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Angebliche Mail-Affäre der SPD
"Titanic" narrt "Bild"

Schon als "Bild" über die angebliche "Neue Schmutzkampagne bei der SPD" berichtete, musste die Zeitung viel Kritik einstecken: keine Beweise, zu dünn. Nun stellt sich heraus: Offenbar steckt das Satire-Magazin "Titanic" hinter der Geschichte.

Von Michael Borgers | 21.02.2018
    Das Bild eines Maskierten, der eine "Bild"-Zeitung in der Hand hält.
    So macht sich die "Titanic" online über ihren Fake gegen die "Bild" lustig (Titanic / Thomas Hindner)
    "Es geht um brisante Mails, den Juso-Chef und einen Mann namens Juri", schrieb "Bild" vergangenen Freitag in großen gelben Lettern auf ihrem Titel. Um auf Seite zwei die Geschichte eines "anonymen Informanten" zu beginnen, von dem man "brisante E-Mails" erhalten habe. Und jetzt reklamiert die "Titanic" für sich, die Geschichte ans Rollen gebracht zu haben: Der "anonyme Informant" sei Moritz Hürtgen, ein Redakteur der Zeitschrift.
    Die "Bild"-Zeitung sei einem Fake der "Titanic" aufgesessen, gab das das Satire-Magazin an diesem Mittwoch bekannt. Und beschreibt in "Titanic"-typischer Manier, wie man die Boulevard-Zeitung gefoppt habe: "Eine anonyme Mail, zwei, drei Anrufe – und 'Bild' druckt alles, was ihnen in die Agenda passt." Auf technischer Ebene habe es gereicht, eine Header-Datei aus der Mail eines SPD-Mitglieds zu kopieren, sagte Hürtgen im Deutschlandfunk.
    Als angeblichen Beweis bietet das Magazin den "brisanten E-Mailverkehr", auf den die "Bild" sich in ihrer Berichterstattung beruft, zum Download an. Darin tauscht sich ein angeblicher Juso-Chef Kevin Kühnert mit einem gewissen Juris darüber aus, unter welchen Konditionen eine Kampagne in sozialen Netzwerken gegen "Martin’s twitter account" möglich wäre, also mutmaßlich dem Twitter-Account von Ex-SPD-Chef Martin Schulz. Nur: Eben dieser Mailverkehr hat aber wohl so nie stattgefunden, ist eine Erfindung von "Titanic"-Redakteur Hürtgen. Er soll der "anonyme Informant" sein, der die Mails der Politikredaktion der "Bild" zugespielt hat.
    "Bild" verteidigt Berichterstattung
    Die Springer-Zeitung verteidigt ihren Umgang mit dem Material und die erfolgte Berichterstattung in einer Stellungnahme gegenüber @mediasres: "Die Echtheit der uns anonym zugestellten E-Mails haben wir immer deutlich in Frage gestellt und journalistisch eingeordnet".
    Tatsächlich hatte "Bild" ihren Bericht vom 16. Februar mit dem Hinweis beendet, "für die Echtheit der E-Mails gibt es keinen Hinweis". Doch bereits das hatte der Zeitung viel Kritik eingebracht. Die E-Mails, seien "ganz offenbar Fälschungen und stammen von irgendeinem Wichtigtuer", schrieb auf Twitter der "Bild"-kritische BILDblog. Das wisse auch "Bild", dennoch bringe sie diese "Schmutz-Kampagne".
    Noch am Montag hatte "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt die eigenen Recherchen verteidigt und via Twitter erklärt, die Mails seien "mit höchster Wahrscheinlichkeit über SPD-Server geschickt worden". Die Bekanntgabe der "Titanic" kommentierte er nun, "natürlich darf Satire so etwas, aber sie versucht sich hier zu profilieren, indem sie journalistische Arbeit bewusst zu diskreditieren versucht".
    "Auslöser unserer Berichterstattung war die Ankündigung der SPD, Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen", heißt es in der "Bild"-Stellungnahme. Man sei "gespannt, ob die SPD diese nun gegen Titanic richten wird".
    Von den Sozialdemokraten liegt noch keine Stellungnahme vor. Wohl aber von vielen anderen – wie Jusos-Chef Kevin Kühnert.
    Unter dem Hashtag #miomiogate bekommen die "Bild" und ihr Chef Julian Reichelt jede Menge Hohn und Spott ab.
    Die Wortschöpfung geht - natürlich - auf die "Titanic" zurück. Sie bezieht sich auf die Passage aus dem erfundenen Mailverkehr, in der Juri das Lieblingsgetränk von "J." habe benennen und richtig geantwortet habe: "Mio Mio Mate Ginger".