Kosslick: Ja, also da war schon Klarheit. Es wurden ja unterschiedliche Positionen gehört von den sechs Experten, die da geladen waren, und einer Expertin, und es wurde klar, dass das Nominierungs- und Auswahlverfahren über diese Akademie laufen soll und wie das gehen soll. Im Prinzip ist es so, dass die Branche und Branchenvertreter, ihre jeweilige Sparte dann wählt und dort auswählt über ein dreistufiges Verfahren, was dann auch vorgelegt worden ist. Etwas im Unklaren war die Hauptfrage des Ganzen, nämlich was bedeutet das eigentlich mit den drei Millionen Euro? Bekommt sie die Akademie oder bekommt sie sie nicht? Da kann man nur dazu sagen, ja und nein. Also wenn es so läuft, dann würde nur die Nominierung von der Branche passieren, aber der Preis wird selbstverständlich über die Ministerin weitergegeben. Die Akademie würde quasi nur die bisherige Jury ersetzen, und das war dann auch das Resultat und da herrsche mehr oder minder Begeisterung darüber, aber alle fanden es eigentlich gut, dass es eine Akademie geben soll.
Koldehoff: Es ist im Zusammenhang mit der Akademie eigentlich fast ausschließlich vom Filmpreis die Rede. Wird diese Akademie denn eigentlich andere Aufgaben wahrnehmen?
Kosslick: Also das soll sie auf jeden Fall im Bereich Aus- und Weiterbildung. Überhaupt soll sie den deutschen Film ein bisschen einen und soll vielleicht auch einen stärkeren Eindruck machen, eine stärkere Lobby im Ausland für den deutschen Film, soll für den deutschen Film sprechen, ansprechbar sein. Nicht nur die 700 Bundesfilmpreisträger sollen Mitglieder der Akademie werden, sondern man nimmt auch andere noch dazu, geschätzt bis zu 2.500. Also das wären schon zusätzliche Aufgaben, die diese Akademie, sage ich mal, analog zur europäischen Filmakademie machen soll. Ich habe da noch vorgeschlagen, dass es da noch einen Nörgelparagraphen gibt, dass alle Akademiemitglieder drei Jahre lang nicht schlecht über den deutschen Film klagen dürfen, weil das ist ja eigentlich unser Hauptproblem, egal ob es gut oder schlecht läuft, es wird immer geklagt.
Koldehoff: Welche Sanktionen stellen Sie sich vor, wenn dagegen verstoßen wird?
Kosslick: Es war mehr auf der Humorebene.
Koldehoff: Nun haben Sie lange die Filmstiftung NRW geleitet. Es gibt nicht nur in Nordrhein-Westfalen Länderfilmstiftungen. Was können die denn nicht, wofür es dringend eine Bundesfilmstiftung bräuchte?
Kosslick: Das ist ja keine Bundesfilmstiftung, sondern die Akademie ist im Prinzip ein Branchen- und Bewusstzusammenschluss. Es gibt übrigens in vielen europäischen Ländern, also in Frankreich verleihen sie den Cesar, in Spanien verleihen sie den Goya, Donatello in Italien, also das gibt es überall, nur bei uns nicht. Das ist keine Bundesfilmförderungsinstitution, sondern das ist im Prinzip eine Institution "Branche hilft sich selbst", und das ist eigentlich eine gute Sache.
Koldehoff: Kritische Stimmen, so heißt es in den Nachrichtenagenturen, seien von den Filmkritikern gekommen. Die möchten nicht gerne, dass eine Filmakademie über das entscheidet, was preiswürdig ist, sondern dass das weiterhin ein relativ kleiner Kreis von durchaus qualifizierten Kritikern tut. Was antworten Sie denen?
Kosslick: Die wahre Befürchtung, die dahinter steckt, ist, dass kleine Filme und besonders natürlich kulturell ambitionierte Filme das Nachsehen haben werden. Das ist natürlich schon eine Argumentation, auf die man aufpassen muss. Das ist eine Argumentation, die man ernst nehmen muss, und das korrespondiert ein bisschen mit Frau Ministerin Weiß, die gesagt hat, wenn es nicht läuft, dann nehmen wir das wieder zurück. Ich glaube aber, dass solche Wahlverfahren immer so sein werden. Da wird es Filme geben, die halt Kasse gemacht haben, und andere werden ausgezeichnet, weil sie künstlerisch oder kulturell wertvoll sind, wie das so schön heißt. Ich habe da nicht so eine große Angst, also das ist immer eine Mischung, die da gemacht wird. Das würde ja sonst überhaupt nicht die Realität widerspiegeln.
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