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Am Puls der WM 2006

Was denkt die Bevölkerung über die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland? Dieser Frage sind Marketing-Studenten der Mercator-Uni Duisburg nachgegangen. In einer Langzeitstudie, deren erste Ergebnisse jetzt vorliegen, wurden 1.500 Personen befragt. Lothar Guckeisen befragte den Leiter des Projekts, Markus Voeth, Professor für Marketing an der Mercator-Universität in Duisburg.

    Guckeisen: Marketing-Studenten arbeiten an einem Projekt zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Prof. Dr. Markus Voeth, Sie leiten das Projekt. Was untersuchen Sie?

    Voeth: Nun, im Mittelpunkt dieser Studie steht eine langjährige, empirische Erhebung der Akzeptanz und Einstellung der deutschen Bevölkerung gegenüber diesem Sportgroßereignis WM 2006, und es ist Ziel im Rahmen dieser Langzeitstudie, Veränderungen in der Akzeptanz und Einstellung der Bevölkerung gegenüber diesem Sportgroßereignis aufzudecken.

    Guckeisen: Sie haben im letzten Jahr bereits eine Umfrage gemacht, in diesem Jahr wieder. Also das Ergebnis der zweiten Umfrage liegt schon vor. Wenn Sie das miteinander vergleichen, wie ist denn die Einstellung zur WM hier?

    Voeth: Also grundsätzlich besteht weiterhin eine große Akzeptanz in der Bevölkerung. Wir haben da sehr konstante Daten, dass drei Viertel der Deutschen weiterhin der Tatsache zustimmen, dass die WM 2006 in Deutschland ausgetragen werden wird, wenngleich es schon so ist, dass das Interesse an der WM jetzt natürlich im Vorfeld der WM ein bisschen größer geworden ist, als es noch vor einem Jahr der Fall war.

    Guckeisen: Was sind denn die besonders häufigen Äußerungen zur WM 2006 in Deutschland? Was wollen die Leute? Was wollen sie nicht?

    Voeth: Vom Grunde her lässt sich das in verschiedenen Rubriken aufarbeiten. Zunächst einmal ist es interessant, dass die Deutschen zwar überwiegend dafür sind, dass die WM in Deutschland stattfinden wird, andrerseits aber eine staatliche Förderung dieses Ereignisses grundsätzlich ablehnen. Und das ist aus meiner Perspektive eigentlich ein interessanter Missfit, weil wir auf der einen Seite eben eine hohe Akzeptanz haben, auf der anderen Seite aber gesagt wird, dass die WM sich doch irgendwo selber tragen würde. Das ist der erste Punkt. Und ein zweiter Punkt, der jetzt gerade vor dem Hintergrund der WM 2002 von Interesse ist, dass konstant weiterhin eine absolute, überwiegende Mehrheit der Deutschen erwartet und sich wünscht, dass diese WM nicht nur oder eben in weiten Teilen nur im Pay-TV zu sehen sein wird, sondern dass 85 Prozent der Deutschen erwarten, dass die WM 2006 zumindest im öffentlich-rechtlichen und/oder im öffentlich-rechtlichen und privaten Free-TV zu sehen sein wird.

    Guckeisen: Der Erwartung möchte ich mich anschließen. Wenn Fußball gespielt wird, dann will man das auch sehen, oder?

    Voeth: Ja, ich denke, dass auch der Fußball sicherlich an diesem Punkt an einer Schneide steht, denn entweder definiert man sich als Kulturgut, dann ist es auch selbstverständlich, dass die Bevölkerung an diesem Ereignis teilnehmen kann, oder man versteht sich als kommerzialisierte Ware, dann muss man sich allerdings auch an anderer Stelle diesem Anspruch unterordnen.

    Guckeisen: Zu Ihrem Projekt, wie ist das eigentlich entstanden?

    Voeth: Nun, Fußball ist natürlich ein Thema, das auch in Duisburg eine große Rolle spielt, und wir suchen hier an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät immer nach Themen, wo wir unseren Studierenden anhand von Themen, die ihnen Spaß machen, auch Inhalte vermitteln können. Und im Mittelpunkt dieses Projektes steht eigentlich nur der Fußball als Vehikel. Im Kern geht es um die Vermittlung von Marktforschungstechniken, und die kann man natürlich an langweiligen Projekten einüben, man kann sie aber auch an spannenden Projekten einüben, und letzteres ist eben das Ziel. Die Studenten sollen bei dieser jährlich stattfindenden Erhebung lernen, wie man komplexe Marktforschungstechniken an einem sehr spannenden und aktuellen Objekt einsetzen kann.

    Guckeisen: Wie viele Studenten arbeiten bei Ihrem Projekt mit?

    Voeth: Also selbstverständlich ist es eine freiwillige Mitarbeit. Wir haben aber nie Schwierigkeiten, zwischen 30 und 50 Studierenden dazu zu bewegen, an dieser Untersuchung teilzunehmen.

    Guckeisen: Bis 2006 ist es ja noch eine Weile hin. Da ist ja mancher Student schon fertig. Wie muss man sich das vorstellen? Ist das eine Projektarbeit, die auf ein Semester befristet ist, und dann kommen wieder Neue dazu, oder kann man das ganz durchziehen, möglicherweise sogar eine Diplomarbeit draus machen?

    Voeth: Letzteres ist natürlich möglich, aber dann eben nur über den aktuellen Status Quo, denn niemand will fünf Jahre auf seine Diplomarbeit warten. Und Sie haben es schon richtig dargestellt, im Kern ist es so, dass jeweils eine Generation von Studierenden in einem Jahr die dann jeweils aktuelle Untersuchung durchführt, und im nächsten Jahr dann die nächste Generation von Marketing-Studierenden auf den Ergebnissen der vorhergehenden aufsetzt, um dann eben nach Veränderungen zu suchen.

    Guckeisen: Im Grunde machen Sie ja eine wichtige Marketing-Recherche auch für den DFB. Weiß denn der Kaiser von Ihrem Marketing-Projekt?

    Voeth: Ja, wir haben uns - wie Sie sich vorstellen können - selbstverständlich von Beginn an an den DFB gewandt bzw. an das Organisationskomitee. Allerdings - und das hat uns ein bisschen verwundert, da wir gar nicht nach materieller Unterstützung, sondern nach immaterieller Unterstützung Ausschau gehalten haben - war das Interesse dort eher gering. Ganz offenbar war vor der WM 2002 noch nicht die Absicht da, in Deutschland groß auf die WM 2006 hinzuweisen, das kann ich auch verstehen. Allerdings war auch in diesem Jahr, im Vorfeld der WM 2002, seitens des Organisationskomitees kein Interesse an diesem Projekt, was ich - wie gesagt - sehr schade finde, weil ich denke, dass das eine oder andere Ergebnis sicherlich auch in Frankfurt auf Interesse stoßen würde.

    Guckeisen: Sie sind selbst Fußballfan?

    Voeth: Ich bin selbst Fußballfan, sonst würde ich ja kein solches Projekt machen.

    Guckeisen: Dann kommen Sie nicht ohne Tipp davon. Wie weit kommt denn die deutsche Mannschaft?

    Voeth: Da verlasse ich mich ganz auf meine Marktforschungsdaten. Wenn Sie mal loslassen von dem Gedanken, dass während der WM natürlich die Euphorie mal hoch, mal niedrig geht, je nachdem, wie gerade das letzte Spiel war, haben 60 Prozent der Deutschen erwartet, dass die deutsche Mannschaft bis ins Viertelfinale kommt. Allerdings erwarten nur 25 Prozent, dass das über das Viertelfinale hinausgeht. Ich glaube aber schon, dass wir bis ins Halbfinale kommen werden.