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Altersvorsorge für Berufsanfänger

Wer heute 20 ist, bekommt im Alter, wenn alle Voraussetzungen stimmen, eine gesetzliche Rente. Das ist, anders lautenden Meinungen zum Trotz, recht sicher. Sicher ist aber auch, dass diese gesetzliche Rente nicht reichen wird, um den Lebensstandard im Alter einigermaßen zu halten.

Von Birgid Becker |
    Problem dabei: Wer mit 20 oder etwas älter in Sachen Altersvorsorge aktiv werden will, muss theoretisch über mindestens 40 Jahre hinaus in die Zukunft planen. Soviel Weitsicht hat keiner.
    Deshalb raten Verbraucherschützer den jüngeren Vorsorgekandidaten zu flexiblen Lösungen. Thomas Bieler, Finanzfachmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:

    "Vorsorgeformen für Berufsanfänger sollten, weil eben die langfristige Planung eingeschränkt ist, flexibel sein. Das heißt, man sollte die Möglichkeit haben, unter Umständen die Beiträge zu erhöhen oder zu senken während der Laufzeit. Man sollte auch die Möglichkeit haben, irgendwann ohne große Verluste aussteigen zu können oder umschichten zu können, zum Beispiel für den Erwerb einer Immobilie. Das heißt, es bringt heute nichts, Verträge abzuschließen, die über 20 Jahre feststehen, denn dann kann es später ein böses Erwachen geben."

    Zum Beispiel, wenn sich während der Laufzeit festgezurrter Verträge herausstellt, dass die Prämien einfach zu teuer oder Mittel festgelegt sind, die man eigentlich gerne flüssig hätte. Thomas Bieler empfiehlt deshalb für junge Vorsorge-Kunden private Ansparverträge, wie sie die Banken anbieten. Wenig hingegen hält er vom Lieblingsvorsorgeprodukt der Deutschen – der Kapitallebensversicherung. Die reagiert im Regelfall schwerfällig auf den Wunsch, die Beitragszahlungen zu verändern oder auszusetzen – was ja in Schlechtverdienerphasen durchaus notwendig werden kann - und sie lässt sich nur unter größten Verlusten vor Laufzeit-Ende auflösen. Und was die angebliche Ertragssicherheit von Lebensversicherungen angeht, Finanzexperte Bieler ist nicht überzeugt:

    "Auch bei langfristigen Lebensversicherungen gibt es eigentlich keine Ertragssicherheit. Das haben ja in den vergangenen Jahren viele Leute, die langjährig dort angespart haben, bitter erfahren müssen. Es gibt nur eine Mindestverzinsung, und die wird auch nur gezahlt auf das, was nach Abzug aller Kosten dann auf dem Konto des Kunden übrig bleibt bei der Versicherung. Und alles, was darüber hinausgeht, wo die Versicherungen halt in erster Linie mit werben, sind Überschussanteile, und auch die sind nicht garantiert, denn die hängen einmal davon ab, wie sich die Finanzmärkte insgesamt entwickeln und davon, wie gut die Lebensversicherer damit wirtschaften."

    Lebensversicherungen eher nicht, Riester-Rente ja. Für die staatlich geförderte Form der Altersvorsorge macht sich der Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW ausdrücklich stark. Trotz deren Schwächen. Schließlich: Riester wird im Regelfall als monatliche Rente ausgezahlt, der eine oder andere Sparer findet womöglich einen dicken Geldbatzen zu Renteneintritt attraktiver. Außerdem: Riester-Sparverträge lassen sich nur unter Mühen umwidmen – zur Finanzierung eines Hauskaufs etwa. Trotzdem: In Verbraucherschützer Bieler hat die Riester-Rente einen ausgewiesenen Fan:
    "Also, die Riester-Rente ist auf jeden Fall auch ein Punkt, den Berufsanfänger prüfen sollten. Denn oftmals ist das Gehalt am Anfang nicht so hoch, das heißt, der Kunde muss selbst relativ wenig einzahlen, dafür gibt´s aber dann die staatliche Förderung. Aber selbst die Leute, die mit einem hohen Gehalt einsteigen und eine hohe Steuerbelastung haben, weil sie meist noch nicht verheiratet sind, sollten über die Riester-Rente nachdenken, denn es gibt ja nicht nur die Zulage, sondern es gibt auch die Möglichkeit, die gezahlten Beiträge steuerlich abzusetzen. Und das kann sich für diese Klientel wesentlich mehr rechnen, als nur die Zulage zu kassieren."

    Bieten Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge an, so meint Thomas Bieler, ist das in jedem Fall etwas zum Zugreifen. Einziger Haken: Nach wie vor ist es um die so genannte Portabilität, die Mitnehm-Fähigkeit von Betriebsrenten, schlecht bestellt. Wer sich nicht an einen Arbeitgeber binden will, wer den Job öfter wechselt, wird mit einiger Sicherheit seine Betriebsrentenansprüche verlieren oder erst gar keine aufbauen. Von daher: Einfach ist es nicht, schon als Berufsstarter in Sachen Altersvorsorge zu planen, einfach nicht, aber sinnvoll, meint Finanzexperte Bieler:

    "Aber es gibt eine Formel, die man sich merken sollte. Nämlich, so früh wie möglich anfangen, denn je jünger man ist, desto mehr arbeitet der Zinseszins-Effekt für einen. Also, selbst wenn ich nur 40 oder 50 Euro im Monat übrig habe, kann das über 40 Jahre angelegt, zu sehr hohen Beträgen führen."

    An Beratern in Sachen Altersvorsorge herrscht kein Mangel. Versicherungen, Banken, Finanzdienstleister sind natürlich aktiv; in größeren Unternehmen gibt es Spezialisten in Sachen Betriebsrente. Infomaterial gibt es auch bei den Verbraucherzentralen. Dort kennt man sich auch mit der Riester-Rente aus.