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Ampel für gesundes Essen

In Großbritannien wird derzeit eine neue Form der Lebensmittelkennzeichnung getestet. Das Symbol sieht aus wie eine Ampel. Entsprechend weisen rote, gelbe und grüne Punkte auf den Gehalt an Fett, Zucker und Salz hin.

Von Martin Zagatta |
    "Leicht und bekömmlich", steht in großer Schrift auf der Müsli-Packung. Doch schon ein kurzer Blick auf den darüber angebrachten Farbaufdruck macht stutzig: nur zweimal Grün für die Gesundheitsflocken, für wenig Kalorien und einen geringen Salzanteil, doch auch zweimal Rot, eine Warnung vor sehr viel Fett und zu viel Zucker.

    Dieses Ampelsystem funktioniere wirklich sehr gut. Das helfe Leuten wie ihm, auf einen Blick einzuschätzen, wie gesund ein Produkt wirklich ist, so ein junger Mann vor dem Müsli-Regal einer Londoner Sainsburys-Filiale. Die zweitgrößte britische Handelskette ist schon vor einem Jahr dazu übergegangen, viele ihrer Lebensmittel wie eine Verkehrsampel zu kennzeichnen. Mit grünen, gelben und roten Punkten macht sie seither deutlich, ob sich der Fett-, Salz- und Zuckeranteil im Rahmen hält. Gesetzlich vorgeschrieben ist das noch nicht. Doch wie Sainsburys folgen auf der Insel inzwischen fast alle Supermarktbetreiber der Etikettierung, die von der Behörde für Lebensmittelaufsicht empfohlen worden ist.

    So ein Ampel-System auf den Weg zu bringen, dazu hätten sie sich nach ausgiebigen Studien entschieden. Und das sei der wirksamste Weg, den Verbrauchern zu helfen, sich gesünder zu ernähren, meint Gill Fine von der britischen Lebensmittelbehörde. Je nach Nährwert grüne, gelbe oder rote Punkte zu vergeben, sei einfach und einleuchtend.

    Für die Regierung in London gehört diese Art der Lebensmittelkennzeichnung zu den Maßnahmen, mit denen sie die zunehmende Fettleibigkeit bekämpfen will. Die Briten, einst Bauch an Bauch mit den Deutschen, sind mittlerweile zur dicksten Nation in Westeuropa aufgestiegen. Jedes vierte Kind etwa soll übergewichtig sein, jedes siebte sogar klinisch fett. Umgerechnet mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr lässt sich deshalb der Staat jetzt gesünderes Schulessen kosten. Premierminister Tony Blair hat eine Fitness-Ministerin ernannt. Fernsehwerbung für Süßigkeiten oder Fastfood darf nun nur noch nach 21 Uhr ausgestrahlt werden.

    Doch das stößt bei vielen Nahrungsmittelkonzernen genauso auf Widerstand wie das Ampelsystem. Mehr als 20 Hersteller versuchen, die Grün-Gelb-Rot-Etikettierung zu vermeiden, indem sie eigene Kennzeichnung eingeführt haben, gemeinsam mit der Handelskette Tesco. Der Marktführer im Königreich verzichtet auf eine Farbmarkierung und gibt stattdessen nur den Anteil an, den das Produkt enthält von einem geschätzten Tageshöchstbedarf an Kalorien, Fett, Salz und Zucker.

    "Unsere Absatzzahlen belegen, dass wir seit der Einführung unserer Kennzeichnung mehr gesündere Produkte verkaufen und weniger von den ungesunden." Das beweise doch, dass dieses Verfahren funktioniert, so Tesco-Sprecher John Church. Das Ampelsystem dagegen sei zu vereinfachend und irreführend. Hochwertiges Olivenöl zum Beispiel sei zu empfehlen und werde dennoch als schädlich ausgewiesen. Auch wer Rot-Punkt-Produkte wie Schokolade oder zuckerhaltige Getränke zu sich nimmt, könne sich noch gesund ernähren.

    Die britische Regierung allerdings hat nun verlauten lassen, die Ampel-Etikettierung notfalls per Gesetz vorzuschreiben. Das Nationale Gesundheitsinstitut empfiehlt noch weit radikalere Schritte. Als erste Gesundheitsbehörde in Europa hat es den britischen Ärzten jetzt geraten, auch schon bei sehr übergewichtigen Kindern eine Magenverkleinerung vorzunehmen.