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Alternativen zu Rindfleisch

Ganz sicher weiß man nicht, dass Schaffleisch BSE-frei ist. Und weil das so ist, können Risiken nicht ausgeschlossen werden, sagen die Wissenschaftler. Deshalb sollen in Deutschland so bald als möglich alle verendeten Schafe ab einem bestimmten Alter und stichprobenartig auch - scheinbar gesunde -Schlachtschafe ab 12 Monaten auf BSE beziehungsweise Scrapie untersucht werden. Das hat das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft angekündigt.

von Beate Weides |
    Die befragten Wissenschaftler waren in ihrer Stellungnahme für den Arbeitskreis BSE weiter gegangen: Sie hatten Scrapie-Schnelltests bei allen gefallenen und geschlachteten Schafen empfohlen, die älter als 6 bis 12 Monate sind. Allerdings europaweit. Wie groß sind die Risiken wirklich? Im Tierversuch konnten Schafe schon 1993 über hochgradig BSE-verseuchtes Futter mit BSE infiziert werden. Deshalb halten Wissenschaftler es für sehr wahrscheinlich, dass dies auch wirklich in der Landwirtschaft passiert ist. Zumindest in Großbritannien sollen Schafe BSE-verseuchtes Futter zu fressen bekommen haben. In Deutschland wird das nicht ganz ausgeschlossen. Die Vereinigung deutscher Landesschafzuchtverbände hat zwar dagegen gehalten, dass zwei Drittel der knapp drei Millionen Schafe in Deutschland sommers wie winters auf der Weide blieben und dass schon aus Kostengründen kaum beigefüttert werde. In einer Stellungnahme, die das Landwirtschaftsministerium vom Institut für Tierernährung angefordert hatte, heißt es, dass Lämmer von tiermehlhaltigem Futter "Verzehrdepressionen" bekämen. Für ältere Tiere gilt:

    "Fette (auch Mischfette mit pflanzlichen und tierischen Komponenten ) können dem Mastfutter in geringen Mengen zugesetzt werden."

    Experten fürchten nun, dass sich mögliche BSE-Erkrankungen bei Schafen hinter der altbekannten Scrapie-Schafkrankheit verstecken könnten. Scrapie, deutsch auch Traberkrankheit, ist eine BSE-ähnliche Hirnkrankheit, die bisher für Menschen als ungefährlich gilt und anders als BSE über das Blut übertragen wird. In Deutschland gab es seit 1985 12 angezeigte Scrapie-Fälle, den letzten Anfang 99, in England allein 1999 immerhin knapp 600. Nun könnten, sagen manche Wissenschaftler, Schafe womöglich auch BSE übertragen, ohne selbst daran zu erkranken. Bei Schafen, die im Tierversuch infiziert wurden, fand man den Erreger nicht nur in den Nerven wie bei Rindern, sondern etwa auch in Lymphknoten und Milz. Seit Oktober vergangenen Jahres müssen in allen EU-Ländern bestimmte Risikomaterialien bei Schlachtschafen unschädlich gemacht werden. Bis zum 12. Lebensmonat ist das die Milz, bei älteren Tieren Hirn und Rückenmark. Experten bezweifeln, dass dies in allen EU-Ländern bereits konsequent geschieht. Auch wird befürchtet, dass in manchen Ländern Schafhalter Scrapie-Fälle nicht anzeigen und die betreffenden Herden trotz der hohen Infektionsgefahr - sogar über das Weidegras - nicht vernichtet werden. Wegen all dieser Unwägbarkeiten soll nun in Deutschland verstärkt getestet werden, obwohl mit den aktuellen Testverfahren bisher nicht zwischen Scrapie und BSE unterschieden werden kann. Professor Werner Zwingmann, zuständig für Veterinärwesen im Künast-Ministerium:

    "Ich denke, es reicht schon von seiner Aussagekraft vollständig aus, wenn dieser Test bei Untersuchungen positiv ist. Man kann dann oder man muss dann in der Tat weiter untersuchen: epidemiologische Untersuchungen durchführen, aber auch histopathochemische Untersuchungen durchführen."

    Diese sehr aufwendigen Folge-Untersuchungen dauern im Moment noch zwei Jahre, weshalb bisher europaweit erst knapp 40 Schafe zweifelsfrei getestet wurden. Ergebnis: es war kein einziger BSE-Fall darunter. Um BSE-Vorkommen bei Schafen aber definitiv auszuschließen, müssten mehrere tausend Untersuchungen gemacht werden. Diagnosesichere BSE-Schnelltests für Schafe soll es voraussichtlich in 6 bis 12 Monaten geben, so der niederländische BSE-Experte Brem Schreuder. Vor Schnelltests für alle zwei Millionen Schlachtschafe jährlich will man die 60.000 Schafzüchter in Deutschland möglichst verschonen. Dafür gibt es gute Gründe: Geschäftsführer der Schäfer-Dachvereinigung Stefan Völl:

    "Wir sträuben uns da nicht, man muss sich nur darüber im klaren sein, dass die Kosten nicht beim Schafhalter landen können, denn dann ist die Schafhaltung in Deutschland sehr schnell weg."

    Der Test kostet pro Tier etwa soviel, wie der Schafhalter für das ganze Schlachtschaf bekommt. Deshalb sollen die Kosten nicht auf die Schafhalter abgewälzt werden. In Zukunft will man aber auch verstärkt scrapie-resistente Schafe züchten. Denn Wissenschaftler haben festgestellt, dass nur diejenigen Schafe Scrapie bekamen, die zwei ganz bestimmte Gene besaßen. Sicher ist aber noch nicht, ob Schafe, die die beiden fraglichen Gene nicht haben, eine Scrapie-Infektion nicht dennoch weitergeben können. Erst recht nicht, ob Schafe, die gegen Scrapie gefeit sind, auch gegen BSE gefeit sind.