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Amateure am Mikrofon

Die grenzenlose Freiheit im nordrhein-westfälischen Bürgerfunk steht zur Disposition. Die Landesregierung plant ein neues Rahmengesetz. Angeheizt wurde die Debatte, als die Landesanstalt für Medien in diesem Monat eine Studie vorlegte, in der sie die Sendungen der Radioamateure kritisch unter die Lupe genommen hatte.

Von Michael Kuhlmann | 25.02.2006
    "Medienforum Münster. 'Würzig' - das interkulturelle Magazin"

    Der Beginn einer Bürgerfunksendung im westfälischen Münster. So oder ähnlich klingt es allabendlich bei allen Lokalsendern in Nordrhein-Westfalen - zwei Stunden Laien-Radio. Jürgen Brautmeier, stellvertretender Chef der Landesanstalt für Medien in Düsseldorf, hat es nun untersuchen lassen: Was passiert beim Bürgerfunk? Sein Eindruck:

    "Dass es im Bürgerfunk Stärken gibt - also durchaus ambitionierte Programme -, aber auch Schwächen, nämlich aus unserer Sicht enttäuschende geringe Anteile an Information, ein relativ geringer Lokalbezug und überwiegend Musik gespielt wird. Fast 70 Prozent der Programme sind Musik."

    Und die wird von der Landesanstalt gleich hoch bezuschusst wie anspruchsvolle Wortprogramme, in denen viel Arbeit steckt. Brautmeier fragt sich deshalb, ob der Bürgerfunk weiterhin mit der Gießkanne finanziert werden soll. Die Radioamateure ihrerseits sind alarmiert. Gabi Fortak vom Landesverband Bürgerfunk NRW.

    "Das Wort-Musik-Verhältnis von 30 zu 70 ist ja ein Standard, der sich in unserem professionellen Umfeld des Bürgerfunks – im Lokalprogramm – genau so wiederfindet, und von uns ist immer gefordert worden: Passt euch an an dieses lokale Programm, damit ihr keine Formatbrüche produziert."

    "Tatsächlich wäre mir eher daran gelegen, dass der Bürgerfunk in etwa das gleiche Konzept spielt wie ich","

    sagt Michael Mennicken, Chefredakteur des Privatsenders Antenne Düsseldorf. Das Kardinalproblem des Bürgerfunks: Er passt nicht zum kommerziellen Lokalprogramm. In der Tat war er ursprünglich gedacht als eine Art Gegenöffentlichkeit, als Spielwiese. Daran erinnert Michael Brinkmeier, medienpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf:

    ""Im Hintergrund müssen wir immer im Kopf behalten, dass man dem Bürgerfunk die Möglichkeiten gibt, auch verschiedene Formate des Rundfunks dann auch wirklich nutzen zu können."

    Also Reportagen, Porträts, vielleicht sogar Akustische Kunst. Das habe es durchaus schon gegeben, sagt Michael Franken von der Radiowerkstatt Studio tv in Tönisvorst bei Krefeld. Franken betreut freie Radiogruppen seit fast 20 Jahren.

    "Die Experimentierfreude ist bei uns etwas zurückgegangen, muss ich ehrlich sagen. Wir haben vor fünf, sechs Jahren in den ersten Projekten sehr viele Sachen ausprobiert, zum Beispiel Hörspielsachen und solche... - die sind ziemlich zurückgegangen. Das liegt natürlich auch daran, dass solche Sendungen mit sehr viel Arbeit verbunden sind."

    Arbeit, die die Landesmedienanstalt zum Beispiel mit gestaffelten Zuschüssen honorieren könnte. Grundsätzlich überlegt man in Düsseldorf, die Bürgerfunker künftig nach der Qualität ihrer Sendungen zu alimentieren. Der Landesverband Bürgerfunk denkt seinerseits schon darüber nach, wie man die Programme verbessern könnte. Bernd Frinken vom Verein Bürgerfunk für Euskirchen kann sich vorstellen, das die Landesanstalt zum Beispiel die Arbeit der Bürgerfunk-Betreuer in den Radiowerkstätten testet - um ihnen dann bei Erfolg ein Zertifikat zu verleihen.

    "Eine solche Zertifizierung, denke ich, führt dazu, das man sich die gesamte Infrastruktur mal vornimmt und dann sagt: Okay, daran, daran und daran wird mal gezielt gearbeitet. Was ich befürchte, ist, dass man das ganze nur dazu nutzen wird, um aus 1,9 Millionen einen deutlich kleineren Betrag zu machen."

    Die Landesmedienanstalt allerdings spricht erst einmal nicht von Kürzungen. Sie will vor allem eine neue Form von Wettbewerb schaffen. Das könnte bedeuten, dass man als Bürgerfunker künftig schon gute Ideen oder ein gewisses Können mitbringen muss, um einen Sendeplatz zu bekommen. Wie man das alles freilich im Einzelnen regeln könnte, darüber wird auch in der Landesmedienanstalt selbst noch diskutiert. Noch dieses Jahr allerdings dürfte beim Bürgerfunk einiges in Bewegung geraten, denn die Landesregierung plant ein neues Rahmengesetz. Mit der grenzenlosen Freiheit im nordrhein-westfälischen Bürgerfunk könnte es in ein oder zwei Jahren vorbei sein.