In der Tat soll die Kirche das Bild im 18. Jahrhundert den Bürgern von Monterchi sogar geschenkt haben. Doch ob es sich dabei um eine Eigentumsübertragung oder nur ein Nutzungsrecht handelt, ist eine der kniffligen juristischen Fragen des jetzigen Prozesses, der beim letzten Gerichtstermin Mitte dieser Woche um ein weiteres halbes Jahr vertagt wurde. Der Bürgermeister von Monterchi, Gabriele Severi, gehört der demokratischen Linken an, einer Partei, die zu den kommunistischen Bewegungen in Italien zählt. Doch er betont zugleich:
Ich bin Katholik, ich bin getaufter Christ. Ich habe kirchlich geheiratet. Aber die Madonna del Parto ist, soweit ich zurückdenken kann, und das sind 50 Jahre, in Monterchi nicht bekannt als religiöses Wunder, sondern als ein Kunstwerk von Piero della Francesca, und zwar als eines der wichtigsten auf der Welt.
Sein Wert ist schlechterdings unschätzbar. Als es einmal ausgeliehen werden sollte, fand sich keine Versicherung bereit, das Risiko mit einem Geldbetrag zu decken. Heute befindet sich das Werk in einem erdbebenfesten Glaskasten mit kontrollierter Atmosphäre in dem wohl banalsten Gebäude von Monterchi. Der Eintritt kostet 3,10 Euro, für Kinder und Schwangere ist er frei. Gleich rechts neben der Kasse tritt man in einen abgedunkelten Raum, dessen Rigipswände museumsgrau getüncht sind. In der Mitte steht, eigentümlich intensiv erleuchtet, der Glaskasten mit der Madonna. Beten hat der Kustode Angelo Perla hier noch niemanden gesehen. Allenfalls haben ihm gläubige Besucherinnen gestanden, dass sie hoffen, durch die Kraft des Kunstwerkes leichter Mutter zu werden. Zum Rechtsstreit mit der Kirche sagt er nur:
Mir scheint das wirklich ein übler Dreh der Kirche zu sein. Das Bild wurde nämlich nach dem Konzil von Trient als pornographisch verboten, weil die Vorstellung einer schwangeren Gottesmutter dem Dogma widersprach. Heute, da 50.000 Besucher im Jahr zu dem Bild pilgern, gilt es plötzlich nicht mehr als pornographisch, sondern höchstens als schamlos.
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