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Alternative zu Rübe und Weizen

Klärschlamm in der Landwirtschaft ist aufgrund seiner Belastung ein heikles Thema. Wer ihn einsetzt, bekommt andererseits noch Geld für die Entsorgung. Allerdings landen dann auch Giftstoffe im Boden und später in den Lebensmitteln. Umweltschützer fordern immer wieder, den Schlamm nur noch zu verbrennen. Eine Zwischenlösung hat ein Bauer in Nordfriesland gefunden: Er setzt den Klärschlamm in einer Weidenplantage ein.

Von Peer-Axel Kroeske |
    Was in der flachen Landschaft hinter den nordfriesischen Nordseedeichen unter Windrädern auf 60 Hektar wächst, ist kein Wald, eher ein Dickicht. Landwirt Dirk Albrecht steht mittendrin:

    "Bäume können wir sehen, jede Menge Bäume. Eine Weidenplantage ist das hier. Ich würde sagen das sieht aus wie ein Dschungel."

    Rund 3.000 Euro hat Albrecht einmalig in Stecklinge investiert. Die Weiden wachsen dann jeweils drei Jahre lang gut drei Meter hoch, bevor sie herunter geschnitten werden - am besten kurz nach dem ersten Frost. Das Holz wandert in Heizwerke, die Strom und Fernwärme produzieren. Doch selbst bei den momentan hohen Energiepreisen würde sich der Holzverkauf allein nicht rentieren:

    "Der Holzpreis würde zum Beispiel schon durch die Erntekosten aufgefressen werden. Also die Pflege und Pachten - da würde nichts anfallen. Was anderes ist es, wenn der Energiepreis jetzt noch weiter steigt, dann wird Holz natürlich interessanter. Und wenn viele Leute auf Holzhackschnitzel umstellen, dann haben Holzhackschnitzel auch einen richtigen Wert."

    Rentabel ist das Projekt zum jetzigen Zeitpunkt allein durch den besonderen Dünger: Klärschlamm.

    "Diese Klärschlammausbringung ist das, was das Geld nachher einbringt. Und wir haben als Projekt vorgesehen, diesen Klärschlamm aus der Nahrungskette herauszunehmen und dafür ein Produkt gewählt, was man eben nicht essen kann, und das sind Bäume."

    Bis zu fünf Tonnen Trockenmasse pro Hektar darf er alle drei Jahre zu Beginn der Wachstumsperiode aufbringen. Sein Vertrag sieht vor, dass er am Anfang den Klärschlamm abholt und am Ende das Holz an einen Händler liefert. Dafür bekommt er vom Wasserverband Nord eine Pauschale von 1.400 Euro pro Jahr und Hektar überwiesen:

    "Das ist ungefähr gleichzusetzen mit einer super Weizenernte. 100 Doppelzentner Weizen - das ist ungefähr ein ähnlicher Ertrag."

    Albrechts Glück ist, dass er seine Verträge bereits vor mehreren Jahren gemacht hat, langfristig und mit einem guten Preis von damals. Mitte der 90er Jahre zahlte der Wasserverband Nord noch 25 Euro pro Tonne Schlamm. Der aktuelle Preis liegt bei 15 Euro, weil sich vermehrt Unternehmen auf dem Entsorgungsmarkt Konkurrenz machen. Mit den alten Verträgen zahlt der Wasserverband Nord also drauf, stellt Martin Morzek vom Klärwerk in Bredstedt fest:

    "Wirtschaftlich ist es ein schwieriges Unterfangen. Weil die jetzige konventionelle Verwertung günstiger ist als die Verwertung über die Weiden. Die konventionelle Verwertung ist die landwirtschaftliche Verwertung, wo es dann über den Ackerbau eingebracht wird."

    Der Klärschlamm darf dabei nur innerhalb der Grenzwerte belastet sein:

    "Und hier liegen wir hier auf der Kläranlage Bredstedt immer bis zu 50 Prozent unter dem, was wir dürfen."

    Zwar warnen Wissenschaftler, dass bei dieser Form der Düngung Schwermetalle, Dioxine und Arzneimittelrückstände in Lebensmittel gelangen. Das Weidenholz ist aber nicht zum Verzehr bestimmt. Landwirt Albrecht wünscht sich deshalb, dass er etwas mehr Klärschlamm ausbringen darf als beim Getreideanbau. Das Gegenteil sei der Fall. Das Problem sind die Nährstoffe:
    "Da werden wir von der landwirtschaftlichen Fachbehörde auf einigen Flächen begrenzt, und zwar bis zu 2,5 Tonnen runter. Die sagen, es wird zu viel Phosphor ausgebracht und die Weiden würden kein Phosphat entnehmen."

    Das aber sei noch nie so genau untersucht worden, moniert der Landwirt:

    "Wir würden gerne sehen, dass von einer Universität Untersuchungen stattfinden. Was passiert denn nun mit den Phosphaten? Werden die Nährstoffe ausgewaschen oder werden sie nicht ausgewaschen? Und da haben wir bis jetzt wenig Unterstützung gefunden."

    Landwirt und Wasserverband haben jetzt die Politik eingeschaltet. Nur bei mehr Klärschlamm pro Hektar würde der Anbau von Weidenholz bei der jetzigen Marktlage auch weitere Nachahmer finden. Das Modellprojekt in Bredstedt kann vorerst rentabel weiterarbeiten. Bis 2013 sind die Einnahmen im Weidenanbau für Dirk Albrecht und seine Kollegen durch die langfristigen Verträge gesichert.