Dienstag, 09. April 2024

Archiv


Altersarmut bei Frauen - Was bringt die Rentenreform?

Ausgerechnet die Roten und die Grünen im politischen Farbenspektrum sehen sich einem ungewohnten Vorwurf ausgesetzt. Die Berliner Koalition, so heißt es landauf, landab, benachteilige Frauen. Das schmerzt gerade in den Reihen der Linksparteien, wo Frau sich stets als Vorreiterin in Sachen Gleichstellung fühlen durfte. Und auch im Bundestag läuft gegen die Koalition der rot-grünen Parlamentarierinnen nur noch wenig.

Christian Hülsmeier | 27.03.2001
    Doch selbst Frauen sind offenbar nicht davor gefeit, frauenfeindliche Beschlüsse zu fassen. Dieser Eindruck drängt sich zumindest bei der Reform der Alterssicherung auf. Das schwierige Werk gilt als verfehlt - weil die Bundesregierung die Alterskassen vor allem auf Kosten von Frauen saniere. In dieser Kritik sind sich die Frauen- und Sozialverbände hier zu Lande mit den Parteien der Opposition weitgehend einig.

    Die rot-grünen Koalitionäre selbst, Männer wie Frauen, sehen das ganz anders. Für sie sind die Frauen die eigentlichen Gewinnerinnen der Rentenreform. Und das wissen die Regierungsparteien nicht nur zu behaupten, sondern auch zu begründen.

    Tatsächlich fällt es schwer, die Rentenreform in ihren Auswirkungen auf Frauen zu bewerten. Denn das Reformwerk benachteiligt oder bevorteilt keineswegs alle Frauen gleichermaßen. Vielmehr unterscheidet die Reform zum Beispiel zwischen jüngeren und älteren Frauen, zwischen berufstätigen und nicht erwerbstätigen Frauen, zwischen Müttern und kinderlosen Frauen. Eine allein erziehende, jüngere Mutter in Teilzeit-Beschäftigung hat wenig gemein mit einer kinderlosen, älteren, verheirateten Frau, die nicht berufstätig ist. Gegenwärtig verbindet beide jedoch eine Sorge: nämlich in späteren Jahren ohne ausreichende Rente dazustehen.

    Diese Sorge beruht auf dem bereits verabschiedeten Teil der Rentenreform. Mit dem so genannten Altersvermögensergänzungsgesetz hat die Koalition zum einen die Senkung des allgemeinen Rentenniveaus bereits durch den Bundestag gebracht. Zum anderen - und zusätzlich - sieht dieses Gesetz Veränderungen in der Hinterbliebenenversorgung vor. Sie sind besonders für Frauen von Bedeutung. Weil Frauen im Durchschnitt deutlich länger leben als Männer, ist die Zahl der Witwenrenten um ein Vielfaches größer als die Zahl der Witwerrenten.

    Hinzu kommt: Frauen sind nach wie vor im Alter stärker als Männer auf eine Hinterbliebenenrente angewiesen. Denn in der Regel reichen die eigenen Renten der Frauen nicht aus, um einen einigermaßen sorgenfreien Lebensabend zu finanzieren. Das wiederum ist auf die alte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zurückzuführen. Frauen unterbrechen ihr Berufsleben, um Kinder zu erziehen - der Mann arbeitet unterdessen und sichert das Familieneinkommen. Doch nur wer eine möglichst lückenlose Erwerbsbiographie aufweist, erwirbt mit seinen Zahlungen in die Alterskasse auch einen ausreichenden Rentenanspruch. Die Renten der Männer sind denn auch im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie die Renten der Frauen - zumindest im Westen. Im Osten, wo zu DDR-Zeiten Frauen wie Männer gleichermaßen erwerbstätig waren, ist der Unterschied beim Altersgeld kleiner.

    Auf Kritik stößt insbesondere die beschlossene Kürzung der Hinterbliebenenrente. Allerdings wird die Hinterbliebenenrente erst für Frauen und Männer reduziert, die heute noch nicht 40 Jahre alt sind. Für alle, die älter sind, bleibt es beim bisherigen Rentenrecht.

    Das vermag Walter Hirrlinger nicht zu beruhigen. Der Präsident des Sozialverbandes VdK Deutschland lehnt die neue Schrumpfrente für Hinterbliebene rundweg ab:

    "Die Witwenrente wird von 60 auf 55 Prozent gekürzt für alle Frauen unter 40. Und da wird gesagt, dass ist doch eigentlich eine vernünftige Regelung. Wenn eine Frau keine Kinder hat, dann braucht sie auch nicht mehr die 60 Prozent haben. Dabei vergisst man natürlich vollständig, dass schon allein durch die Niveauabsenkung des Rentenniveaus eine Kürzung stattfindet. Und wenn dann noch zusätzlich von 60 auf 55 Prozent gekürzt wird bei der Witwenrente, dann hat die betroffene Frau eines Tages zwischen acht und 15 Prozent weniger als sie heute hätte."

    Tatsächlich kürzt die Koalition die Hinterbliebenenrenten gleich doppelt. Erstens schrumpft das Niveau aller Renten. Das verringert natürlich auch die Witwenrenten im Vergleich zu heute. Zweitens erhalten Witwen und Witwer nur noch 55 statt 60 Prozent der bereits gekürzten Rente.

    Rot-Grün rechtfertigt diesen Einschnitt damit, dass zugleich die Möglichkeiten von Frauen verbessert werden, eigene Rentenansprüche zu erwerben. Vor allem durch eine stärkere Berücksichtigung der Kindererziehung im Rentenrecht. Walter Hirrlinger aber überzeugt das nicht:

    "Die eigene Rente der Frauen liegt ja im Grunde genommen nicht so hoch, dass sie damit leben könnte. 55 Prozent der Frauen haben eine Rente bis zu 900 Mark monatlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Wenn sie also keine Witwenrente hat in entsprechender Höhe, dann ist sie auf Sozialhilfe angewiesen im Alter. Ich glaube also nicht, dass das der richtige Schritt ist. Natürlich halte ich es langfristig für sinnvoll, stärker auf die eigenständige Sicherung der Frau abzuheben. Aber da muss ich andere Maßnahmen ergreifen, als das jetzt der Fall ist. Ich kann also bis auf weiteres auf die Witwenrente überhaupt nicht verzichten, weil sonst tatsächlich die Sozialhilfeempfängerin vorprogrammiert ist."

    Die Bundesregierung hält das nicht nur für eine übertriebene, sondern schlichtweg für eine falsche Prognose. Die Rentenexperten der Koalition gehen davon aus, dass sich der Trend zunehmender Frauenerwerbstätigkeit in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Bleibt es dabei, dann werden auch die Frauen zunehmend eigene Rentenansprüche erwerben - und nicht mehr in dem Maße wie heute auf eine Witwenrente angewiesen sein. Daran glaubt auch Ulrike Mascher, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium:

    "Wir ändern bei den Witwen, die heute eine Witwenrente bekommen, überhaupt nichts. Da bleibt es beim geltenden Recht. Wir ändern auch für alle diejenigen, die bereits verheiratet sind und älter als 40 Jahre alt sind, überhaupt nichts. Wir reden über eine Situation in 40 Jahren. Und da haben wir gesagt, wir senken die heute 60 Prozent der Witwenrente auf 55 Prozent. Weil wir glauben, dass, wenn keine Kinder erzogen worden sind, in 40 Jahren ein relativ hoher Anteil aus eigener Erwerbstätigkeit an Rente erworben worden ist. Und die Bedeutung der Witwenrente hat dadurch etwas abgenommen. Wir nutzen das, um Kinder erziehenden Frauen eine bessere Rente zu geben. Und da wollen wir einen Ausgleich schaffen."

    Die CDU hingegen macht eine andere Rechnung auf. Danach muss eine Frau mindestens drei Kinder bekommen. Nur dann werden die Einschnitte bei der Hinterbliebenenversorgung durch die zusätzliche Berücksichtigung der Erziehungsleistung wett gemacht. So sagt denn auch die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Maria Böhmer:

    "Unterm Strich zeigt sich bei den Fällen, die wir berechnet haben, dass Frauen sich nicht besser stellen im Alter, sondern dass wir dramatische Kürzungen im Alterseinkommen haben. Wir haben ausgerechnet bei Beispielfällen, dass sich diese Kürzungen auf 60 Prozent, auf 70 Prozent sogar belaufen. Und da muss ich Ihnen sagen, es ist kein Trost, dass sich in 25 Jahren vielleicht in Punkto Erwerbstätigkeit von Frauen etwas ändern wird. Denn diese Änderungen werden längst nicht so gelagert sein, dass sie diese Kürzungen kompensieren können."

    Tatsächlich verliert die Hinterbliebenenrente künftig durch ein Bündel weiterer Einschnitte an Wert - zumindest in Einzelfällen. Stirbt der Ehepartner zum Beispiel vor dem 63. Lebensjahr, dann wird ein Rentenabschlag fällig. Dadurch kann die Witwenrente um bis zu 10,8 Prozent sinken. Das entspricht der Regelung bei der normalen Rente. Wer früher in den Ruhestand wechselt, erhält länger Altersgeld, muss dafür aber eine niedrigere Rente in Kauf nehmen.

    Zudem hat die Koalition den so genannten Freibetrag bei der Einkommensanrechnung eingefroren, bei den heute gültigen 1.283 Mark. Übersteigt das eigene Einkommen diesen Betrag, dann wird die Witwenrente gekürzt. Wer 100 Mark mehr hat, verliert 40 Mark Witwenrente. Die stetige Geldentwertung hat zur Folge, dass dieser festgezurrte Freibetrag faktisch Jahr für Jahr sinkt.

    Zudem werden künftig nicht nur die eigene Rente oder ein eigenes Erwerbseinkommen angerechnet. Auch andere Einkünfte sind nunmehr zu berücksichtigen. Ein Akt der Gerechtigkeit. Denn andernfalls steht sich derjenige schlechter, der durch eigene Arbeit Einkommen schafft oder Rente bezieht, als derjenige, der zum Beispiel hohe Mieten oder Zinszahlungen einnimmt.

    Im Wesentlichen schichtet die Koalition indes zwischen den Frauen um. Was auf der einen Seite gespart wird, wird auf der anderen Seite wieder ausgegeben. Davon profitieren Frauen, die erwerbstätig sind und Kinder erziehen. So werden zum Beispiel künftig während der ersten zehn Jahre eines Kindes die Einkünfte der Mutter bei der späteren Rentenberechnung höher bewertet. Im besten Fall erreicht so eine teilzeitbeschäftigte Mutter einen Rentenanspruch, als hätte sie 75 Prozent des Durchschnittseinkommens verdient.

    Die Bundesregierung folgt damit dem demographischen Trend. Und einem Rat des Rentenpapstes Professor Bernd Rürup. Danach sollten die Sozialsysteme Erwerbstätigkeit von Frauen insbesondere dann honorieren, wenn sie Kinder erziehen. Denn ohne zusätzliche Frauen im Berufsleben lässt sich künftig der Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr decken. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass die Geburtenrate weiter sinkt. Andernfalls verschärft sich das demographische Problem - auf dem Arbeitsmarkt wie bei der Finanzierung der Sozialsysteme.

    Ulrike Mascher freilich will die Steuerungswirkung solcher Umschichtung nicht überbewerten. Dennoch bestätigt auch die Staatssekretärin, dass berufstätige Mütter von der Rentenreform der Bundesregierung profitieren - im Unterschied zu anderen Frauen:

    "Wenn Sie junge Frauen fragen, wie stellt ihr euch euer Leben vor, dann heißt es immer, ich will erwerbstätig sein, ich will aber auch Familie. Und Frauen versuchen das heute unter einen Hut zu bekommen, auch angesichts der unzureichenden Kinderbetreuungseinrichtungen, dadurch dass sie Teilzeit beschäftigt sind. Das heißt, sie haben ein geringeres Einkommen und geringere Rentenanwartschaften. Und genau an dem Punkt setzen wir an. Und dass das vielleicht auch bei Frauen die Überlegung befördert, also Teilzeitbeschäftigung lohnt sich besonders, weil ich auch noch eine höhere Bewertung bei der Rente bekomme, das will ich nicht ausschließen. Aber die Entscheidung für oder gegen Berufstätigkeit, also die wird, glaube ich, von einer Frau von 30 Jahren nicht im Hinblick auf ihre Rente getroffen. Aber, ich denke, wir haben eine Reform gemacht, die zumindest ein deutliches Signal gibt, Erwerbstätigkeit ist wichtig und wir unterstützen das."

    Es sind jedoch genau diese Umschichtungen von der einen Frauengruppe zur anderen, die bei der Opposition auf Kritik stoßen. So sagt zum Beispiel CDU-Rentenexpertin Maria Böhmer:

    "Wenn ich dann sehe, was beispielsweise die Aufwertung der Kindererziehungszeiten bis zum 10. Lebensjahr bedeutet. Das ist sicherlich für all die Frauen, die Teilzeit beschäftigt sind unterdurchschnittlich verdienen, eine Hilfe. Auch für die Frauen, und darauf haben wir gedrungen, die zwei Kinder erziehen und nicht erwerbstätig sind, hilft es. Aber was ist mit der Mutter, die ein Kind erzieht und aus persönlichen Gründen sagt, ich kann jetzt in dieser Zeit nicht erwerbstätig sein. Die können wir doch nicht außen vor lassen. Oder was machen wir mit der normal verdienenden allein erziehenden Mutter? Die bekommt auch keinerlei Besserstellung bei den Kindererziehungszeiten. Auch diejenigen, die nach 1992 ihre Kinder geboren haben. Wir haben hier also eine Ungleichbehandlung in der Rente durch diese Regelung."

    Insgesamt wächst im Ergebnis wohl das Armutsrisiko von Frauen. Zumindest wenn sie nicht selbst erwerbstätig sind. Zudem bleiben die alten Beschränkungen erhalten. Das beginnt bei dem nach wie vor unterschiedlichen Rollenverhalten, das Frauen die Hauptlast der Familienarbeit aufbürdet. Nach wie vor verdienen Frauen zudem schlechter als Männer. Das verringert in späteren Jahren auch den Rentenanspruch. Maria Böhmer warnt daher:

    "Ich glaube, die Lücken sind wesentlich größer als es bisher in den Blick genommen worden ist. Denn wir wissen, dass viele Frauen heute schon mit ihrem eigenen Einkommen an der Sozialhilfegrenze sind. Wenn jetzt das Rentenniveau, wie es die Bundesregierung plant, gesetzlich schon, abgesenkt wird, dann werden Frauen an dieser Stelle ja noch einmal besonders betroffen. Und viele geraten in der Tat dann unter die Sozialhilfegrenze."

    Dass die neue private Altersvorsorge diese Lücke schließen kann, hält man bei der Opposition für kaum wahrscheinlich. Maria Böhmer nennt einen gewichtigen Einwand:

    "Private Vorsorge, etwa wenn es um Lebensversicherungen auf Rentenbasis geht, bedeutet für Frauen, dass sie höhere Prämien zahlen müssen, wenn sie die gleiche Alterssicherung haben wollen wie ein Mann. Oder wenn sie die gleichen Prämien zahlen, werden sie niedrigere Renten im Alter haben auf Lebensversicherungsbasis. Das liegt einfach daran, dass Frauen im Durchschnitt älter werden. Aber trotzdem ist das für Frauen, wenn es um ihre Alterssicherung geht, keine befriedigende Auskunft. Denn wer länger lebt muss praktisch darben. Und das kann nicht die Antwort sein. Und deshalb haben wir die Bundesregierung aufgefordert und haben gesagt, wir müssen über die Uni-Sex-Tarife sprechen. Oder, wenn das kein Weg ist, muss man auch über die Fördermodalitäten sprechen. Denn man kann Ungleiches an der Stelle nicht gleich behandeln."

    Ulrike Mascher hält das dagegen für Schwarzmalerei. Tatsächlich ist Altersarmut derzeit in Deutschland kaum mehr ein Thema. Unter den Sozialhilfeempfängern jedenfalls sind die Älteren unterdurchschnittlich oft vertreten. Aber wenn die Älteren arm sind, dann sind es in der Regel Frauen. Ulrike Mascher meint dennoch:

    "Wir haben ja die Entwicklung, dass wir keine steigende Altersarmut haben. Wir haben auch auf Grund der deutschen Einheit keine steigende Altersarmut in den neuen Bundesländern. Wir haben hier eine große solidarische Leistung im Interesse der Rentnerinnen und Rentner in den neuen Bundesländern in den letzten zehn Jahren gehabt. Und wenn man sich das anguckt: steigende Erwerbstätigkeit, Förderung der Zeiten bis zum 10. Lebensjahr des Kindes, wenn ein unterdurchschnittliches Einkommen wegen Teilzeit zum Beispiel nur verdient werden kann, die Förderung einer zusätzlichen Altersvorsorge - wenn man das alles nimmt, dann bin ich ganz sicher, dass wir in 20, 30 Jahren nicht von steigender Altersarmut von Frauen sprechen müssen."

    Im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat schmort derweil der 2. Teil der Rentenreform, das Altersvermögensgesetz. Dieses Gesetz enthält die neuen Regelungen zur privaten Altersvorsorge. Ihnen muss die Länderkammer zustimmen. Doch im Bundesrat verfügen die rot-grün regierten Länder über keine Mehrheit.

    Daran wird sich vorerst wohl nichts ändern. Denn schon gestern abend ließ die Union das Parteien-Gespräch zur Renten-Reform platzen. Damit sind die Aussichten gering, dass am morgigen Mittwoch, in der offiziellen Vermittlungsrunde zwischen Bundestag und Bundesrat ein Renten-Kompromiss gefunden werden kann.

    Dass die Union die Verhandlungen für beendet erklärt, verwundert die Koalitions-Parteien. Schließlich sei man den Forderungen der Opposition weit entgegen gekommen, meint zum Beispiel der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und Sozialexperte Franz Thoennes:

    "Wir haben in den bisherigen Gesprächen uns sehr gut über die unterschiedlichen Ausgangspositionen ausgetauscht und wir haben für gestern vorgesehen gehabt, nachdem die Rauchzeichen der Wahlkämpfe verzogen sein sollten ein Angebot zu unterbreiten aber wir mussten feststellen, nachdem wir dieses Angebot unterbreitet haben, in fünf Punkten, dass die Union weiterhin Wahlkampf machen will und die Rentenreform blockieren will."

    Arbeitsminister Walter Riester indes will die Hoffnung auf einen neuen Renten-Konsens zwischen den großen Volksparteien noch nicht aufgeben. Unverdrossen signalisiert der umstrittene Reform-Minister Gesprächsbereitschaft. Riester:

    "Wir werden uns im Vermittlungsausschuss um Ergebnisse bemühen wir werden weiterhin mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf eine Einigung hinarbeiten."

    Die Union wirft Riester derweil vor, eine mögliche Einigung verhindert zu haben. Vor allem, weil die Koalition nicht bereit gewesen sei, die bereits in Kraft getretene Reform der Hinterbliebenenversorgung zu revidieren. Riester selbst erklärte zwischenzeitlich, er sei auch in diesem Punkt kompromissfähig gewesen. Die kritisierten Einschnitte bei der Witwenrente hatte Riester für zehn Jahre auf Eis legen wollen.

    Darüber wären die Frauen unter 40 Jahren wohl nicht unglücklich gewesen. Denn ihnen hätte dieser Vorschlag eine längere Frist eingeräumt, sich auf die Veränderungen im Hinterbliebenenrecht einzustellen. Doch Riester Gegenpart Horst Seehofer wollte keine weiteren Nachbesserungen mitmachen. Der Verhandlungsführer von CDU und CSU:

    "Der Inhalt dieses Angebots ist nach dem Vorlauf eine Zumutung, weil dieses Angebot substantiell an unseren Anliegen nichts befriedigt."

    Tatsächlich scheint die Koalition jedoch bereit gewesen zu sein, der Union in einigen weiteren Punkten nachzugeben. Dazu zählt, den Wohnungskauf oder den Hausbau im Rahmen der Altersvorsorge besser zu fördern. Auch sollten die Steuervorteile der gut Verdienenden gekappt und zugleich die Förderung von weniger gut verdienenden Sparer erhöht werden. Auch das wäre zweifellos ganz besonders Frauen zugute gekommen. Riester hält den Ausstieg der Union daher für taktisch motiviert:

    "Ich hatte sehr stark den Eindruck das die Vertreter der Union gar nicht in Verhandlungsgespräche eintreten durften."

    Im Ergebnis ist die private Altersvorsorge zunächst blockiert. Doch kaum auch Dauer. Denn die Union müsste sich vorhalten lassen, den notwendigen Aufbau einer zusätzlichen Säule der Alterssicherung zu verhindern - allein aus parteipolitischen Kalkül. Denn grundsätzlich befürworten auch CDU und CSU die private Altersvorsorge, trotz aller Kritik im Detail.

    Die Bundesregierung wird nun versuchen, in mühevollen Einzelgesprächen diejenigen Länder für die Reform zu gewinnen, die gemeinsam von der Union und der SPD regiert werden. Das kann teuer kommen, wie die Erfahrungen mit der Steuerreform zeigen. Vermutlich muss der Bund nun einen größeren Anteil der Kosten tragen, die mit der Förderung privater Altersvorsorge verbunden sind. Die Rente jedenfalls bleibt ein politisches Dauerthema.