Die Handys selbst nahmen neben den ganzen Vermittlungsschränken, Basisstationen, Antennenmasten und Technikdemonstrationen nur einen kleinen Teil der Ausstellung ein. Doch präsentierten nahezu alle Hersteller ihre brandneuen Modelle. Auffällig dabei, dass nun fast jeder mit einem Touch-Screen-Modell aufwartet, dass man durch Druck auf den Bildschirm bedienen kann. Diese Technologie hat ja Apple Computer vor rund einem dreiviertel Jahr mit seinem iPhone erfolgreich etabliert.
Mit dem berührungsempfindlichen Bildschirm geht einher, dass die Displays größer werden, da man ja die Tastatur einsparen kann. Mobiles Surfen, aber auch das Lesen von E-Mails wird dadurch einfacher. Und für neue Dienste wie das mobile Fernsehen per Handy ist der etwas größere Bildschirm schlichtweg die Voraussetzung.
Ganz anders bei Handys, die hier in Barcelona für die Märkte der Zukunft gezeigt wurden - für die Kunden in Afrika, in Indien oder in China. In diesen Regionen nämlich sieht die Branche die größten Entwicklungschancen. Wachstumsraten von 30 und mehr Prozent werden hier ausgemacht. Vor allem der Preis für ein Handy zählt, denn mehr als 20 bis 30 Dollar würde die meisten Kunden dort überfordern. Konsequenterweise zeigte ein indisches Unternehmen sein Volkshandy für 20 Dollar, ausgestattet nur mit Grundfunktionen und ohne Display. Und das interfähige Handy für 30 Dollar gab es bei einem Anbieter aus Singapur zu sehen.
1,1 Milliarden Mobiltelefone wurden letztes Jahr weltweit verkauft. Für die meisten Menschen, die sich in den Entwicklungs- oder Schwellenländern ein Handy zulegen, ist dies das erste Telefon in ihrem Leben. Und nicht nur das: Oft ist das Handy auch der erste und einzige Zugang zum Internet. E-Mail per Handy ist eine der wichtigsten Kommunikationsdienstleistungen schlechthin, meint Carsten Brinkschulte von Synchronica. Sein Unternehmen aus London stellt Push-Mail Server her, die die elektronische Post automatisch auf das Handy liefern:
"Push-E-Mail bedeutet, dass man auf dem Mobiltelefon automatisch seine E-Mails empfangen kann, das heißt, man bekommt die E-Mail automatisch auf das Endgerät geliefert, man muss nicht mehr selbst seine E-Mails abfragen, sondern bekommt sie wie eine SMS auf das Endgerät geliefert."
Manfred Kloiber: Dieser E-Mail-Dienst, ist das ein Service, der vor allem in Europa oder Amerika besonders gefragt ist oder ist das zum Beispiel auch in den Entwicklungsländern interessant?
"In den Schwellenländern gibt es relativ wenige PCs, die Internetverbindung über Breitbandanbindung existiert quasi nicht. Aber es hat fast jeder ein Mobilefunkgerät. Dadurch ist es praktisch natürlich, dass die Mobilfunkanbieter in diesen Ländern Push-E-Mail zu einem Standarddienst machen, der sich sowohl an Geschäftskunden als auch an den Massenmarkt und den Konsumenten richtet."
Kloiber: Wie stellt sich denn nun dieser Push-Mail-Dienst, den sie mit ihren Produkten anbieten, dem Anwender auf seinem Handy dar?
"Auch einfachere Mobilfunkgeräte sind mit einem Email-Client ausgestattet. Und das Mobile Gateway ist eben das Gateway, was es diesen Telefonen ermöglicht, ihre E-Mails automatisch auf das Gerät ausgeliefert zu bekommen. Das heißt, wir sind das Tor zur weltweiten E-Mail-Welt, die es diesen Mobilfunkgeräten ermöglicht, über Push-E-Mail die E-Mails automatisch zu empfangen, Termine und Adressen über Funk zu synchronisieren für jedermann."
Kloiber: Nun ist ja bei E-Mail häufig das Problem, dass da Anhänge drinnen sind, dass da Bilder drin sind, dass da riesige Dokumente drin sind, teilweise Megabytes. Wenn ich die dann auf mein Handy bekomme, freue ich mich ganz besonders, weil die Kosten in die Höhe gehen. Sieht denn so ein Puch-E-Mail-Dienst dafür entsprechende Mechanismen vor, dass ich solche Dokumente zum Beispiel nicht erhalte oder dass ich sie in einer Form erhalte, die ich auf einem mobilen Telefonen auch benutzen kann?
"Wir schützen den Benutzer gegen zu hohe Kosten mit Filterfunktionen. Das heißt, dass das Mobile Gateway Anhänge nur auf Anfrage ausliefert und auch so konfiguriert werden kann, dass Anhänge nur bis zu einer bestimmten Größe übertragen werden, und auch nur bestimmte Typen von Anhängen übertragen werden. Es macht einfach keinen Sinn, eine drei Megabyte Powerpoint-Datei auf ein einfaches Mobiltelefon zu übertragen, da kann man dann auch nichts mit anfangen. Das heißt, das Mobile Gateway filtert diese Informationen aus den E-Mails heraus und überträgt sie nicht an das Telefon."
Das Web 2.0 erobert das Handy
Gerd Pasch: Der E-Mail-Dienst ist nur eine Komponente in der Internetwelt, in der sich im Übrigen unter dem Kürzel WEB 2.0 mehr und mehr Communities bilden, Interessen-Gemeinschaften. Diese nutzen Portale wie StudiVZ, Facebook, YouTube oder Feierabend.de. Und gehandelt wird bei eBay. Das alles soll nicht aufhören, wenn das Gruppenmitglied mit dem Handy das Haus verlässt. Das Kölner Software-Unternehmen Communology hat eine Möglichkeit geschaffen, Teil einer solchen Community auch zum Beispiel im Urlaub zu bleiben. Axel Riedner zeigt, wie das praktisch geht:
"Ich schieße jetzt das Foto hier von dem Motorrad und habe jetzt die Möglichkeit, dieses Foto via GSM zu übertragen auf meinen normalen Host, den auch meine Freunde zuhause, wenn sie vor dem Internet sitzen, empfangen können. Es ist jetzt übermittelt worden, da kommt das Foto und meine Kollegen können das alle sehen. Sie können sogar sehen, wo ich das aufgenommen habe, weil nämlich die Informationen von dem GPS-Modul mitgeschickt werden. Und die sehen: das Foto ist hier in Barcelona aufgenommen worden. Ich habe also den ständigen Kontakt zu meinen so genannten Buddies und kann die jederzeit darüber informieren, was ich getan habe. Die können mir natürlich darauf antworten, mir wieder einen Chat schicken und sagen 'tolles Foto' und das würde dann hier wieder erscheinen wie eine Kurznachricht, nach dem Motto 'der Kollege hat geantwortet'."
Mitentwickelt hat diese Software Werner Seitz. Er nennt die Komponenten, die hier zusammengebracht wurden:
"Es ist also in erster Linie das Zusammenfügen bereits vorhandener bereits vorhandener Funktionen in den mobilen Endgeräten wie wir sie kennen, also von den klassischen Kommunikationsfunktionen, Sprache, Bildübertragung, Datenübertragung, SMS bis hin zu den etwas moderneren wie Instant Messaging. Damit verbinden wir weitere Plattformen, die zum Beispiel die Schnittstelle anbieten für Social Communities, dass ich mit meinem Instant Messaging-Netzwerk auch andere Social Communities erreichen kann. Eine zusätzliche Information darüber hinaus ist auch die Interaktion mit der werbetreibenden Industrie. Ich kann also mit meinen Favorit Brands wie wir sagen, also mit Unternehmen, deren Produkte ich bevorzugt verfolge und beobachte, von denen kann ich Informationen erhalten, ich kann mit denen auch interaktiv in Kontakt treten und einen Dialog eröffnen, zum Beispiel mit einem Autohersteller eine Probefahrt vereinbaren und so weiter."
Pasch: Ist sie auch handhabbar, diese schöne neue Welt, die sie gerade beschrieben haben? Wer kommt damit zurecht?
"Natürlich haben jüngere Generationen einen schnelleren Zugang zu solchen Technologien. Aber ich sage, das muss jeder für sich selbst herausfinden, ob er mit dieser Technologie zurechtkommt oder nicht. Wir haben eine Hürde der Kommunikation überschritten, was zukünftig möglich sein wird, daran hat vor zwei Jahren noch niemand gedacht. Wenn man die Vielfalt dieser Möglichkeiten sieht, und das Mobiltelefon ist das Gerät, was am meisten in der Benutzung ist. Früher war es die Armbanduhr, die jeder hatte, heute hat jeder Tag und Nacht ein Handy in seiner unmittelbaren Nähe. Und die Tatsache, dass dieses Nutzungsverhalten so enorm ist, die wird auch die eine oder andere Einschränkung in der Ergonomie kompensieren."
Die Mobilfunkbetreiber sind vor allem an einem interessiert: an Kundenbindung, und die hoffen sie durch solche Dienste zu erzielen. Auf reine Datentransporteure wollen sie sich jedenfalls nicht reduzieren lassen. Mit Megabytes und Gesprächsminuten allein kann man kaum noch Geld verdienen. Hier sinken die Preise und damit auch die Gewinne.
Bei Anruf Werbung - Mobile Advertising soll verlorene Umsätze zurückbringen
Kundenbindung ist das eine Mittel, um den Umsatz hoch zu halten, Werbung – oder wie die Branche es nennt Mobile Advertising - ist ein zweites. Mit der Anzeige als SMS oder einem Werbejingle während der Klingelphase eines Anrufes wollen vor allem Billiganbieter wieder das erwirtschaften, was sie an Flatrates und Supergünstig-Minuten verloren haben. Helmut an de Meulen, Geschäftsführer des Dortmunder Mobilfunk-Softwareherstellers Materna, hat mir erklärt, wie Mobile Advertising aussehen kann.
"Also es ist letztendlich die Idee ähnlich wie im Internet mobile Portale, mobile Plattformen - ob die nun WAP oder Web sind - dafür zu nutzen, Anzeigen unterzubringen. Es ist aber auch ein bisschen komplizierter. Stellen Sie sich einmal vor, Sie warten zum Beispiel darauf, dass derjenige, den sie anrufen, abnimmt. Dann könnte man zwischendurch, während sie vielleicht auf Ihr Handy gucken auch zum Beispiel Werbung platzieren. Das ist also auch eine Möglichkeit. Oder man lädt Applikationen herunter, und die können auch Werbung produzieren. Aber die eigentliche Idee ist, in ein mobiles Portal Werbung zu integrieren. Wir kennen die Beispiele, Vodafone live und so weiter, und dort werden wir Werbung finden."
Kloiber: Welche Rolle spielt denn in diesem Zusammenhang, dass der Netzbetreiber weiß, wo sie sind? Also das Thema Lokalisierung?
"Die berühmten LBS, Location Based Services. Darüber wird seit drei oder vier Jahren gesprochen und denen wird immer wieder eine große Zukunft vorausgesagt. Die Vision, ich gehe durch die Stadt und bin in einer Fußgängerzone, man weiß, dass ich in der Nähe von einem Kaufhaus, von einem Juwelier oder was auch immer, bin, und dann bekomme ich eben Werbung auf mein Handy gespielt, vielleicht auch noch verbunden mit entsprechenden Rabatt-Coupons. Soweit die Theorie, soweit die Vision - die Realität hat leider das alles nicht bestätigt, muss man sagen. Location Based Services sind erstens teuer, die Netzbetreiber verlangen für eine Lokalisierungsinformation 40 bis 50 Cents, was eine Menge Geld ist. Und zum Zweiten werden sie nicht so intensiv genutzt wie man sich das vorgestellt hat."
Kloiber: Wo wird denn dann sonst der Zug hingehen in Sachen Werbung?
"Es gibt Modelle, die kommen aus Finnland und sind jetzt auch in Großbritannien inzwischen in der Umsetzung, dass man Werbung auf seinem Handy zulässt. Ein Beispiel: man gestattet etwa jeden Tag oder jeden zweiten Tag eine Multimedia-Nachricht, die entsprechend illustriert ist mit Werbung beispielsweise für einen Textilkaufhaus oder was auch immer. Und im Gegenzug, dass man also diese Erlaubnis, dass man das Opt-In, wie wir sagen, gibt, bekommt man Freiminuten oder Frei-SMS. Das sind Modelle, die sind in der Erprobung, und da erwarte ich mir einiges von."
Kloiber: Ist das die Antwort darauf, dass man mittlerweile seine Handy-Karte in den berühmten Vier-Buchstaben-Läden kaufen kann?
"Das ist ganz sicher so. Wenn Sie sich das Preisniveau in Deutschland ansehen, vor drei, vier Jahren, als die ersten Geschäfte außerhalb der eigentlichen Netzbetreiber getätigt wurden, lag das Preisniveau bei 34, 35 Cents in alle Netze. Wir liegen jetzt bei neun, zehn Cent in alle Netze, das heißt, wir haben eine Preisdegression auf etwa 30 Prozent. Man hat sich erhofft, dass das kompensiert wird durch eine höhere Nutzung, dass also die Minutenzahl, die man pro Monat von Handy aus kommuniziert, deutlich hoch geht. Das ist in etwa passiert, aber nicht in dem Maße, wie man es sich erhofft hat. Wir sind also bei den genutzten Minuten immer noch deutlich unter Ländern wie Spanien, Schweiz, Italien, USA oder auch Österreich."
Dorf um Dorf - Intelligente Mobilfunktechnik versorgt auch abgelegenste Dörfer mit schnellem Internet
Werbung als Zahlesel für supergünstige Mobilfunktarife, dieses Geschäftsmodell zieht übrigens nicht nur auf den gut gesättigten und deshalb schwierigen Märkten Europas und Nordamerikas. Es funktioniert zum Teil auch in ärmeren Ländern, in denen die Einkommen niedrig und die Kosten für die Infrastruktur hoch sind. Doch auch mit Werbung lässt sich im afrikanischen Somalia oder im asiatischen Bhutan nur schwer ein Mobilfunknetz flächendeckend betreiben. Gleichzeitig gilt der Zugang zu Kommunikationsnetzen als Voraussetzung für Wirtschaftswachstum. Viele Mobilfunknetze werden deshalb mit der finanziellen Unterstützung durch internationale Einrichtungen errichtet, berichtet Mike Fitzgerald vom Netzwerkausrüster Altobridge. Ohne diese Unterstützung würden nämlich sonst nur die rentablen Metropolen erschlossen und nicht die Dörfer:
"Es ist ja so, dass die Weltbank und eine Reihe anderer Initiativen die Mobilfunkunternehmen dabei unterstützen, abgelegene Dörfer mit Kommunikation zu versorgen. Das Mobiltelefon selbst ist ja wirklich preisgünstig geworden– es kostet ja nur noch 20 bis 30 Dollar – und die Weltbank und die Regierungen subventionieren den Aufbau der Infrastruktur. Das Problem ist nur der Mobilfunkanbieter, der dann am Ende alleine dasteht und durch den Betrieb dieser abgelegenen Stationen Verluste einfährt. Das ist nicht gut und irgendjemand muss es ja bezahlen. Wir haben die Kosten so weit senken können, dass man jetzt sogar Gewinne mit diesen kleinen Dörfern machen kann, von deren Versorgung man bislang nur Kosten erwartet hat."
Das System, das Fitzgerald in Barcelona präsentierte, ist verblüffend einfach: Eine kleine Satellitenempfangsanlage für den gängigen VSAT-Dienst, kaum größer als ein Schuhkarton, ein gängiges Laptop mit der Software, eine Basisstation von der Größe einer Pralinenschachtel und eine kleine Solaranlage. Das zusammen reicht aus, um Dörfer ab 300 Einwohner ans Mobilfunknetz anzuschließen, egal wie weit das Dorf im Urwald liegt, fernab von der nächsten Telefonleitung oder dem nächsten Stromanschluss. Entscheidend - was die Kosten angeht – ist, die teure Internet-Satellitenleitung so sparsam wie möglich nutzen. Denn bislang wurden abgesetzte Mobilfunkstationen einfach über eine eigene Satellitenverbindung angeschlossen und die Leitung dabei ständig belegt. Mit dem exotischen Neben-Effekt, dass Ortsgespräche gleich zweimal über Satellit liefen:
"Der erste Durchbruch war, die Leitung nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn sie gebraucht wird. Der zweite war, die Datenmenge pro Gespräch auf ein Minimum zu reduzieren. Und der dritte, wirklich große Durchbruch war, die Benutzer nur lokal zu verbinden, wenn sie innerhalb des Dorfes telefonieren. Wichtig ist, dass wir keine Vermittlungsstelle vor Ort installieren. Wir haben nur ein intelligentes Programm, dass für die lokale Zusammenschaltung sorgt. Die ganze Vermittlungssteuerung wird aber nach wie vom Mobilfunknetz übernommen. Der Betreiber kümmert sich also um seine Kunden, es kostet ihn aber nichts."
Die vierte Generation - Wimax und LTE sollen die Zukunft des Mobilfunks sichern
Um ganz kleine Funkzellen mit einem beschränkten Radius und nur geringer Nutzerzahlen dreht sich aus das Thema Femtocells, in Barcelona eines der meist verwendeten Schlagwörter. Die Femtocell steht neben der Picocell, und die dahinter zu ahnende Physik einer Größenordnung ist absolut irreführend. Während Picozellen dafür gedacht sind, größere Gebäuden und Fabrikgelände mit UMTS zu versorgen, sollen die Femtocells ins Wohnzimmer kommen, erklärt Dr. Jürgen Weber von Alcatel-Lucent:
"Eine Femtocell ist ein DSL-artiger Ersatz, der es Ihnen erlaubt, auf der einen Seite die Mobilfunk-Umgebung, die sie gewohnt sind, hauptsächlich auf der UMTS-Technologie bei Ihnen zuhause darzustellen. Das heißt, Sie haben ein kleines Gerät, das so groß ist wie ein DSL-Modem, das es ihnen erlaubt, auf der einen Seite über Ihren DSL-Anschluss volles UMTS, breitbandiges Telefonieren oder auch Datentransfer zu erzeugen und auch in dem Haus zu gewährleisten. Das ist eine Femtocell - Ihre Basisstation für ein UMTS-Netz eines Betreibers."
Kloiber: Warum soll ich mir denn die Funkzelle, die ja normalerweise auf einem Hochhaus steht, ins Wohnzimmer holen? Welche Vorteile habe ich denn, wenn ich das tue?
"Der wichtigste Vorteil ist, Sie haben UMTS zuhause und das hat eine technologische Eigenschaft: nämlich dass aufgrund der hohen Frequenz die Indoor-Abdeckung relativ schlecht ist, dann das heißt, in den normalen Gebäuden haben sie sofort ein Problem der Netzabdeckung für UMTS und damit natürlich auch ein Problem der portablen Datenfähigkeit Ihres Netzes in dem Bereich. Diese Femtocell erzeugt in Ihrer gewohnten Umgebung zuhause eine volle UMTS-Netzabdeckung. Zweitens: Sie können natürlich alle Dienste, die sie mitzunehmen, auch von zuhause machen mit ihren Betreiber, der Ihnen die volle Bandbreite zur Verfügung stellt. Drittens: Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, Voice over IP zuhause über diese Femtocell relativ preisgünstig darzustellen."
Kloiber: Also der Vorteil für den Anwender, dass er seine Dienste, die er aus der mobilen Welt kennt, dann auch in seinem Wohnzimmer voll nutzen kann und dort wahrscheinlich auch zu günstigeren Tarifen als er das unterwegs macht. Was ist denn der Vorteil für den Netzanbieter, wenn er eine Femtocell bei seinem Kunden im Wohnzimmer installiert?
"Der größte Vorteil ist die Kundenbindung. Ich glaube, es ist eine leidvolle Erfahrung, die wir alle hatten vor zehn bis 15 Jahren, als wir anfingen mit den GSM-Netzen, als die GSM-Telefonie noch in ihren Kinderschuhen steckte, immer wieder die Anrufe abbrachen, dass wir immer noch Funklöcher haben. Ich glaube, wenn man als Netzbetreiber eine Qualität bieten will, um den Kunden zu binden, gehört es auch dazu, dass ich einen Dienst anbiete. Denken Sie an die vielen mobilen TV-Anzeigen die jetzt schon in den Zeitungen stehen. Das will ein Nutzer nicht nur außerhalb des Gebäudes haben, sondern auch zuhause. Also der wichtigste Faktor ist Kundenbindung."
Damit die Internetwelt auf den klassischen Telefonleitungen spielen kann, mussten die Spielregeln ergänzt werden. Heute werden Datenpakete, Sprache, Texte, Bilder ins Netz gestellt, vermittelt, abgerufen oder – neudeutsch - gestreamt, gepusht oder gefilet. Dabei behält eine Instanz im Netz den Überblick, erklärt Christoph Bach, zuständig für die Mobilfunk-Netztechnik beim schwedischen Konzern Ericsson, und die heisst IMS:
"Das steht für IP-Multimedia Subsystem und ist ein standardisiertes System und unterstützt alle Dienste. Das ist sicherlich Internettelefonie, das sind Messaging Dienste wie zum Beispiel ICQ oder MSN-Messenger, die heute noch proprietär sind, aber über IMS haben Sie die Möglichkeit, dass auch unterhalb von diesen Benutzern eine Kommunikation möglich ist. Dazu gehören Videodienste, Videotelefonie, Videostreaming, sämtliche Kommunikationsdienste, Internet, IP-TV werden über diese Plattform realisiert."
Pasch: Das muss ja ein ganz mächtiger Daten-Manager sein. Woher wird der gefüttert, was hat der für eine Intelligenz?
"Die Intelligenz ist mehr oder weniger die Steuerungssoftware dieses Systems. Es ist unabhängig von der Zugangstechnologie, das heißt, es ist sowohl Festnetzzugang als auch Mobilfunkzugang von dieser Plattform unterstützt. IMS kann halt eine zentrale Funktionen bei der Gestaltung der so genannten Next Generation Networks einnehmen, dort ist die Basiskommunikation auf IP und SIP basiert. Da spiegelt sich natürlich auch die ganze Erfahrung insbesondere auch, wenn es um Qualität und Stabilität von Diensten geht, wider. Da bieten wir mit IMS eine Lösung an, die das beinhaltet: eine Konvergenz dahin gehend, dass ich den gleichen Dienst auf meinem Handy und auch auf meinem Fernseher zuhause im Wohnzimmer nutzen kann. Die Bedürfnisse sind da vielfältig. Es kann auch zum Beispiel möglich sein, ich möchte, wenn ich unterwegs bin, aus dem Hotel über mein Handy oder meinen Laptop auf meine Filme zuhause zugreifen. Auch das ist mit so einer Plattform möglich."
Auf diese Art Fernsehen macht heutzutage noch wenig Spaß. Die Bilder ruckeln, bleiben oft einfach stehen. Die Netze, kabelgebunden oder drahtlos, sind für die Videoübertragung einfach noch nicht leistungsfähig genug. Deshalb wetteifern die Entwicklungsingenieure bei den Ausrüstern, um höhere Geschwindigkeiten in den Netzen zu erreichen. Auf dem Weltmobilfunk Kongress in Barcelona waren erste Testinstallationen für das Zukunftsnetz LTE zu sehen. Was das heißt, erklärt Wim te Niet, Europa-Chef beim weltweit tätigen Kommunikationstechnik-Ausrüster Nortel:
"LTE steht für Long Term Evolution und das ist schlicht und einfach die nächste Generation der Mobilfunknetze. Die nächste Stufe ist viel stärker gerichtet auf Bandbreite im Mobilfunkbereich, was auch neue Anwendungen möglich macht. Dieses Jahr sind wir soweit, dass wir erste Versuchsnetze machen können, wobei wir die Übertragungsgeschwindigkeit so um die zehn Megabit pro Sekunde symmetrisch haben, das heißt Upload und Download gleichwertig. Das wird dazu führen, dass wir nächstes Jahr, also in 2009 schon so weit sind. Ob auch die Netzbetreiber schon so weit sind, um damit Dienstleistungsangebote auf dem Markt zu gestalten, ist noch nicht ganz klar. Aber ich glaube, dass LTE viel schneller kommt als wir das vorher erwartet haben."
Pasch: Das Internet mobil ist eine ganz andere Ebene als das mobile Funknetz. Wie kommen denn dann in der nächsten Generation dieser beiden Systeme zusammen?
"Wir streben danach, Breitband überall unabhängig von wo man ist, mit welchem Gerät man in das Internet will, und Zugriff zu erhalten auf die gleichen Applikationen. Das heißt einfach, dass wir nach einem Netz streben, was unabhängig ist von der Zugangsmethode."
Pasch: Wie werden dann die höheren Geschwindigkeiten erreicht, wo stecken jetzt die Flaschenhälse und wie will man sie beseitigen?
"Wir sind dieses Jahr schon so weit, dass wir erste Live-Versuche machen mit LTE, das ist eigentlich viel schneller als wir das vor zwei, drei Jahren erwartet haben. Wir bauen auch auf unsere Kompetenzen im Wimax-Bereich. Wir sind als Unternehmen davon überzeugt, dass die heutige Generation UMTS nicht die benötigte Bandbreite bietet. Wir glauben daran, eine der so genannten Killer-Applikationen - also die Anwendung, die wirklich die Bandbreite treiben werden - dass das Video ist, also mobiles Fernsehen, aber auch Video-Downloads, also was YouTube macht zum Beispiel. Ich glaube, dass wir Netze bauen können, die Geschwindigkeiten von 30 bis 40 Megabit pro Sekunde pro Nutzer erreichen können."
Soweit Computer und Kommunikation für heute mit Interviews und Berichten vom Mobile World Congress diese Woche in Barcelona. Am Mikrofon waren Manfred Kloiber und Gerd Pasch.
Mobile World Congress 2008 Barcelona
Mit dem berührungsempfindlichen Bildschirm geht einher, dass die Displays größer werden, da man ja die Tastatur einsparen kann. Mobiles Surfen, aber auch das Lesen von E-Mails wird dadurch einfacher. Und für neue Dienste wie das mobile Fernsehen per Handy ist der etwas größere Bildschirm schlichtweg die Voraussetzung.
Ganz anders bei Handys, die hier in Barcelona für die Märkte der Zukunft gezeigt wurden - für die Kunden in Afrika, in Indien oder in China. In diesen Regionen nämlich sieht die Branche die größten Entwicklungschancen. Wachstumsraten von 30 und mehr Prozent werden hier ausgemacht. Vor allem der Preis für ein Handy zählt, denn mehr als 20 bis 30 Dollar würde die meisten Kunden dort überfordern. Konsequenterweise zeigte ein indisches Unternehmen sein Volkshandy für 20 Dollar, ausgestattet nur mit Grundfunktionen und ohne Display. Und das interfähige Handy für 30 Dollar gab es bei einem Anbieter aus Singapur zu sehen.
1,1 Milliarden Mobiltelefone wurden letztes Jahr weltweit verkauft. Für die meisten Menschen, die sich in den Entwicklungs- oder Schwellenländern ein Handy zulegen, ist dies das erste Telefon in ihrem Leben. Und nicht nur das: Oft ist das Handy auch der erste und einzige Zugang zum Internet. E-Mail per Handy ist eine der wichtigsten Kommunikationsdienstleistungen schlechthin, meint Carsten Brinkschulte von Synchronica. Sein Unternehmen aus London stellt Push-Mail Server her, die die elektronische Post automatisch auf das Handy liefern:
"Push-E-Mail bedeutet, dass man auf dem Mobiltelefon automatisch seine E-Mails empfangen kann, das heißt, man bekommt die E-Mail automatisch auf das Endgerät geliefert, man muss nicht mehr selbst seine E-Mails abfragen, sondern bekommt sie wie eine SMS auf das Endgerät geliefert."
Manfred Kloiber: Dieser E-Mail-Dienst, ist das ein Service, der vor allem in Europa oder Amerika besonders gefragt ist oder ist das zum Beispiel auch in den Entwicklungsländern interessant?
"In den Schwellenländern gibt es relativ wenige PCs, die Internetverbindung über Breitbandanbindung existiert quasi nicht. Aber es hat fast jeder ein Mobilefunkgerät. Dadurch ist es praktisch natürlich, dass die Mobilfunkanbieter in diesen Ländern Push-E-Mail zu einem Standarddienst machen, der sich sowohl an Geschäftskunden als auch an den Massenmarkt und den Konsumenten richtet."
Kloiber: Wie stellt sich denn nun dieser Push-Mail-Dienst, den sie mit ihren Produkten anbieten, dem Anwender auf seinem Handy dar?
"Auch einfachere Mobilfunkgeräte sind mit einem Email-Client ausgestattet. Und das Mobile Gateway ist eben das Gateway, was es diesen Telefonen ermöglicht, ihre E-Mails automatisch auf das Gerät ausgeliefert zu bekommen. Das heißt, wir sind das Tor zur weltweiten E-Mail-Welt, die es diesen Mobilfunkgeräten ermöglicht, über Push-E-Mail die E-Mails automatisch zu empfangen, Termine und Adressen über Funk zu synchronisieren für jedermann."
Kloiber: Nun ist ja bei E-Mail häufig das Problem, dass da Anhänge drinnen sind, dass da Bilder drin sind, dass da riesige Dokumente drin sind, teilweise Megabytes. Wenn ich die dann auf mein Handy bekomme, freue ich mich ganz besonders, weil die Kosten in die Höhe gehen. Sieht denn so ein Puch-E-Mail-Dienst dafür entsprechende Mechanismen vor, dass ich solche Dokumente zum Beispiel nicht erhalte oder dass ich sie in einer Form erhalte, die ich auf einem mobilen Telefonen auch benutzen kann?
"Wir schützen den Benutzer gegen zu hohe Kosten mit Filterfunktionen. Das heißt, dass das Mobile Gateway Anhänge nur auf Anfrage ausliefert und auch so konfiguriert werden kann, dass Anhänge nur bis zu einer bestimmten Größe übertragen werden, und auch nur bestimmte Typen von Anhängen übertragen werden. Es macht einfach keinen Sinn, eine drei Megabyte Powerpoint-Datei auf ein einfaches Mobiltelefon zu übertragen, da kann man dann auch nichts mit anfangen. Das heißt, das Mobile Gateway filtert diese Informationen aus den E-Mails heraus und überträgt sie nicht an das Telefon."
Das Web 2.0 erobert das Handy
Gerd Pasch: Der E-Mail-Dienst ist nur eine Komponente in der Internetwelt, in der sich im Übrigen unter dem Kürzel WEB 2.0 mehr und mehr Communities bilden, Interessen-Gemeinschaften. Diese nutzen Portale wie StudiVZ, Facebook, YouTube oder Feierabend.de. Und gehandelt wird bei eBay. Das alles soll nicht aufhören, wenn das Gruppenmitglied mit dem Handy das Haus verlässt. Das Kölner Software-Unternehmen Communology hat eine Möglichkeit geschaffen, Teil einer solchen Community auch zum Beispiel im Urlaub zu bleiben. Axel Riedner zeigt, wie das praktisch geht:
"Ich schieße jetzt das Foto hier von dem Motorrad und habe jetzt die Möglichkeit, dieses Foto via GSM zu übertragen auf meinen normalen Host, den auch meine Freunde zuhause, wenn sie vor dem Internet sitzen, empfangen können. Es ist jetzt übermittelt worden, da kommt das Foto und meine Kollegen können das alle sehen. Sie können sogar sehen, wo ich das aufgenommen habe, weil nämlich die Informationen von dem GPS-Modul mitgeschickt werden. Und die sehen: das Foto ist hier in Barcelona aufgenommen worden. Ich habe also den ständigen Kontakt zu meinen so genannten Buddies und kann die jederzeit darüber informieren, was ich getan habe. Die können mir natürlich darauf antworten, mir wieder einen Chat schicken und sagen 'tolles Foto' und das würde dann hier wieder erscheinen wie eine Kurznachricht, nach dem Motto 'der Kollege hat geantwortet'."
Mitentwickelt hat diese Software Werner Seitz. Er nennt die Komponenten, die hier zusammengebracht wurden:
"Es ist also in erster Linie das Zusammenfügen bereits vorhandener bereits vorhandener Funktionen in den mobilen Endgeräten wie wir sie kennen, also von den klassischen Kommunikationsfunktionen, Sprache, Bildübertragung, Datenübertragung, SMS bis hin zu den etwas moderneren wie Instant Messaging. Damit verbinden wir weitere Plattformen, die zum Beispiel die Schnittstelle anbieten für Social Communities, dass ich mit meinem Instant Messaging-Netzwerk auch andere Social Communities erreichen kann. Eine zusätzliche Information darüber hinaus ist auch die Interaktion mit der werbetreibenden Industrie. Ich kann also mit meinen Favorit Brands wie wir sagen, also mit Unternehmen, deren Produkte ich bevorzugt verfolge und beobachte, von denen kann ich Informationen erhalten, ich kann mit denen auch interaktiv in Kontakt treten und einen Dialog eröffnen, zum Beispiel mit einem Autohersteller eine Probefahrt vereinbaren und so weiter."
Pasch: Ist sie auch handhabbar, diese schöne neue Welt, die sie gerade beschrieben haben? Wer kommt damit zurecht?
"Natürlich haben jüngere Generationen einen schnelleren Zugang zu solchen Technologien. Aber ich sage, das muss jeder für sich selbst herausfinden, ob er mit dieser Technologie zurechtkommt oder nicht. Wir haben eine Hürde der Kommunikation überschritten, was zukünftig möglich sein wird, daran hat vor zwei Jahren noch niemand gedacht. Wenn man die Vielfalt dieser Möglichkeiten sieht, und das Mobiltelefon ist das Gerät, was am meisten in der Benutzung ist. Früher war es die Armbanduhr, die jeder hatte, heute hat jeder Tag und Nacht ein Handy in seiner unmittelbaren Nähe. Und die Tatsache, dass dieses Nutzungsverhalten so enorm ist, die wird auch die eine oder andere Einschränkung in der Ergonomie kompensieren."
Die Mobilfunkbetreiber sind vor allem an einem interessiert: an Kundenbindung, und die hoffen sie durch solche Dienste zu erzielen. Auf reine Datentransporteure wollen sie sich jedenfalls nicht reduzieren lassen. Mit Megabytes und Gesprächsminuten allein kann man kaum noch Geld verdienen. Hier sinken die Preise und damit auch die Gewinne.
Bei Anruf Werbung - Mobile Advertising soll verlorene Umsätze zurückbringen
Kundenbindung ist das eine Mittel, um den Umsatz hoch zu halten, Werbung – oder wie die Branche es nennt Mobile Advertising - ist ein zweites. Mit der Anzeige als SMS oder einem Werbejingle während der Klingelphase eines Anrufes wollen vor allem Billiganbieter wieder das erwirtschaften, was sie an Flatrates und Supergünstig-Minuten verloren haben. Helmut an de Meulen, Geschäftsführer des Dortmunder Mobilfunk-Softwareherstellers Materna, hat mir erklärt, wie Mobile Advertising aussehen kann.
"Also es ist letztendlich die Idee ähnlich wie im Internet mobile Portale, mobile Plattformen - ob die nun WAP oder Web sind - dafür zu nutzen, Anzeigen unterzubringen. Es ist aber auch ein bisschen komplizierter. Stellen Sie sich einmal vor, Sie warten zum Beispiel darauf, dass derjenige, den sie anrufen, abnimmt. Dann könnte man zwischendurch, während sie vielleicht auf Ihr Handy gucken auch zum Beispiel Werbung platzieren. Das ist also auch eine Möglichkeit. Oder man lädt Applikationen herunter, und die können auch Werbung produzieren. Aber die eigentliche Idee ist, in ein mobiles Portal Werbung zu integrieren. Wir kennen die Beispiele, Vodafone live und so weiter, und dort werden wir Werbung finden."
Kloiber: Welche Rolle spielt denn in diesem Zusammenhang, dass der Netzbetreiber weiß, wo sie sind? Also das Thema Lokalisierung?
"Die berühmten LBS, Location Based Services. Darüber wird seit drei oder vier Jahren gesprochen und denen wird immer wieder eine große Zukunft vorausgesagt. Die Vision, ich gehe durch die Stadt und bin in einer Fußgängerzone, man weiß, dass ich in der Nähe von einem Kaufhaus, von einem Juwelier oder was auch immer, bin, und dann bekomme ich eben Werbung auf mein Handy gespielt, vielleicht auch noch verbunden mit entsprechenden Rabatt-Coupons. Soweit die Theorie, soweit die Vision - die Realität hat leider das alles nicht bestätigt, muss man sagen. Location Based Services sind erstens teuer, die Netzbetreiber verlangen für eine Lokalisierungsinformation 40 bis 50 Cents, was eine Menge Geld ist. Und zum Zweiten werden sie nicht so intensiv genutzt wie man sich das vorgestellt hat."
Kloiber: Wo wird denn dann sonst der Zug hingehen in Sachen Werbung?
"Es gibt Modelle, die kommen aus Finnland und sind jetzt auch in Großbritannien inzwischen in der Umsetzung, dass man Werbung auf seinem Handy zulässt. Ein Beispiel: man gestattet etwa jeden Tag oder jeden zweiten Tag eine Multimedia-Nachricht, die entsprechend illustriert ist mit Werbung beispielsweise für einen Textilkaufhaus oder was auch immer. Und im Gegenzug, dass man also diese Erlaubnis, dass man das Opt-In, wie wir sagen, gibt, bekommt man Freiminuten oder Frei-SMS. Das sind Modelle, die sind in der Erprobung, und da erwarte ich mir einiges von."
Kloiber: Ist das die Antwort darauf, dass man mittlerweile seine Handy-Karte in den berühmten Vier-Buchstaben-Läden kaufen kann?
"Das ist ganz sicher so. Wenn Sie sich das Preisniveau in Deutschland ansehen, vor drei, vier Jahren, als die ersten Geschäfte außerhalb der eigentlichen Netzbetreiber getätigt wurden, lag das Preisniveau bei 34, 35 Cents in alle Netze. Wir liegen jetzt bei neun, zehn Cent in alle Netze, das heißt, wir haben eine Preisdegression auf etwa 30 Prozent. Man hat sich erhofft, dass das kompensiert wird durch eine höhere Nutzung, dass also die Minutenzahl, die man pro Monat von Handy aus kommuniziert, deutlich hoch geht. Das ist in etwa passiert, aber nicht in dem Maße, wie man es sich erhofft hat. Wir sind also bei den genutzten Minuten immer noch deutlich unter Ländern wie Spanien, Schweiz, Italien, USA oder auch Österreich."
Dorf um Dorf - Intelligente Mobilfunktechnik versorgt auch abgelegenste Dörfer mit schnellem Internet
Werbung als Zahlesel für supergünstige Mobilfunktarife, dieses Geschäftsmodell zieht übrigens nicht nur auf den gut gesättigten und deshalb schwierigen Märkten Europas und Nordamerikas. Es funktioniert zum Teil auch in ärmeren Ländern, in denen die Einkommen niedrig und die Kosten für die Infrastruktur hoch sind. Doch auch mit Werbung lässt sich im afrikanischen Somalia oder im asiatischen Bhutan nur schwer ein Mobilfunknetz flächendeckend betreiben. Gleichzeitig gilt der Zugang zu Kommunikationsnetzen als Voraussetzung für Wirtschaftswachstum. Viele Mobilfunknetze werden deshalb mit der finanziellen Unterstützung durch internationale Einrichtungen errichtet, berichtet Mike Fitzgerald vom Netzwerkausrüster Altobridge. Ohne diese Unterstützung würden nämlich sonst nur die rentablen Metropolen erschlossen und nicht die Dörfer:
"Es ist ja so, dass die Weltbank und eine Reihe anderer Initiativen die Mobilfunkunternehmen dabei unterstützen, abgelegene Dörfer mit Kommunikation zu versorgen. Das Mobiltelefon selbst ist ja wirklich preisgünstig geworden– es kostet ja nur noch 20 bis 30 Dollar – und die Weltbank und die Regierungen subventionieren den Aufbau der Infrastruktur. Das Problem ist nur der Mobilfunkanbieter, der dann am Ende alleine dasteht und durch den Betrieb dieser abgelegenen Stationen Verluste einfährt. Das ist nicht gut und irgendjemand muss es ja bezahlen. Wir haben die Kosten so weit senken können, dass man jetzt sogar Gewinne mit diesen kleinen Dörfern machen kann, von deren Versorgung man bislang nur Kosten erwartet hat."
Das System, das Fitzgerald in Barcelona präsentierte, ist verblüffend einfach: Eine kleine Satellitenempfangsanlage für den gängigen VSAT-Dienst, kaum größer als ein Schuhkarton, ein gängiges Laptop mit der Software, eine Basisstation von der Größe einer Pralinenschachtel und eine kleine Solaranlage. Das zusammen reicht aus, um Dörfer ab 300 Einwohner ans Mobilfunknetz anzuschließen, egal wie weit das Dorf im Urwald liegt, fernab von der nächsten Telefonleitung oder dem nächsten Stromanschluss. Entscheidend - was die Kosten angeht – ist, die teure Internet-Satellitenleitung so sparsam wie möglich nutzen. Denn bislang wurden abgesetzte Mobilfunkstationen einfach über eine eigene Satellitenverbindung angeschlossen und die Leitung dabei ständig belegt. Mit dem exotischen Neben-Effekt, dass Ortsgespräche gleich zweimal über Satellit liefen:
"Der erste Durchbruch war, die Leitung nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn sie gebraucht wird. Der zweite war, die Datenmenge pro Gespräch auf ein Minimum zu reduzieren. Und der dritte, wirklich große Durchbruch war, die Benutzer nur lokal zu verbinden, wenn sie innerhalb des Dorfes telefonieren. Wichtig ist, dass wir keine Vermittlungsstelle vor Ort installieren. Wir haben nur ein intelligentes Programm, dass für die lokale Zusammenschaltung sorgt. Die ganze Vermittlungssteuerung wird aber nach wie vom Mobilfunknetz übernommen. Der Betreiber kümmert sich also um seine Kunden, es kostet ihn aber nichts."
Die vierte Generation - Wimax und LTE sollen die Zukunft des Mobilfunks sichern
Um ganz kleine Funkzellen mit einem beschränkten Radius und nur geringer Nutzerzahlen dreht sich aus das Thema Femtocells, in Barcelona eines der meist verwendeten Schlagwörter. Die Femtocell steht neben der Picocell, und die dahinter zu ahnende Physik einer Größenordnung ist absolut irreführend. Während Picozellen dafür gedacht sind, größere Gebäuden und Fabrikgelände mit UMTS zu versorgen, sollen die Femtocells ins Wohnzimmer kommen, erklärt Dr. Jürgen Weber von Alcatel-Lucent:
"Eine Femtocell ist ein DSL-artiger Ersatz, der es Ihnen erlaubt, auf der einen Seite die Mobilfunk-Umgebung, die sie gewohnt sind, hauptsächlich auf der UMTS-Technologie bei Ihnen zuhause darzustellen. Das heißt, Sie haben ein kleines Gerät, das so groß ist wie ein DSL-Modem, das es ihnen erlaubt, auf der einen Seite über Ihren DSL-Anschluss volles UMTS, breitbandiges Telefonieren oder auch Datentransfer zu erzeugen und auch in dem Haus zu gewährleisten. Das ist eine Femtocell - Ihre Basisstation für ein UMTS-Netz eines Betreibers."
Kloiber: Warum soll ich mir denn die Funkzelle, die ja normalerweise auf einem Hochhaus steht, ins Wohnzimmer holen? Welche Vorteile habe ich denn, wenn ich das tue?
"Der wichtigste Vorteil ist, Sie haben UMTS zuhause und das hat eine technologische Eigenschaft: nämlich dass aufgrund der hohen Frequenz die Indoor-Abdeckung relativ schlecht ist, dann das heißt, in den normalen Gebäuden haben sie sofort ein Problem der Netzabdeckung für UMTS und damit natürlich auch ein Problem der portablen Datenfähigkeit Ihres Netzes in dem Bereich. Diese Femtocell erzeugt in Ihrer gewohnten Umgebung zuhause eine volle UMTS-Netzabdeckung. Zweitens: Sie können natürlich alle Dienste, die sie mitzunehmen, auch von zuhause machen mit ihren Betreiber, der Ihnen die volle Bandbreite zur Verfügung stellt. Drittens: Sie haben natürlich auch die Möglichkeit, Voice over IP zuhause über diese Femtocell relativ preisgünstig darzustellen."
Kloiber: Also der Vorteil für den Anwender, dass er seine Dienste, die er aus der mobilen Welt kennt, dann auch in seinem Wohnzimmer voll nutzen kann und dort wahrscheinlich auch zu günstigeren Tarifen als er das unterwegs macht. Was ist denn der Vorteil für den Netzanbieter, wenn er eine Femtocell bei seinem Kunden im Wohnzimmer installiert?
"Der größte Vorteil ist die Kundenbindung. Ich glaube, es ist eine leidvolle Erfahrung, die wir alle hatten vor zehn bis 15 Jahren, als wir anfingen mit den GSM-Netzen, als die GSM-Telefonie noch in ihren Kinderschuhen steckte, immer wieder die Anrufe abbrachen, dass wir immer noch Funklöcher haben. Ich glaube, wenn man als Netzbetreiber eine Qualität bieten will, um den Kunden zu binden, gehört es auch dazu, dass ich einen Dienst anbiete. Denken Sie an die vielen mobilen TV-Anzeigen die jetzt schon in den Zeitungen stehen. Das will ein Nutzer nicht nur außerhalb des Gebäudes haben, sondern auch zuhause. Also der wichtigste Faktor ist Kundenbindung."
Damit die Internetwelt auf den klassischen Telefonleitungen spielen kann, mussten die Spielregeln ergänzt werden. Heute werden Datenpakete, Sprache, Texte, Bilder ins Netz gestellt, vermittelt, abgerufen oder – neudeutsch - gestreamt, gepusht oder gefilet. Dabei behält eine Instanz im Netz den Überblick, erklärt Christoph Bach, zuständig für die Mobilfunk-Netztechnik beim schwedischen Konzern Ericsson, und die heisst IMS:
"Das steht für IP-Multimedia Subsystem und ist ein standardisiertes System und unterstützt alle Dienste. Das ist sicherlich Internettelefonie, das sind Messaging Dienste wie zum Beispiel ICQ oder MSN-Messenger, die heute noch proprietär sind, aber über IMS haben Sie die Möglichkeit, dass auch unterhalb von diesen Benutzern eine Kommunikation möglich ist. Dazu gehören Videodienste, Videotelefonie, Videostreaming, sämtliche Kommunikationsdienste, Internet, IP-TV werden über diese Plattform realisiert."
Pasch: Das muss ja ein ganz mächtiger Daten-Manager sein. Woher wird der gefüttert, was hat der für eine Intelligenz?
"Die Intelligenz ist mehr oder weniger die Steuerungssoftware dieses Systems. Es ist unabhängig von der Zugangstechnologie, das heißt, es ist sowohl Festnetzzugang als auch Mobilfunkzugang von dieser Plattform unterstützt. IMS kann halt eine zentrale Funktionen bei der Gestaltung der so genannten Next Generation Networks einnehmen, dort ist die Basiskommunikation auf IP und SIP basiert. Da spiegelt sich natürlich auch die ganze Erfahrung insbesondere auch, wenn es um Qualität und Stabilität von Diensten geht, wider. Da bieten wir mit IMS eine Lösung an, die das beinhaltet: eine Konvergenz dahin gehend, dass ich den gleichen Dienst auf meinem Handy und auch auf meinem Fernseher zuhause im Wohnzimmer nutzen kann. Die Bedürfnisse sind da vielfältig. Es kann auch zum Beispiel möglich sein, ich möchte, wenn ich unterwegs bin, aus dem Hotel über mein Handy oder meinen Laptop auf meine Filme zuhause zugreifen. Auch das ist mit so einer Plattform möglich."
Auf diese Art Fernsehen macht heutzutage noch wenig Spaß. Die Bilder ruckeln, bleiben oft einfach stehen. Die Netze, kabelgebunden oder drahtlos, sind für die Videoübertragung einfach noch nicht leistungsfähig genug. Deshalb wetteifern die Entwicklungsingenieure bei den Ausrüstern, um höhere Geschwindigkeiten in den Netzen zu erreichen. Auf dem Weltmobilfunk Kongress in Barcelona waren erste Testinstallationen für das Zukunftsnetz LTE zu sehen. Was das heißt, erklärt Wim te Niet, Europa-Chef beim weltweit tätigen Kommunikationstechnik-Ausrüster Nortel:
"LTE steht für Long Term Evolution und das ist schlicht und einfach die nächste Generation der Mobilfunknetze. Die nächste Stufe ist viel stärker gerichtet auf Bandbreite im Mobilfunkbereich, was auch neue Anwendungen möglich macht. Dieses Jahr sind wir soweit, dass wir erste Versuchsnetze machen können, wobei wir die Übertragungsgeschwindigkeit so um die zehn Megabit pro Sekunde symmetrisch haben, das heißt Upload und Download gleichwertig. Das wird dazu führen, dass wir nächstes Jahr, also in 2009 schon so weit sind. Ob auch die Netzbetreiber schon so weit sind, um damit Dienstleistungsangebote auf dem Markt zu gestalten, ist noch nicht ganz klar. Aber ich glaube, dass LTE viel schneller kommt als wir das vorher erwartet haben."
Pasch: Das Internet mobil ist eine ganz andere Ebene als das mobile Funknetz. Wie kommen denn dann in der nächsten Generation dieser beiden Systeme zusammen?
"Wir streben danach, Breitband überall unabhängig von wo man ist, mit welchem Gerät man in das Internet will, und Zugriff zu erhalten auf die gleichen Applikationen. Das heißt einfach, dass wir nach einem Netz streben, was unabhängig ist von der Zugangsmethode."
Pasch: Wie werden dann die höheren Geschwindigkeiten erreicht, wo stecken jetzt die Flaschenhälse und wie will man sie beseitigen?
"Wir sind dieses Jahr schon so weit, dass wir erste Live-Versuche machen mit LTE, das ist eigentlich viel schneller als wir das vor zwei, drei Jahren erwartet haben. Wir bauen auch auf unsere Kompetenzen im Wimax-Bereich. Wir sind als Unternehmen davon überzeugt, dass die heutige Generation UMTS nicht die benötigte Bandbreite bietet. Wir glauben daran, eine der so genannten Killer-Applikationen - also die Anwendung, die wirklich die Bandbreite treiben werden - dass das Video ist, also mobiles Fernsehen, aber auch Video-Downloads, also was YouTube macht zum Beispiel. Ich glaube, dass wir Netze bauen können, die Geschwindigkeiten von 30 bis 40 Megabit pro Sekunde pro Nutzer erreichen können."
Soweit Computer und Kommunikation für heute mit Interviews und Berichten vom Mobile World Congress diese Woche in Barcelona. Am Mikrofon waren Manfred Kloiber und Gerd Pasch.
Mobile World Congress 2008 Barcelona