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Altes Spiel, neuer Streit

Wahlabend in Nikosia-Nord: Jubel bei der Partei der Nationalen Einheit, deren Chef Dervis Eroglu gerade zum Präsidenten von Nordzypern gewählt worden ist. Andernorts ist man skeptischer – nicht nur in Nikosia-Süd bei den Zyperngriechen, sondern auch in der Türkei, in Brüssel und bei den Vereinten Nationen.

Von Susanne Güsten | 26.05.2010
    Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Talat, einem Befürworter der Wiedervereinigung von Zypern, gilt Dervis Eroglu als Einigungsgegner, der für die endgültige Teilung der Insel zwischen Griechen und Türken eintritt. Doch als Eroglu sich vor seinen Anhängern endlich Gehör verschaffen kann, gelten seine ersten Worte den Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns.
    "Als neugewählter Präsident sage ich: Glaubt nicht, was vor der Wahl über mich gesagt wurde. Die Verhandlungen werden weitergehen. Alle haben gesagt, mit mir werde es keine Fortsetzung der Verhandlungen und keine Einigung geben. Aber ich bekräftige hier und jetzt: Ich werde mich am Verhandlungstisch für eine ehrenhafte und tragbare Lösung für unser Volk einsetzen. Ich werde den Verhandlungstisch nicht verlassen."
    So Eroglu im April, und tatsächlich geht es ab heute weiter mit den Verhandlungen, die wegen des nordzyprischen Wahlkampfes vor knapp zwei Monaten unterbrochen worden waren. Erstmals setzt sich Eroglu heute in der UN-kontrollierten Pufferzone zwischen Nord- und Südzypern mit dem zyperngriechischen Präsidenten Christofias zusammen. Dabei sein wird auch der UN-Beauftragte Downer, der den Boden für die Gespräche bereitet hatte:

    "Die Gespräche werden dort fortgesetzt, wo sie im Frühjahr abgebrochen wurden, und zwar in dem von den Vereinten Nationen definierten Rahmen. Die UN verstehen unter Souveränität die Existenz eines einzigen international anerkannten Staatsgebildes, das bedeutet ein Zypern in dem Sinn, dass es einen zyprischen Pass gibt, eine zyprische Vertretung bei der UN. Herr Eroglu hat uns zugesichert, dass er sich den UN-Resolutionen und diesen Eckpunkten der Gespräche verpflichtet fühlt."

    Dass die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns überhaupt weitergehen, ist also mehr als zunächst erwartet, zumal sie auf Grundlage der bisher erzielten Ergebnisse fortgeführt werden –. Optimistisch gestimmt sind Beobachter dennoch nicht. Denn schon während der zweijährigen Verhandlungen zwischen Talat und Christofias, gab es in den entscheidenden Fragen keine Einigung. Eroglu deutete nun an, er erwarte mehr Entgegenkommen von griechischer Seite:

    "Herr Talat hat über die Frage der Machtverteilung zwischen den Volksgruppen in einer Föderation entschlossen verhandelt, aber zu einer Lösung ist es da nicht gekommen. Über die Europäische Union und Wirtschaftsfragen hat er verhandelt, da hat es auch kein Ergebnis gegeben. / Es wäre aber ungerecht, nur von der türkischen Seite zu erwarten, dass sie alle Hindernisse ausräumt – auch die EU und die griechische Seite müssen sich bewegen."

    Die Aufhebung des internationalen Embargos gegen Nordzypern ist die wichtigste Forderung der Zyperntürken an die Europäische Union und an die Zyperngriechen, die als EU-Mitglieder diesem Schritt zustimmen müssten. Die fordern wiederum, die Türkei solle ihr Embargo gegen zyperngriechische Schiffe beenden. Der türkische Außenminister Davutoglu schlug jetzt Folgendes vor:

    "Wir sind bereit, den Zyperngriechen alle türkischen Häfen zu öffnen. Wir verlangen im Gegenzug nur eines: Das Embargo gegen die drei zyperntürkischen Häfen Girne, Magosa und Ercan soll aufgehoben werden. Wenn die Welt den Zyperntürken nur diese drei Häfen öffnet, dann werden wir alle Häfen der Türkei für die Zyperngriechen öffnen. Darauf gebe ich mein Wort."

    Hinter den Kulissen macht man sich im türkischen Außenministerium allerdings wenig Hoffnung auf einen Erfolg. So wünscht sich die Türkei zwar einen Durchbruch in der Zypernfrage, an deren Lösung ihr eigener EU-Beitrittsprozess inzwischen fest gekoppelt ist. Die zypern-griechische Seite hat jedoch nach Einschätzung der Türkei kaum Anlass zu eigenen Zugeständnissen. Die Verhandlungen, die heute wieder beginnen, könnten noch lange dauern.