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Anderes Temperaturempfinden
Erdhörnchen: Kalt? Uns doch egal!

Während des Winterschlafs können Erdhörnchen und Goldhamster ihre Körpertemperatur von 37 auf zwei bis vier Grad Celsius absenken und diese niedrige Temperatur bis zu acht Monate aushalten. Amerikanische Forscher wollten herausfinden, warum die Tiere von Eis und Schnee unbeeindruckt mehrere Monate verschlafen können.

Von Magdalena Schmude | 22.12.2017
    Ein gestreiftes Erdhörnchen in einem Nest
    Ein gestreiftes Erdhörnchen: Die Tiere können ihre Körpertemperatur während des Winterschlafs von 37 Grad auf zwei bis vier Grad absenken. (Yale University / Elena Gracheva)
    Elena Gracheva interessiert sich schon länger dafür, wie Tiere Wärme und Kälte wahrnehmen. Dafür arbeiten die Forscherin und ihr Team an der amerikanischen Yale University mit eher ungewöhnlichen Studienobjekten: Erdhörnchen (*) und Goldhamstern.
    "Diese Tiere sind in vieler Hinsicht besonders. Sie können zum Beispiel während des Winterschlafs ihre Körpertemperatur von 37 Grad auf zwei bis vier Grad Celsius absenken und diese niedrige Temperatur bis zu acht Monate aushalten. Wenn man dagegen uns in einen kalten Raum oder im Winter ins Freie stellt, fangen wir direkt an zu frieren und unser Nervensystem befiehlt dem Körper sofort, sich irgendwie aufzuwärmen."
    Zwei beheizbare Metallplatten als Sitzplatz
    Bei den Winterschläfern fehlt dieses biologische Warnsignal. Und das ist der Grund, warum sie überhaupt auf diese Weise überwintern können, denn der Kältealarm würde sie sonst ständig aus dem Schlaf reißen. Elena Gracheva und ihr Team wollten genauer verstehen, wie sich die Kältewahrnehmung der Tiere von der anderer Nager wie etwa Mäusen unterschiedet. Dazu untersuchten sie zunächst, wie Erdhörnchen und Goldhamster im wachen Zustand auf Kälte reagieren. Sie boten den Tieren zwei beheizbare Metallplatten als Sitzplatz an. Eine Platte hatte konstant kuschelige 30 Grad, die andere kühlten die Forscher immer weiter ab. Dabei beobachteten sie, wann den Tieren die Kälte unangenehm wurde und sie von der kälteren Platte auf die wärmere wechselten.
    "Mäuse meiden die kühlere Platte schon, wenn sie kälter als 20 Grad Celsius ist. Die Erdhörnchen blieben dagegen sitzen, bis die Platte unter zehn Grad abgekühlt war und selbst dann mieden sie die kältere Platte nicht komplett. Eine Maus würde schon zehn Grad nicht aushalten."
    Neuronen reagierten schwächer auf Kälte
    Auch Goldhamster lassen sich von Temperaturen bis 10 Grad nicht aus der Ruhe bringen. Sogar wenn die Platte auf null Grad abgekühlt wurde, hielten sich die Winterschläfer noch teilweise darauf auf. Es schien, als ob sie die Kälte schlicht nicht bemerkten. Als nächstes untersuchten Elena Gorcheva und ihr Team deshalb die Nervenzellen der Tiere, die für die Temperaturwahrnehmung zuständig sind
    "Wir entdeckten, dass die entsprechenden Neuronen von Erdhörnchen und Goldhamstern viel schwächer auf Kälte reagieren als die von Mäusen. Deshalb haben wir uns anschließend auch die Kältesensoren auf den Nervenzellen genauer angeschaut. Sie funktionieren zwar prinzipiell genauso, sind aber deutlich weniger empfindlich. Wir konnten zeigen, dass das an einer Veränderung in ihrem Aufbau liegt. Bei Erdhörnchen und Goldhamstern sind jeweils sechs Eiweißbausteine in einem zentralen Bereich der Sensoren ausgetauscht. Das macht sie kältetolerant und hilft den Tieren wahrscheinlich dabei, in den Winterschlaf zu fallen und zu überleben, obwohl sie eigentlich äußerlich und innerlich unterkühlt sind."
    Übertrugen die Forscher diese Veränderungen mittels Gentechnik auf die Kältesensoren von Mäusen, wurden auch diese kälteunempfindlich. Das zeigt Elena Gracheva, dass sie und ihr Team auf der richtigen Spur sind, um die besonderen Tricks der Winterschläfer zu verstehen.
    (*) Anmerkung der Redaktion: In einer ursprünglichen Fassung war irrtümlich von Erdmännchen die Rede. Auch der Beitrag war entsprechend falsch bebildert.