, die später zur Plazenta werden, in das Gebärmuttergewebe hineinbohren. Gleichzeitig durchlaufen die Gebärmutterzellen daraufhin eine Reaktion, die die Plazentaentwicklung unterstützt. Doch diese Reaktion dauert bei älteren Mäusen deutlich länger als bei jüngeren Tieren.
    "Und wir denken von unseren Ergebnissen, dass diese langsame Reaktion die Ursache ist, dass sich die Plazenta nicht schnell genug entwickeln kann und daher der Embryo häufig nicht genügend Nährstoffe abkriegt, sich langsamer entwickelt und daher häufig auch solche Defekte aufweist, die wir häufig in genetischen Defekten sehen, die zum Beispiel mit Gehirn- oder Herzdefekten zusammenhängen, aber auf der Plazenta beruhen."
    Bei den Nachkommen älterer Mäuse stellten die Forscher häufiger Defekte fest. Vor allem sind diese häufig kleiner als die Nachkommen jüngerer Tiere, manche hatten auch Herzfehler, bei anderen war das Gehirn deformiert. Als Myriam Hemberger und ihre Kollegen die Embryonen älterer Mütter von jüngeren Artgenossen austragen ließen, verschwanden diese Abnormalitäten. "Und das hat nun wirklich gezeigt, dass die Umgebung oder die Physiologie des älteren Weibchens diese Abnormalitäten ausgelöst hat."
    Leistungsfähigkeit der Gebärmutter nimmt ab 35 Jahren ab
    Erst vor Kurzem haben andere Forscher nachgewiesen, dass die Leistungsfähigkeit des Uterus auch beim Menschen ab einem Alter von 35 Jahren nachlässt. Bei den Gebärmuttertransplantationen, die in Schweden mehreren Frauen zu einem eigenen Kind verholfen haben, stammten die Organe meist von Frauen, die sogar schon über 60 Jahre alt waren. Ein Risikofaktor, der bisher offenbar unterschätzt wurde.
    "Im Fall der Gebärmuttertransplantation hat man bisher nicht viel Augenmerk darauf gelegt, wie alt die Frau ist, von der die Gebärmutter stammt. Und unsere Studie und auch die parallele Studie würden darauf hindeuten, dass das doch eine Rolle spielen kann. Es ist natürlich der Fall, dass diese Schwangerschaften erfolgreich verlaufen sind, aber es ist trotzdem noch so, dass die Risiken dieser Schwangerschaften größer sind und eines der Risikofaktoren wird das Alter der Gebärmutter sein. Das ist, was unsere und die parallele Studie aussagen."
    Es könnte aber auch in anderen Fällen problematisch sein, an der biologischen Uhr künstlich herumzuschrauben. Auch die Frauen, die ihre Eizellen für später einfrieren oder im Alter auf gespendete Eizellen zurückgreifen, müssen mit Problemen rechnen.
    "Ich denke, was man auf alle Fälle sagen sollte ist, dass jeder sich bewusst sein sollte, dass natürlich, wenn man als Frau älter wird, die Risiken ansteigen. Und im Prinzip wissen wir das alle, aber das wird dann häufig doch auch ein bisschen vergessen oder man denkt immer nur an die Eizelle, den Fötus, aber vergisst die Plazenta und den Rest der Gebärmutter. Von daher würde ich sagen, dass sich Frauen, die sich auf so etwas einlassen sehr genau der Risiken bewusst sein müssen. Und das auch abwägen müssen im Gesamtbild."