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Anfang vom Ende des Space-Shuttle-Programms

1. Februar 2003: Im NASA-Kontrollzentrum in Houston erwartet man die Landung der Columbia. Doch dann gibt es ein Problem. Wenig später bricht die Fähre auseinander. Ihre Bruchteile gehen als Trümmerregen über die Südstaaten nieder. Alle sieben Besatzungsmitglieder kommen ums Leben.

Von Frank Grotelüschen |
    1. Februar 2003, NASA-Kontrollzentrum in Houston/Texas, viertel vor Acht am Morgen. Konzentriert starren die Ingenieure auf ihre Bildschirme. Gerade tritt die Raumfähre Columbia in die Erdatmosphäre ein. In einer halben Stunde soll sie in Florida landen. Doch dann gibt es ein Problem.

    "I've just lost four separate temperature transducers on the left side of the vehicle, hydraulic return temperatures."

    Auf der linken Seite des Space Shuttle seien vier Temperatursensoren ausgefallen, meldet der Ingenieur. Dann ein weiteres Problem: Die Reifen der Columbia verlieren an Druck.

    "Columbia, Houston, we see your tire pressure messages and we did not copy your last.” "

    Die Besatzung der Raumfähre versucht zu antworten.

    ""Roger, bu...”"

    Der Funkspruch reißt ab. Es gibt keine Verbindung mehr.

    ""Columbia, Houston, UHF comm check.”"

    Verzweifelt versucht Houston Control, die Crew der Columbia zu erreichen – vergebens. Um 7:59 Uhr bricht die Fähre in 63 Kilometern Höhe über Texas auseinander. Minuten später gehen ihre Bruchteile als Trümmerregen über die Südstaaten nieder. Eine nationale Katastrophe.

    George Bush: ""The Columbia is lost. There are no survivors.”"

    Ein paar Stunden danach tritt Präsident George Bush vor die Kameras und zählt die Namen der verunglückten Crewmitglieder auf – sechs US-Astronauten und ein Oberst der israelischen Luftwaffe. Es ist nach dem Challenger-Unglück von 1986 der zweite Absturz eines Space Shuttle. Sofort kommen die Fragen: Wie konnte das passieren? Warum ist die Columbia beim Landeanflug auseinandergebrochen? Am nächsten Tag wagt NASA-Programmchef Ron Dittemore eine erste Diagnose:

    ""Auf der linken Seite des Shuttle war die Temperatur innerhalb von fünf Minuten um mehr als 30 Grad gestiegen, viermal so stark wie auf der rechten Seite. Womöglich ein Hinweis auf schadhafte Hitzeschutzkacheln, oder auf fehlende Kacheln. Aber sicher sind wir uns da noch nicht."

    Die Experten sind auf der richtigen Spur. Nur: Was hat die Kacheln so stark beschädigt, dass sie beim Wiedereintritt in die Atmosphäre, bei Temperaturen von nahezu 2000 Grad, versagten? Die entscheidende Panne, so vermuten die Fachleute schnell, dürfte schon beim Start der Columbia am 16. Januar passiert sein.

    81 Sekunden nach Abheben hatte sich ein koffergroßes Stück Isoliermaterial vom Treibstofftank gelöst und war gegen den linken Flügel geprallt. Zwar hatten das Kameras beobachtet. Doch die Verantwortlichen sahen keine Probleme für die Sicherheit des Raumschiffs. Eine Fehleinschätzung, das zeigen bald darauf Versuche an einem Shuttle-Modell, veranlasst von einer unabhängigen Untersuchungskommission.

    "Die Versuche wurden mit einem Flügelmodell durchgeführt, sie sollten zeigen, ob ein Stück harten Isolierschaums bei einer bestimmten Geschwindigkeit die Außenhaut des Flügels beschädigen kann."

    So Randy Avera, ehemaliger Ingenieur des Space-Shuttle-Programms. Das Ergebnis der Simulation:

    Randy Avera: "Es ist ein Riss mit einer Länge von 56 Zentimetern entstanden, der groß genug ist, um während des Wiedereintritts heißes Gas einströmen zu lassen."

    Im August 2003 legt Scott Hubbard für die Untersuchungskommission den Abschlussbericht vor. Das Resultat ist eindeutig.

    Scott Hubbard: "Der Schaum war es! Das abgebrochene Stück Isolierschaum hat einen Riss in die Vorderkante der linken Tragfläche geschlagen. Dieser Riss führte dann beim Wiedereintritt zur Zerstörung der Raumfähre und zum Verlust der Crew."

    Die NASA wird im Bericht heftig kritisiert. Kommissionsmitglied John Barry:

    "Die NASA sah sich mit unterschiedlichen Anforderungen konfrontiert: Kosten, Zeitplan und Sicherheit. Und unglücklicherweise hat auf vielen Gebieten die Sicherheit verloren."

    Der Unfall stürzt die NASA in eine tiefe Krise. 2004 kündigt George Bush das Ende des Shuttle-Programms an. Und der Präsident hält Wort: Am 21. Juli 2011 kehrt mit der Atlantis ein letztes Mal ein Space Shuttle zur Erde zurück.

    ""Nose gear touched down. The space shuttle pulls into port for the last time. Its voyage had an end.”"