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Amerikanische Küstentannen in Niedersachsen

Seit 80 Jahren ist die nordamerikanische Küstentanne in deutschen Wäldern zu finden: im Sauerland, in Baden-Württemberg und in Niedersachsen. Dort startet jetzt ein Forschungsprojekt, das die Küstentanne populärer machen will. Denn ihr helles, leichtes Holz wächst schnell und ist vielseitig verwendbar, zum Beispiel als Dämmstoff.

Von Elke Drewes | 01.09.2005
    Mitten zwischen Buchen, Fichten und einzelnen Douglasien im Reinhäuser Wald bei Göttingen: eine kleine Gruppe hoher Tannen. Leichter Orangenduft steigt in die Nase.

    "Wenn man die Nadeln nimmt und zerreibt, riechen Sie mal, ist nen Orangenduft drin! Das ist auch nen gutes Erkennungszeichen: ein sehr angenehmer Geruch."

    Forstbotanikstudent Hubert Foss schreibt seine Masterarbeit über die große Küstentanne und kennt sie deshalb sehr gut.

    "Sie ist sehr ähnlich der deutschen, der Weißtanne. Wenn man weiß, wie alt sie sind, erkennt man sie schon am starken Wachstum. Wir befinden uns ja hier in einem 20 Jahre alten Bestand und sie hat schon einen Durchmesser von 30 cm und bei einer Höhe von 25 Metern. In Nordamerika gibt es Bäume, die bis zu 70 Meter wachsen können und in Deutschland werden Spitzenhöhen von 35, maximal 40 Metern erreicht."

    Auf Lehmboden wächst die nordamerikanische Küstentanne besonders gut, fast doppelt so schnell wie andere Tannen, Kiefern oder Fichten. Noch dazu ist sie sehr robust und kann stürmischem Wind standhalten.

    "Es gibt nicht nur ne Küstenform, es gibt in Nordamerika auch ne Inlandsform, die vermutlich auch hier angepflanzt worden ist. Die Küstenform verträgt nicht so einen harten Winter wie die Inlandsform, ist aber auch frosthart."

    Da die Küstentanne sehr schnell wächst gibt sie auch viel Schatten. Deshalb verträgt sie sich nicht mit Sonne liebenden Eichen.

    "Es kommt auf den Bestand an, so dicht wie hier, da wächst natürlich nichts drunter. Die Buche verträgt ja Schatten und wenn man hier noch nen bisschen freistellt, kann die Buche sich schon etablieren."

    Die Niedersächsische Forstliche Versuchsanstalt hat der nordamerikanischen Küstentanne bescheinigt, dass sie sich gut in den heimischen Wald integriert. Langfristig soll die Küstentanne gemeinsam mit der Buche angepflanzt werden mit dem Ziel: ihr hierzulande noch unbekanntes Holz besser zu vermarkten.

    "Die Vorteile liegen natürlich in der Wüchsigkeit und zum anderen hat sie spezielle Holzeigenschaften: ein sehr helles Holz, was in getrocknetem Zustand geruchlos ist, es harzt nicht. Helles Holz, das ist sehr leichtes Holz, ist weich, lässt sich leicht bearbeiten und das ist natürlich sehr gewünscht. Man möchte leichte Möbel nachher haben, leichte Platten, Verkleidung, Täfelung, das ist sehr gewünscht."

    Trotz der Leichtigkeit ist das Holz genauso fest wie das der Fichte und der Weißtanne.
    Für Versuche am Technikum im Institut für Forstbotanik der Universität Göttingen haben die Forstbotaniker einzelne Bäume gefällt und das Holz zu Span- und Faserplatten verleimt.

    "Das sind jetzt Spanplatten, hier haben wir eine ganz leichte mit 300 kg pro Kubikmeter, das ist sehr leicht."

    Für eine vergleichbar feste Spanplatte aus Fichtenholz wäre fast die doppelte Menge an Holzspänen nötig, so der Forstbotaniker. Eine so leichte Spanplatte aus Küstentannenholz ist trotzdem stabil, eignet sich als Schrankwänd oder als Verkleidung im Dachstuhl. Prof. Alireza Kharazipour vom Niedersächsischen Netzwerk für Nachhaltige Holznutzung bringt die Vorteile auf den Punkt:

    "Vorteil ist: Sie kommen mit weniger Rohstoff aus, dazu auch weniger Bindemittel, das sind 20 Prozent der Produktionskosten, da sparen wir auch viel ein."

    Aus dem Holz der Küstentanne lässt sich noch mehr machen: z.B. Dämmstoffe für Dächer und Mauerwände. Dafür haben die Wissenschaftler eine Art Holzteig hergestellt. Es gab nur ein Problem: Im herkömmlichen Trockenschrank blieb der ausgerollte Teig feucht und klitschig. Dann hatte Kharazipour die zündende Idee: Er schob den Holzteig einfach in die Küchen-Mikrowelle. In Sekundenschnelle war der Teig trocken. Jetzt entwickelt ein Physiker von der Fachhochschule Hildesheim/ Holzminden/Göttingen eine große Mikrowellenröhre als Prototyp, erklärt Alireza Kharazipour vom Niedersächsischen Netzwerk für Nachhaltige Holznutzung.

    "Es soll so sein wie in der Keksfabrik, am Ende haben unsere Dämmstoffe die gewünschte Trocknung - Einfach aufs Förderband legen wie Kekse und das geht auch sehr schnell, in Sekunden. Große Kekse, also große Kuchenstücken werden bei uns gebacken."

    In drei Jahren sollen die Versuche des Kompetenznetzes Holz ausgewertet sein. Dann wollen die Wissenschaftler Empfehlungen geben für Holzindustrie und Waldbesitzer, damit sie die nordamerikanische Küstentanne und ihr Holz auf dem Markt etablieren.