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Altersgrenzen sind rechtmäßig

Sie fühlten sich fit und wollten gerne noch arbeiten, statt in Rente zu gehen. Mussten sie aber, so sah es die Regelung ihres Arbeitgebers mit Vollendung des 65. Lebensjahres vor. Dagegen hatten zwei ehemalige VW-Mitarbeiter geklagt. Doch die Erfurter Richter gaben jetzt dem VW-Konzern Recht.

Von Blanka Weber |
    Eigentlich könnte die Welt der Mandanten von Michael Falke in Ordnung sein: Sie haben das 65. Lebensjahr vollendet, bekommen die gesetzliche Rente und vom früheren Arbeitgeber – dem Volkswagen-Konzern – eine vereinbarte Betriebsrente. Die Welt der Kläger ist aber nicht in Ordnung. Michael Falke erklärt, warum:

    "Die wollten beide gerne weiterarbeiten, weil sie natürlich – wenn sie weiter beschäftigt sind – zum einen mehr Geld bekommen als in ihrer Rente und zum anderen, weil sie sich körperlich fit gefühlt haben und beide wollten weiterarbeiten aufgrund der sozialen Kontakte bei VW."

    Der Anwalt des beklagten Konzerns äußerte heute in der Verhandlung, dass ein Arbeitgeber mit sechsstelliger Beschäftigtenzahl – wie der VW-Konzern – auch verlässlich planen können muss und eine gute Mischung aus Jung und Alt im Unternehmen benötigt – sozusagen eine "gesunde Altersstruktur". Man sehe keinen Handlungsbedarf von Seiten des Konzerns, dem Ansinnen des ehemaligen Beschäftigten nachzugeben – sprich – ihn wieder einzustellen. Er berief sich in der Verhandlung darauf, dass Tarifparteien – also ein Betriebsrat und die Konzernleitung - das Recht haben müssten, Arbeitsgrenzen selbst zu regeln. Konkret: Der Arbeitgeber beruft sich auf Gesamtbetriebsvereinbarungen, diese regeln, dass beim vollendeten 65.Lebensjahr eine Betriebsrente gezahlt wird und der Arbeitnehmer dafür - ohne Kündigung - aus dem Arbeitsprozess automatisch ausscheidet.

    Für den Anwalt des ehemaligen Beschäftigten ist klar, hier müsse Vorrang haben, was günstiger ist für den Ex-Arbeitnehmer und schließlich gehe es auch um Altersdiskriminierung:

    "Der zweite Punkt ist, ob man überhaupt im Rahmen einer Betriebsvereinbarung Renteneintritt regeln kann, weil die Rechtsprechung so wie ich sie gesehen habe, sagt, man kann das Alter mit 65 nur deshalb begrenzen, wenn es um arbeitsmarktpolitische und sozialpolitische Faktoren geht, halt – wie ist der Arbeitsmarkt insgesamt."

    Die Richter am Bundesarbeitsgericht urteilten heute: Ja, man kann mit einer Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarung diese Altersregelungen festlegen. Wie in diesem konkreten Fall geschehen – mit dem Ende des 65. Lebensjahres. Die Altersgrenzen seien somit wirksam. Die Revision der Kläger wurde zurückgewiesen.

    Vermutlich wird die Rechtsprechung Fälle wie diese in den kommenden Jahren noch öfter beschäftigen. Denn letzten Endes geht es auch um den Umgang mit Arbeitnehmern mitten im demografischen Wandel, bei einer Verschiebung des Renteneintrittsalters und der damit gekoppelten Sozialleistungen, sagt Inken Gallner vom Bundesarbeitsgericht:

    "Also das ist in der Tat die dahinterstehende Frage, die gesellschaftspolitisch relevante Frage, die Demografiefrage in Wirklichkeit."

    Das heißt, die Frage nach dem gesetzlichen Renteneintrittsalter und der Höhe von Renten, vor allem wenn Renten künftig vielleicht nicht mehr ausreichen zum Leben:

    "Solange sich diese Grenze nach oben verschiebt und die Altersgrenze im Arbeitsvertrag oder in einer Tarifvereinbarung mit wächst, dann ist natürlich in sofern ein kongruenter Weg sowohl im Rentenversicherungsrecht, als auch im Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht gegeben. Die beiden Prozesse sind aneinander angeglichen gewissermaßen."