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American Football
Trotz Risiko – Football boomt

American Football ist ein harter Sport. Und hat den Ruf weg, nicht gut für die Gesundheit zu sein. Vor allem mit Kopfverletzungen wird Football oft in Verbindung gebracht. Trotzdem haben die Vereine in Deutschland großen Zulauf. Auch weil sie längst präventiv arbeiten und aufklären.

Von Daniela Müllenborn | 10.04.2016
    Erster Spieltag der Junioren-Bundesliga. Die U19 der Düsseldorf Panther ist zu Gast bei den Langenfeld Longhorns. Die Panther sind im Angriff, also hat die Defense gerade Pause
    Nach einer kurzen taktischen Besprechung gehen die Defensiv-Spieler zum Verpflegungspavillon, den die Panther am Spielfeldrand aufgebaut haben. Zwei Mütter füllen pausenlos Getränke in Plastikflaschen ab, schneiden Obst, Gemüse und Müsli-Riegel klein. Auch Astrid Panitz. Ihr Sohn spielt heute noch nicht. Er ist gerade erst vom jüngeren Jahrgang in die U19 gewechselt und muss sich noch an das höhere Niveau gewöhnen. Als er vor ein paar Jahren mit dem Wunsch nachhause kam, Football spielen zu dürfen, war Astrid Panitz zunächst wenig begeistert:
    "Ich habe zuerst die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, weil ich dachte, um Gottes Willen, wie kommst du denn jetzt da drauf?"
    Warum Football? Warum dieser knallharte Sport? Bei dem vor Gehirnerschütterungen und Folgeschäden gewarnt wird. Ein Kino-Film mit Will Smith hatte dieses brisante Thema zuletzt aufgegriffen und die Diskussion wieder entfacht. Michael Wevelsiep von den Düsseldorf Panther winkt aber ab:
    "Ganz früher war der Schutz am Kopf nicht so komfortabel, da hat man den Kopf gar nicht so viel benutzt, das hat echt wehgetan. Dann sind die Helme besser geworden, und der Sport ist härter geworden. Und da hat man dann in Deutschland ganz schnell drauf reagiert. Auch und vor allem im Jugendbereich, man trainiert das heute ganz anders, dass der Kopf nicht mehr als Waffe benutzt werden darf."
    Kopfstöße sind verboten
    Absichtliche Kopfstöße sind per Regelwerk verboten. Wer es trotzdem macht, fliegt vom Platz. Und auch sonst versuchen die Klubs das Risiko von Kopfverletzungen so weit wie möglich zu minimieren. Auch Lars Trömel, Trainer der Düsseldorfer U19-Mannschaft und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kognitions- und Sportspielforschung an der Deutsche Sporthochschule in Köln
    "Einerseits durch eine bestimmte Technik, also wenn wir jemanden zu Boden bringen, dass wir da den Kopf ganz bewusst raus halten. Das ist dann so ein bisschen inspiriert vom Rugby, weil die ja komplett ohne Ausrüstung spielen und den Kopf raushalten müssen. Die zweite Sache ist, dass wir den Jungs beibringen, dass Krafttraining nicht das Schlechteste ist. Also, dass ein gutes Stützkorsett viel mehr schützt als die beste Ausrüstung."
    Football ist eine Kontaktsportart
    Ganz verhindern kann man die Gefahr nicht. Football ist eine Kontaktsportart! Dabei muss man nicht mal unglücklich zusammenrasseln, um sich eine Gehirnerschütterung zu holen. Das kann auch anders passieren. Diese schmerzhafte Erfahrung musste U19-Spieler Waheed Bhikh machen, der an einem heißen Sommertag beim Aufwärmen ohne Helm auf dem Platz stand und den Ball an den Hinterkopf bekam:
    "Ich bin dann umgekippt, hab aber weiter gemacht, und dann haben die das gemerkt, weil ich so komische Sachen erzählt und gefragt habe, ob ich beim Tennis bin. Und dann konnte ich mich gleich umziehen."
    Gehirnerschütterung – die Footballer sagen, dass sie das Thema sehr ernst nehmen. Denn vor allem, wenn Traumata nicht akut diagnostiziert werden, kann das zu massiven Langzeitschäden führen. Deshalb beteiligt sich der Football-Verband mit seinen 53.000 Mitgliedern an einer Kampagne des Deutschen Olympischen Sportbundes, die sich an alle Kontaktsportarten richtet: Also auch an Boxen, Handball, Fußball, Teak-Won-Do und Eishockey. Und die darauf abzielt Trainer, Betreuer zu schulen, Eltern zu sensibilisieren. Für Düsseldorfs U19-Trainer Lars Trömel das A und O!
    "Selbst merkt man das nicht unbedingt als Spieler, und das ist so ein bisschen das Gefährliche."
    Sportart mit Zulauf
    Trotz dieser Gefahren, die American Football in sich birgt: Die Sportart hat in Deutschland Zulauf. Egal ob bei den Düsseldorf Panthern, den Munich Cowboys oder den Hamburg Swans: die Klubs sprechen von steigenden Mitgliederzahlen. Sie glauben, es liege daran, dass Spiele der NFL, also der Nordamerikanischen Profi-Liga, in Deutschland jetzt regelmäßig im frei-empfangbaren Fernsehen übertragen werden. Und für Conny Tenwinkel kommt noch ein weiterer Grund hinzu: Im Football, sagt sie, sei jeder willkommen – egal ob woanders zu groß, zu klein, zu dick oder zu dünn. Im Football gebe es keine Außenseiter. Deshalb habe auch ihr Sohn sich für diesen Sport entscheiden:
    "Der war halt vorher in vielen Sportarten, Handball, Fußball, überall war er der Dicke, der nur auf der Bank gesessen. Dann fehlte ihm halt immer die Motivation. Er war halt kräftig. Und irgendwann hat er dann gesagt, ich möchte mal gucken, wie es mit Football aussieht."
    Conny Tenwinkel ist inzwischen Teammanagerin bei den Düsseldorf Panther, die genauso wie andere Football-Klubs auch selber für steigende Mitgliederzahlen sorgen, zum Beispiel durch Informationsstunden in Schulen, wo inzwischen auch schon Flagg Football, eine weniger körperbetonte Variante, im Unterricht gespielt wird. Allerdings steigen auch viele, die reingeschnuppert haben, wieder aus, wenn sie in ihrem ersten Spiel den ersten richtigen Körperkontakt hatten und sich blaue Flecken geholt haben. Denn aller Prävention zum Trotz: Football bleibt ein knallharter Sport.