Dienstag, 16. April 2024


And the winner is... Die lyrix-Preisträger 2011!!!

Der bundesweite Schülerlyrikwettbewerb lyrix kürt die besten Nachwuchsdichter 2011. Damit zeichnet der Wettbewerb des Deutschlandfunks zum vierten Mal in Folge junge Lyrik-Talente aus. Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland haben sich 2011 am Wettbewerb beteiligt und Gedichte eingeschickt.

23.03.2012
    Dreizehn von ihnen kommen im Juni zu einer Schreibwerkstatt im Literarischen Colloquium Berlin zusammen. Ziel des lyrix-Projektes ist es, das kreative Schreiben und den Dialog zwischen Nachwuchstalenten zu fördern. Als Preis erwartet die Jahresgewinner ein gemeinsamer Berlinaufenthalt mit Schreibwerkstatt und Preisverleihung im Juni 2012. Die Preisverleihung findet am Freitag, 8. Juni 2012, auf der Jugendmesse YOU statt.

    Mit zahlreichen bundesweiten Schreibwerkstätten hat sich lyrix nicht nur in Sachen Schreibförderung mittlerweile als bedeutsamer Literaturwettbewerb etabliert. Regelmäßig stellen die lyrix-Nachwuchsdichter bei Lesungen ihr Können unter Beweis. Auch in diesem Jahr haben lyrix-Preisträger auf der Leipziger Buchmesse gelesen.

    Besonders bedanken möchten wir uns aber bei allen Teilnehmern, die uns Monat für Monat ihre Gedichte schicken. Eure Texte sind wirklich beeindruckend und es ist schön zu sehen, dass Lyrik Schülern Spaß macht. Weiter so! Denn auch im aktuellen Wettbewerbsjahr 2012 seid Ihr aufgerufen, uns Gedichte zu schicken. Zu gewinnen gibt es für die Jahresgewinner dann wieder eine Berlinreise mit Schreibwerkstatt!


    Ein herzlicher Dank geht an die lyrix-Jury, die sich zusammensetzt aus:
    den Lyrikern Uljana Wolf und Norbert Hummelt, dem Hauptabteilungsleiter Kultur des Deutschlandfunks, Dr. Matthias Sträßner, dem Verleger Manfred Metzner (Verlag Das Wunderhorn), dem Geschäftsleiter des Literarischen Colloquiums Berlin, Dr. Ulrich Janetzki, sowie Malte Blümke für den Deutschen Philologenverband.

    In diesem Jahr haben besonders viele Gedichte die Jury nachhaltig beeindruckt. So kam es am Ende zu einem Punktegleichstand zwischen mehreren Texten. Aufgrund dieser gleichen Jurywertungen können wir daher abweichend dreizehn Preisträgern statt wie vorgesehenen zwölf gratulieren.

    Wollen Sie auch gratulieren? Diskutieren Sie mit uns auf Facebook und auf Google+!

    Die lyrix-Preisträger 2011 in alphabetischer Reihenfolge:


    Saskia Balser aus Ranstadt
    St. Lioba Schule, Jahrgangsstufe 11
    "lyrix"-Monat: November/Dezember
    Leitmotiv: im Schnee

    Vorbei

    Ein schmaler Pfad führt
    durch die Dünen
    nur Sand und Eis
    Schnee und Meer

    Tausend Edelsteine glitzern
    unter meinen Füßen
    und wie Glas zerbricht
    das Eis, Kristalle zerspringen

    Ich seh das Ende der Welt
    fühle das Ende der Zeit
    laufe soweit die Beine tragen
    höre endlich auf zu warten

    Vergesse mich, vergesse dich
    und versinke im Grund
    das Universum ist gebrochen
    ich tus ihm gleich




    Josefine Berkholz aus Berlin
    Romain-Rolland-Oberschule, Jahrgangsstufe 12
    "lyrix"-Monat: Juli/August
    Leitmotiv: Lebensräume - Drinnen und Draußen

    Hafengraffiti (Dual)

    Da ist ein Hafen
    Und da sind
    Füße und Segel und Söge
    Die ziehn mich und zögen noch ewig,
    das weiß ich, wenn ich nicht –
    halt.
    Da ist ein Hafen
    Da sind
    Taue und Tauben und Teer.
    Schlick ist und Luft und Geruch und
    Blei.
    Eintopf und Duft mit Graffiti und Straßenkreide
    Ich bleibe hier ewig
    Wenn ich nicht –
    geh.
    Renn. Das Wachs in den Venen wird kalt
    Wir müssen hier weg, wir müssen doch –
    Halt.
    Da bin ich.
    Was wär ich?
    Wenn ich nicht –
    Wehr' ich mich?
    geh!
    halt.
    Gib halt.
    Lauf weiter, veranker mich, geh.
    renn los und bleib stehen.
    Vergeh nicht.
    Bleib ewig.
    Verweh mich.
    Ich sehne mich
    Sehe mich
    Und da ist ein Hafen.
    Was werde ich?




    Bettina Diller aus Kranzberg
    Berufsschule für Informationstechnik München, Jahrgangsstufe 10
    "lyrix"-Monat: Jului/August
    Leitmotiv: Lebensräume - Drinnen und Draußen


    Das Glasfenster
    oh wie trügerisch
    der Anblick in die weite Ferne
    grüne Bäume, hohe Felsen
    du über ihnen
    stehend auf Glas
    rundherum Glas
    unter dir, in die Tiefe
    etliche Schichten von glasklarem
    Glas
    aber kein Grashalm ist mehr zu sehen
    keine Bewegung -
    sonst machst du was kaputt
    keine Berührung -
    sonst machst du etwas dreckig
    kannst du es nicht genießen? den schönen Ausblick,
    das unbeschwerte Atmen - nirgendwo ist ja ein
    Windhauch
    die Ruhe wegen der Stille
    und die Aufmerksamkeit von allen, weil sie
    darauf warten, was du machst
    es sind die, die noch Farbe haben
    und deswegen nicht zu Glas wurden
    sie spielen dir den Ball zu
    ein echter Ball
    schwarz und weiß
    aus echtem Leder
    schön zu spielen, hart im Schuss
    annehmen kannst du ihn
    schieße ihn, zerbreche das Glas
    laufe dem Ball hinterher
    lasse dich fallen
    vielleicht fängt der Baum dich auf.




    Johanna Fugmann aus Memmelsdorf
    Dientzenhofer-Gymnasium Bamberg, Jahrgangsstufe 9
    "lyrix"-Monat: März/April
    Leitmotiv: Es ist alles eitel

    Entrostungsmittel und Ordnung

    Der rostige Wasserhahn im Garten.
    er war perfekt.
    eigen und störrisch und unzuverlässig.
    aber perfekt.
    perfekt und liebenswert.
    Wir wuschen unsere matschigen Räuberhände unter ihm
    und ließen feuchte Erde als Souvenir.
    machten rot zu braun
    und ließen ihn Wasser und Lachen husten.
    Der alte Spermüllhaufen hinterm Haus.
    er war perfekt.
    chaotisch und kantig und aggressiv.
    aber perfekt.
    perfekt und liebenswert.
    Wir ließen ihn Kulisse für Ritterspiele sein
    und formten ihn zu Höhlen und Schlössern.
    spannten Decken zwischen ihn und den Himmel
    und ließen ihn Zeuge von Mord- und Liebesszenen werden.
    Und dann kam jemand mit Entrostungsmittel und Ordnung
    lies unser Lachen recyclen und verschenkte unsere Geschichten.
    zuverlässigkeit statt Dreck und Platz statt Kreativität.
    Er nahm uns das Leuchten weg an das wir uns klammerten.
    Und das Lachen.
    Und das Strahlen in den Augen.
    tauschte unsere Kindheit gegen Sauberkeit




    Sophie Garbe aus Tübingen
    Uhland-Gymnasium, Jahrgangsstufe 12
    "lyrix"-Monat: Mai/Juni
    Leitmotiv: Natur gestern und heute

    Stadtparksommer

    in den stamm der alten eiche ritzten wir lügen und verankerten sie tief im wurzelwerk als der sommer sich in in unsere lider brannte seine grünen tage ins straßennetz schickte

    wir leckten die strahlen von einander ab bis wir ausgehöhlt in den windmeeren trieben ließen uns von grasgrillenmelodien tragen die selbst das alltagsrauschen ausblendeten

    schattenspiele sprenkelten deine helle haut jagten ihre muster von deinem mundwinkel bis zu meinen prickelnden fingerkuppen und gruben sich tief in meine fersenwege hinein

    die stunden in diesem hibiskusrausch
    ließen uns wohl glauben wir wären
    winterlos




    Christiane Heidrich aus Vaihingen/Enz
    Friedrich-Abel-Gymnasium, Jahrgangsstufe 11
    "lyrix"-Monat: September/Oktober
    Leitmotiv: Unsterbliche Liebe

    pathos

    wir lassen melodieballons in die finsternis steigen
    sitzen singend am abgrund und riechen das ende

    wir waren nie furchtloser und schöner als jetzt
    denn du siehst in meinen augen zwei welten

    und in meiner pupille den nächsten kontinent
    auf den wir entkommen wenn alles verglimmt

    unsere figuren sind nur alternde hülsen die
    in überhitzten städten und auf leblosen fernstraßen

    liebe suchen : um sich unsterblich zu machen
    um nicht wie klang im lärm zu zerplatzen

    nimmst du mich an der hand und wir laufen
    gegen den fluchtstrom direkt ins inferno

    wo wir endlich zusammenschmelzen
    und uns jede ewigkeit lebendiger macht




    Larissa Hieber aus Schwäbisch Gmünd
    Hans-Baldung-Gymnasium, Jahrgangsstufe 12
    "lyrix"-Monat: Mai/Juni
    Leitmotiv: Natur gestern und heute

    Erste Liebe

    Mohnfelder im Gegenlicht.
    Chromatik der Dämmerung.
    Zitternde Wörter
    im Sommerwind.
    Pusteblumensamen
    zwischen den Zähnen.
    Ab und zu
    synchroner Sternensturz
    am Firmament.
    Einen Herzschlag lang, Zögern.

    Die Lippen finden sich
    im Lichterdecrescendo.




    Lena Marie Hinrichs aus Wentorf bei Hamburg
    Hansa-Gymnasium Hamburg-Bergedorf, Jahrgangsstufe 6
    "lyrix"-Monat: November/Dezember
    Leitmotiv: im Schnee

    Verlockender Schnee

    Ziehe mir meine Stiefel an
    Streife mir meine Winterjacke über
    Und gehe hinaus
    Vor mir
    Liegt eine weiße Welt
    Jetzt kommt die Sonne durch die Bäume hindurch
    Erwärmt die weiße Welt
    Jetzt glitzert der Schnee
    Ich gehe einen Schritt vorwärts
    Und sehe meinen glitzernden Fußabdruck
    Nun da alles mit Schnee bedeckt ist
    Sind die Bäume
    Nur noch wenig braun
    Die Blätter sind schon abgefallen
    Und jetzt stehe ich unter einem weißen Geäst
    Ich lege mich in den Schnee
    Und versinke in dem weißen, weichen Puder
    Der Schneeengel den ich gemacht habe
    Wird wieder von neuem Schnee verdeckt
    Ich will die weiße Welt nicht verlassen
    Doch ich gehe nach Hause
    Ziehe mir meine Stiefel aus
    Streife mir meine Winterjacke ab
    Und versinke in den weichen Kissen meines Bettes




    Roberta Huldisch aus Berlin
    Schiller-Gymnasium Berlin, Jahrgangsstufe 12
    "lyrix"-Monat: September/Oktober
    Leitmotiv: Unsterbliche Liebe

    Fossil

    Es ist kalt hier
    und zwischen uns
    rostet die Luft
    von Lunge zu
    Lungenflügel schlagen
    im Endlos-
    takt der Tropfsteinhöhle.
    Sperr das Licht aus die
    Sonne zersetzt uns
    nur das versteinerte
    für immer
    wird von unseren Zähnen fallen
    wie Staub.




    Jonas Kohnen aus Ludwigshafen
    Heinrich-Böll-Gymnasium Ludwigshafen, Jahrgangsstufe 13
    "lyrix"-Monat: Mai/Juni
    Leimotiv: Natur gestern und heute

    die natur des menschen

    die lunge der welt wird höchstbietend versteigert das kettensägenrasseln nicht ernst genommen

    solange die tulpen noch puls haben
    und duften und leuchten
    will ich strahlen
    manchmal erfasse
    ich flakongeruch zwischen ihnen

    solange sich noch regenbögen
    zwischen den verrußten schloten spannen
    will ich staunen
    manchmal habe
    ich angst sie zerbrechen einfach

    solange die evolution
    nicht ihr ganzes buntes federkleid verliert will ich hoffen manchmal sehe ich uns schon als nackte vögel

    und der himmel in den wir fliegen
    flammt auf




    Anna Neocleous aus Rietberg
    Gymnasium Nepomucenum Rietberg, Jahrgangsstufe 13
    "lyrix"-Monat: Januar/Februar
    Leitmotiv: Alles über den Künstler

    An der Straßenecke

    Der Mann an der Straßenecke.
    Du hast ihm einen Mitleidseuro
    In sein Leben geschmissen
    Und nicht verstanden,
    Dass er dich
    Angelächelt hat.
    Der Alte an der Straßenecke.
    Du hast im Vorbeigehen
    Den Kopf geschüttelt
    Und nicht verstanden,
    Dass er sich von da unten
    Die Schönheit der Welt ansieht.
    Der Penner an der Straßenecke.
    Du hast sein Fleckchen Welt
    Mit Blicken beschmiert
    Und nicht verstanden,
    Dass er dort
    Alltagswunder aufbewahrt.
    Der Künstler an der Straßenecke.
    Du hast ihn mit Gedanken
    Bespuckt
    Und nichts verstanden.




    Maren Ochs aus Öhringen
    Hohenlohe-Gymnasium Öhringen, Jahrgangsstufe 13
    "lyrix"-Monat: März/April
    Leitmotiv: Es ist alles eitel

    Dorfdisko

    Schwer liegt um uns die unsichtbare Schlinge
    des leeren Lärms. Mein Brustbein pocht im Takt.
    Du lachst, ich schaue weg. Drei Silberringe
    durchbohren weißes Fleisch. Du trägst es nackt.

    Die Nacht will deine Engelsflügel spreiten,
    doch stolperst du und fällst. Dein Blick bleibt starr.
    Mein Ich verhandelt sorgsam Eitelkeiten
    und Schatten stellen Schreckfiguren dar.

    Ich spreche zynisch, doch meist unverständlich,
    erweise mich als müder Misanthrop,
    der lieben will. Noch scheint die Zeit unendlich.
    Durch dumpfes Schwarz blitzt scharf ein Stroboskop.

    Du beugst dich vor und beugst dich immer weiter
    zu mir. Flüchtiger Kuss: entschämtes Glück
    der Zweisamkeit. Auf meinen Lippen bleibt der
    Geschmack von Salz und Alkohol zurück.




    Benita Salomon aus Schriesheim
    Kurpfalzgymnasium Schriesheim, Jahrgangsstufe 12
    "lyrix"-Monat: November/Dezember
    Leitmotiv: im Schnee

    Wintersucht

    ich greife immer wieder nach
    schneeengelzeichen wenn die
    luft schweigsam eingehüllt ihr winter-
    lied summt und kälte in groß-
    buchstaben an die berge
    projiziert und mir sanft lebkuchen-
    duft auf die lippen küsst

    sei mein zimtsternwintertee
    wenn schneespurengeflüster
    verführerisch an die fenster klopft
    aber du fehlst du fällst du
    wickelst mich in eine decke
    aus schnee wiegst meine fantasie
    in sonnenstaub nur kurz
    noch kurz bis ich glasstarr
    und eisklar meine arme
    um schneeengel werfe