Kiffael: "Guten Tag liebe Freunde der volkstümlichen Unterhaltung."
Keine Angst, auch wenn es so klingt: Das hier ist nicht der Musikantenstadl. Das hier ist der Antistadl – der Protest aus Bamberg gegen die volkstümliche Weichspülmusik im echten Stadl – und die beiden Moderatoren Marihuanne und Kiffael – eine Parodie auf ein bekanntes Duo aus der volkstümlichen Musik. Sie führen jetzt schon im zehnten Jahr durch den Antistadl – mit gelbem Dirndl, angeklebten Zöpfen, blauer Sonnenbrille und falsch geknöpftem, rotem Landmodenjanker.
David verkörpert die Marihuanne. Zusammen mit seinem ehemaligen Studienkollegen Christoph Lambertz, dem Kiffael, hat er die Veranstaltung ins Leben gerufen:
"Der Antistadl ist eine Veranstaltung, wo junge Musiker in irgendeiner Weise traditionelle Musik verarbeiten. Kann sehr traditionell sein, darf aber auch sehr progressiv sein, darf Schlagzeug, Bass, von mir aus dürfen irgendwelche Beats dabei sein, darf Rap drin sein, sonst was. Die Vorgabe ist: Da soll traditionelle Musik verarbeitet werden."
Die Entstehungsgeschichte dazu hat durchaus rebellische Züge:
"Wir haben damals Enthnomusikologie studiert und traditionelle Musik gemacht. Da kam der Karl Moik mit dem Musikantenstadl in die Stadt und wir haben gesagt: Nein, wir dürfen die Stadt nicht kampflos überlassen, wir müssen jungen Menschen zeigen, da ist noch was anderes. Und dann haben wir damals die Idee gehabt, okay, wir machen einen Antistadl. Und dann sind wir zum Morphclub gegangen, so dem angesagtesten Studentenclub in Bamberg, wo sonst nur Punk, Techno, Elektro und solche Sachen damals liefen und der Betreiber war so mutig, vielleicht auch so offen und hat gesagt, jawohl, das machen wir."
Zum zehnten Geburtstag des Antistadls versammeln sich im Morph Club in Bamberg Bands mit wenig volksmusiknahen Namen: Den Anfang machen die "Kapelle Rohrfrei" und "Boxgalopp". Auf diese Band folgt die niederrheinische Kombo "Schäng Blasuis Flönz Rakete".
Zu diesem Zeitpunkt kocht es bereits im Morphclub. Es gilt das Motto: Volksmusik ist Anarchie. Gut 300 Menschen haben sich in dem kleinen Kellerklub versammelt: Die ältesten sind an die 70, die jüngsten um die 18. Jeans neben Dirndlrock, tätowierter Rücken neben Hemd. Eine feste Tanzrichtung gibt es nicht: Es wird geschunkelt, im Paar gedreht, die Hüften geschwungen, gesprungen - einer versucht sich sogar an Hip-Hop-Bewegungen.
Die bunte Mischung wird noch verstärkt, als sich zu "Schäng Blasius Flönz Rakete" die Mitglieder der "Kapelle Rohrfrei" gesellen – das fränkisch-niederrheinische Freundschaftsprojekt nennt sich "Blunz'n'Flönz" – das bedeutet eigentlich:
"Das ist Blutwurst auf beiden Seiten, aber dann natürlich mit den Rock'n'Roll-Vorzeichen auf beiden Seiten verbunden."
Sagt Winfried Kappes, er ist Geiger von "Schäng Blasius Flönz Rakete". Genau wie sein Brunder Shilo. Für den ist Volksmusik, wie auch für den Rest der Künstler an diesem Abend, kein negativer Begriff:
"Schaun wir mal auf das, was in Deutschland passiert, oder auch hier im Antistadl, da passiert einiges. Und warum nicht wieder rückbesinnen auf die bekannten Wurzeln, die alten Wurzeln. Einfach mal nachgucken, was hat Oma und Opa, was hat die damals musikalisch interessiert und kann das nicht genauso spannend sein für die Leute von heute."
Im Antistadl sollen bewusst die verschiedenen Musikkulturen aufeinandertreffen, so Veranstalter David Saam:
"Weil Volksmusik nicht nur Rock'n'Roll ist, sondern auch Liebe, wenn wir über Volksmusik in Deutschland oder in Franken sprechen, dann leben da nicht nur Leute, die seit 500 Jahren in Franken leben oder fränkisch sprechen, sondern da sind auch andere Kulturen inzwischen."
Dazu passt auch die letzte Band des Band des Abends: Die Ziehgäuner. Fünf Jungs aus dem Bayerischen Wald und aus Oberösterreich. Jetzt schunkelt keiner mehr, jetzt wird gepoged und wild gesprungen.
Volksmusik muss eben nicht so oder so sein. Die einzige Definition, auf die sich alle an diesem Abend einigen können ist: Sie wird vom Volk gehört. Und von allen hier gespielt, sagt Winfried Kappes:
"Wir wollen uns diesen Begriff zurückerobern. Er hat nichts im Stadl zu suchen, sondern ist von der volkstümlichen Musik okkupiert worden. Wir sind jetzt auf dem besten Wege, diesen Begriff wieder positiv zu besetzen. Es wird sich zeigen, was im Gedächtnis der Bevölkerung bleibt, der Antistadl oder eben, wie hieß noch mal die Sendung ... ich weiß es nicht mehr."
Und am Ende dieses Abends steht es gefühlt: 1 zu 0 für den Antistadl.
Informationen:
www.antistadl.de
Keine Angst, auch wenn es so klingt: Das hier ist nicht der Musikantenstadl. Das hier ist der Antistadl – der Protest aus Bamberg gegen die volkstümliche Weichspülmusik im echten Stadl – und die beiden Moderatoren Marihuanne und Kiffael – eine Parodie auf ein bekanntes Duo aus der volkstümlichen Musik. Sie führen jetzt schon im zehnten Jahr durch den Antistadl – mit gelbem Dirndl, angeklebten Zöpfen, blauer Sonnenbrille und falsch geknöpftem, rotem Landmodenjanker.
David verkörpert die Marihuanne. Zusammen mit seinem ehemaligen Studienkollegen Christoph Lambertz, dem Kiffael, hat er die Veranstaltung ins Leben gerufen:
"Der Antistadl ist eine Veranstaltung, wo junge Musiker in irgendeiner Weise traditionelle Musik verarbeiten. Kann sehr traditionell sein, darf aber auch sehr progressiv sein, darf Schlagzeug, Bass, von mir aus dürfen irgendwelche Beats dabei sein, darf Rap drin sein, sonst was. Die Vorgabe ist: Da soll traditionelle Musik verarbeitet werden."
Die Entstehungsgeschichte dazu hat durchaus rebellische Züge:
"Wir haben damals Enthnomusikologie studiert und traditionelle Musik gemacht. Da kam der Karl Moik mit dem Musikantenstadl in die Stadt und wir haben gesagt: Nein, wir dürfen die Stadt nicht kampflos überlassen, wir müssen jungen Menschen zeigen, da ist noch was anderes. Und dann haben wir damals die Idee gehabt, okay, wir machen einen Antistadl. Und dann sind wir zum Morphclub gegangen, so dem angesagtesten Studentenclub in Bamberg, wo sonst nur Punk, Techno, Elektro und solche Sachen damals liefen und der Betreiber war so mutig, vielleicht auch so offen und hat gesagt, jawohl, das machen wir."
Zum zehnten Geburtstag des Antistadls versammeln sich im Morph Club in Bamberg Bands mit wenig volksmusiknahen Namen: Den Anfang machen die "Kapelle Rohrfrei" und "Boxgalopp". Auf diese Band folgt die niederrheinische Kombo "Schäng Blasuis Flönz Rakete".
Zu diesem Zeitpunkt kocht es bereits im Morphclub. Es gilt das Motto: Volksmusik ist Anarchie. Gut 300 Menschen haben sich in dem kleinen Kellerklub versammelt: Die ältesten sind an die 70, die jüngsten um die 18. Jeans neben Dirndlrock, tätowierter Rücken neben Hemd. Eine feste Tanzrichtung gibt es nicht: Es wird geschunkelt, im Paar gedreht, die Hüften geschwungen, gesprungen - einer versucht sich sogar an Hip-Hop-Bewegungen.
Die bunte Mischung wird noch verstärkt, als sich zu "Schäng Blasius Flönz Rakete" die Mitglieder der "Kapelle Rohrfrei" gesellen – das fränkisch-niederrheinische Freundschaftsprojekt nennt sich "Blunz'n'Flönz" – das bedeutet eigentlich:
"Das ist Blutwurst auf beiden Seiten, aber dann natürlich mit den Rock'n'Roll-Vorzeichen auf beiden Seiten verbunden."
Sagt Winfried Kappes, er ist Geiger von "Schäng Blasius Flönz Rakete". Genau wie sein Brunder Shilo. Für den ist Volksmusik, wie auch für den Rest der Künstler an diesem Abend, kein negativer Begriff:
"Schaun wir mal auf das, was in Deutschland passiert, oder auch hier im Antistadl, da passiert einiges. Und warum nicht wieder rückbesinnen auf die bekannten Wurzeln, die alten Wurzeln. Einfach mal nachgucken, was hat Oma und Opa, was hat die damals musikalisch interessiert und kann das nicht genauso spannend sein für die Leute von heute."
Im Antistadl sollen bewusst die verschiedenen Musikkulturen aufeinandertreffen, so Veranstalter David Saam:
"Weil Volksmusik nicht nur Rock'n'Roll ist, sondern auch Liebe, wenn wir über Volksmusik in Deutschland oder in Franken sprechen, dann leben da nicht nur Leute, die seit 500 Jahren in Franken leben oder fränkisch sprechen, sondern da sind auch andere Kulturen inzwischen."
Dazu passt auch die letzte Band des Band des Abends: Die Ziehgäuner. Fünf Jungs aus dem Bayerischen Wald und aus Oberösterreich. Jetzt schunkelt keiner mehr, jetzt wird gepoged und wild gesprungen.
Volksmusik muss eben nicht so oder so sein. Die einzige Definition, auf die sich alle an diesem Abend einigen können ist: Sie wird vom Volk gehört. Und von allen hier gespielt, sagt Winfried Kappes:
"Wir wollen uns diesen Begriff zurückerobern. Er hat nichts im Stadl zu suchen, sondern ist von der volkstümlichen Musik okkupiert worden. Wir sind jetzt auf dem besten Wege, diesen Begriff wieder positiv zu besetzen. Es wird sich zeigen, was im Gedächtnis der Bevölkerung bleibt, der Antistadl oder eben, wie hieß noch mal die Sendung ... ich weiß es nicht mehr."
Und am Ende dieses Abends steht es gefühlt: 1 zu 0 für den Antistadl.
Informationen:
www.antistadl.de