Karin Fischer: Am Sonntag wurde der Dortmunder Ring mit dem Rheingold eröffnet. Frage an Thomas Voigt, haben Sie konzeptionell irgendwas von dem hier zitierten wiederfinden können?
Thomas Voigt: Naja, den neuen Aufbruch kann man natürlich erst viel später beurteilen, wenn man den ganzen Ring gesehen hat. Beim Rheingold geht es ja erstmal um den Beginn der Katastrophe, nämlich dass jemand die Liebe verflucht, um an die Macht zu kommen. Und damit geht ja dieses ganze Welttheater los. Das hat Christine Mielitz gekonnt inszeniert. Sie hat Respekt vor dem Werk, sie kennt das Werk in allen kleinsten Nuancen. Das merkt man ganz klar. Aber mir kam es so vor, als wollte sie mit ihrer Dortmunder Inszenierung zeigen, was das Haus leisten kann, vor allen Dingen auch, was die Technik leisten kann. Da geht es also doch sehr oft rauf und runter mit den Hebelbühnen, da dreht sich das Karussell, viel öfter als notwendig ist. Da wird der Rhein auf unterschiedlichste Art und Weise symbolisiert. Es gibt keine drei Rheintöchter, sondern gleich neun. Obwohl die drei vorzeigbar sind, also schlank sind und nicht durch Balletttänzerinnen gedoubelt werden müssen. Am Schluss, wenn der Loge die Rheintöchter verhöhnt, hätte man doch sehr gerne gesehen, was sich in den Gesichtern abspielt und nicht irgendein Vorhang davor zu klemmen, wo man dann amerikanische Hochhäuser sieht. Dann sieht man in einem Zwischenvorhang Dresden. Also, es ist alles ein bisschen zu viel. Weniger wäre mehr gewesen.
Fischer: Da werden also richtige große Bühnenschlachten geschlagen. Was wollte sie mit all dem sagen?
Voigt: Ich habe den Eindruck, dass sie einfach zu viele Ideen hatte für diese zweieinhalb Stunden Stück und dass sie sich vielleicht nicht ganz so reduzieren konnte, wie sie es vielleicht mal beabsichtigt hatte. Aber auf der anderen Seite hat sie gezeigt, dass das deutsche Stadttheatersystem wirklich überlebensfähig ist und dass inmitten einer Depression - von wegen alles hat kein Geld mehr, die Theater gehen kaputt und sterben und so weiter. Das waren alles Debütanten, alles Leute, die zum ersten Mal ihre Rollen gesungen haben. Man verstand fast jedes Wort, was ich bemerkenswert finde bei einem deutschen Stück, das muss man heute schon sagen. Und es waren großartige Sänger auf der Bühne, zum Beispiel Wolfgang Koch als Wotan, Hannes Brock als Loge, Steven Owen als Alberich und es gab für mich eine Entdeckung, Milena Kotlyar als Erda.
Fischer: Sie haben die jungen Sängerinnen und Sänger erwähnt und die Tatsache, dass es keinerlei große Namen gab. War die Leistung des Orchesters dementsprechend?
Voigt: Nicht ganz, muss man sagen. Natürlich hat man da auch ein bisschen den Vergleich gehabt zu dem Ring des Dortmunder Konzerthauses, der ja nicht allzu lange her ist und wo Hans Wallert dirigiert hat. Und da hat man schon gemerkt, dass der eine andere Erfahrung mit dem Stück hat, als jetzt Arthur Fagen, der das vorgestern in Dortmund dirigiert hat. Das war so, dass man das auf jeden Fall vorzeigen konnte, anhören konnte. Aber so die letzte Differenzierung zum Text, die hat mir da gefehlt. Zum Beispiel haben bestimmte Sänger - auch wieder Hannes Brock als Loge - da solche Nuancen gebracht, die den Text bis ins letzte ausgelotet haben und das Orchester kommentiert das ja. Und diese Kommentare hätte ich mir pointierter, differenzierter, nuancierter gewünscht, dass das Kammerspiel noch mehr zu seinem Recht gekommen wäre.
Fischer: Herzlichen Dank an Thomas Voigt, er sah für uns die Premiere des Rheingold in Christine Mielitz Ringinszenierung für Dortmund.
Thomas Voigt: Naja, den neuen Aufbruch kann man natürlich erst viel später beurteilen, wenn man den ganzen Ring gesehen hat. Beim Rheingold geht es ja erstmal um den Beginn der Katastrophe, nämlich dass jemand die Liebe verflucht, um an die Macht zu kommen. Und damit geht ja dieses ganze Welttheater los. Das hat Christine Mielitz gekonnt inszeniert. Sie hat Respekt vor dem Werk, sie kennt das Werk in allen kleinsten Nuancen. Das merkt man ganz klar. Aber mir kam es so vor, als wollte sie mit ihrer Dortmunder Inszenierung zeigen, was das Haus leisten kann, vor allen Dingen auch, was die Technik leisten kann. Da geht es also doch sehr oft rauf und runter mit den Hebelbühnen, da dreht sich das Karussell, viel öfter als notwendig ist. Da wird der Rhein auf unterschiedlichste Art und Weise symbolisiert. Es gibt keine drei Rheintöchter, sondern gleich neun. Obwohl die drei vorzeigbar sind, also schlank sind und nicht durch Balletttänzerinnen gedoubelt werden müssen. Am Schluss, wenn der Loge die Rheintöchter verhöhnt, hätte man doch sehr gerne gesehen, was sich in den Gesichtern abspielt und nicht irgendein Vorhang davor zu klemmen, wo man dann amerikanische Hochhäuser sieht. Dann sieht man in einem Zwischenvorhang Dresden. Also, es ist alles ein bisschen zu viel. Weniger wäre mehr gewesen.
Fischer: Da werden also richtige große Bühnenschlachten geschlagen. Was wollte sie mit all dem sagen?
Voigt: Ich habe den Eindruck, dass sie einfach zu viele Ideen hatte für diese zweieinhalb Stunden Stück und dass sie sich vielleicht nicht ganz so reduzieren konnte, wie sie es vielleicht mal beabsichtigt hatte. Aber auf der anderen Seite hat sie gezeigt, dass das deutsche Stadttheatersystem wirklich überlebensfähig ist und dass inmitten einer Depression - von wegen alles hat kein Geld mehr, die Theater gehen kaputt und sterben und so weiter. Das waren alles Debütanten, alles Leute, die zum ersten Mal ihre Rollen gesungen haben. Man verstand fast jedes Wort, was ich bemerkenswert finde bei einem deutschen Stück, das muss man heute schon sagen. Und es waren großartige Sänger auf der Bühne, zum Beispiel Wolfgang Koch als Wotan, Hannes Brock als Loge, Steven Owen als Alberich und es gab für mich eine Entdeckung, Milena Kotlyar als Erda.
Fischer: Sie haben die jungen Sängerinnen und Sänger erwähnt und die Tatsache, dass es keinerlei große Namen gab. War die Leistung des Orchesters dementsprechend?
Voigt: Nicht ganz, muss man sagen. Natürlich hat man da auch ein bisschen den Vergleich gehabt zu dem Ring des Dortmunder Konzerthauses, der ja nicht allzu lange her ist und wo Hans Wallert dirigiert hat. Und da hat man schon gemerkt, dass der eine andere Erfahrung mit dem Stück hat, als jetzt Arthur Fagen, der das vorgestern in Dortmund dirigiert hat. Das war so, dass man das auf jeden Fall vorzeigen konnte, anhören konnte. Aber so die letzte Differenzierung zum Text, die hat mir da gefehlt. Zum Beispiel haben bestimmte Sänger - auch wieder Hannes Brock als Loge - da solche Nuancen gebracht, die den Text bis ins letzte ausgelotet haben und das Orchester kommentiert das ja. Und diese Kommentare hätte ich mir pointierter, differenzierter, nuancierter gewünscht, dass das Kammerspiel noch mehr zu seinem Recht gekommen wäre.
Fischer: Herzlichen Dank an Thomas Voigt, er sah für uns die Premiere des Rheingold in Christine Mielitz Ringinszenierung für Dortmund.