Archiv


Anbautechniken und Saisonarbeitskräfte

Von Ende April bis zum 24. Juni ist wieder Saison für den Spargel. Die größten Anbauflächen in Deutschland liegen im Bundesland Niedersachsen gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Die Internationale Fachmesse für Spargel aber, die , findet in Bremen statt. Dort ging es am Wochenende unter anderem um neue Anbaumethoden, Konzepte zur besseren Vermarktung und um den Einsatz von Erntehelfern.

Von Folkert Lenz |
    Spargel bleibt in den Augen der Verbraucher ein Luxusprodukt. Kein Wunder, mussten Liebhaber des Edelgemüses in der vergangenen Saison doch deutlich tiefer in die Tasche greifen als gewohnt. Im Mai und Juni kostete ein Kilogramm Spargel fast 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Die schlechte Witterung war für eine magere Ernte verantwortlich. Was die Preise für die kommende Saison angeht, da möchten sich die Landwirte lieber nicht festlegen. Dietrich Paul von der Vereinigung der Spargelanbauer in Niedersachsen:
    "Wenn Sie mir sagen, wie das Wetter wird, dann sage ich Ihnen, wie die Saison wird. Sie sehen nicht, was sich da unten in der Erde abspielt, das ist unser Problem. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, wie groß die Ernte sein wird. Ich kann Ihnen im Nachhinein sagen, dass wir im letzten Jahr eine geringere Ernte hatten pro Hektar als im Jahr davor. Aber was 2007 ist, weiß ich nicht. "

    Noch machen die winterlichen Wetterkapriolen den Spargelbauern jedenfalls keine Sorgen. Schnee und Frost der vergangenen Tage, sie tun den weißen Stangen eher gut, so Paul:
    "Es ist ganz hervorragend mit dem Kälteeinbruch, dann spielt die Pflanze nicht verrückt. Wir haben eine Situation gehabt, wo die Pflanze an der Wurzel schon neun Grad gehabt hat. Und bei neun Grad fängt sie an, zu treiben. Also wir wollen doch nicht Anfang März schon Spargel ernten, wir wollen das nicht übertreiben. "

    Spätestens im Frühjahr aber stellt sich für die Bauern dann wieder die Frage: Wer holt den Spargel aus der Erde? Zum zweiten Mal hat das Arbeitsministerium die Landwirte dazu verdonnert, dass mindestens zehn Prozent ihrer Saisonarbeitskräfte deutsche Arbeitslose sein sollen. Das war auch schon im vergangenen Jahr so. Doch die Spargelbauern wollen lieber zuverlässige ausländische Erntehelfer, denn die Erfahrungen mit den deutschen Arbeitern seien desaströs gewesen, klagt Dietrich Paul:

    "Wenn der Deutsche Bauernverband der Bundesregierung ein Papier vorlegen kann, das beweist, dass hier enorme finanzielle Verluste entstanden sind, durch unsachgemäße Ernte und dass die Ernte, die überhaupt nicht durchgeführt worden ist, die in den zweistelligen Millionenbereich geht, dann müsste sich doch ein Politiker mal finden, der sagt: Irgendwas ist hier falsch. "

    Außerdem seien viele polnische Erntehelfer im vergangenen Jahr ausgeblieben und hätten zum Beispiel in England gearbeitet. Die Beschäftigung bei deutschen Bauern habe sich nicht mehr gelohnt, weil die Polen neuerdings Sozialabgaben zahlen müssen. Gerne würden die Landwirte Rumänen als Ersatz beschäftigen. Doch durch den EU-Beitritt Rumäniens stehen dem nun neue bürokratische Hürden im Weg. Insgeheim setzt mancher Landwirt darauf, dass die Liberalisierung des Arbeitsmarktes in der EU das Problem schon in wenigen Jahren aus der Welt schafft. Doch Rudolf Hempfling von der Arbeitsagentur Hannover warnt:
    "Ich halte das für eine ganz große Illusion. Denn Freizügigkeit heißt ja auch, dass die Leute - die Polen zum Beispiel - dann in allen Berufen arbeiten können. Und warum sie dann für 5,62 Euro in der Erntehilfe arbeiten sollen, wenn sie für 18 Euro vielleicht auf dem Bau oder sonst wo arbeiten könnten, das ist die große Frage. Das heißt, die Freizügigkeit kann erst das richtige Problem werden. "

    Es ist kein Zufall, dass die Arbeitsagentur auf der Interaspa-Messe in Bremen mit einem großen Stand vertreten ist. Denn das Verhältnis zwischen Beschäftigungsexperten und Landwirten ist seit Jahren unterkühlt. Die Spargelbauern haben keine Lust mehr, ihre Spargelhügel zum Experimentierfeld für Arbeitsmarktpolitiker machen zu lassen. Kein Wunder also, dass die Betroffenen auch darüber nachdenken, wie die Ernte mit weniger Manpower funktioniert. Hilfe finden sie zum Beispiel bei Thomas Hermeler. An dem Messestand des westfälischen Maschinenbauers ist ein feuerrotes Ungetüm mit dem Namen Wisent zu bestaunen. Mit dem Gerät funktioniert das Spargelstechen auch ohne mühseliges Bücken:

    "Der Vollernter ist so aufgebaut, dass er den Spargel im Boden abschneidet, über dem Pflanzenkopf. Und er wird dann herausgehoben und von der Ernte getrennt. Die Leute auf der Maschine brauchen nachher nur noch den Spargel herunter zu nehmen und in Kisten einzulegen. "

    Doch solch eine Maschine kostet mehrere zehntausend Euro. Eine zu große Investition für manchen Hof. Denn viele Betriebe kämpfen nach Branchenangaben ums Überleben - vielleicht auch eine Folge davon, dass die Anbaufläche für Spargel in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren um mehr als ein Drittel gewachsen ist.