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Angelina Jolies Spielfilm "Unbroken"
Patriotischer amerikanischer Pathos

Angelina Jolie pflegt ihr Image als ambitionierte Menschenrechts-Aktivistin, Schauspielerin und Regisseurin. Da wäre, nach amerikanischen Maßstäben, ein Wechsel in die Politik allmählich fällig. Und genau das hat sie gestern in der BILD-Zeitung angekündigt. Das kann ja heiter werden, sagt dazu unser Rezensent Josef Schnelle, der Jolies neuen Film "Unbroken" gesehen hat.

Von Josef Schnelle | 10.01.2015
    US-Schauspielerin und Regisseurin Angelina Jolie lehnt mit geschlossenen Augen an der Schulter des 96 Jahre alten US-Athleten und Kriegshelden Louie Zamperini (undatierte Aufnahme). Der frühere olympische Langstreckenläufer ist die Inspiration für Jolies zweite Regiearbeit. "Unbroken".
    Regisseurin Angelina Jolie mit dem 96 Jahre alten US-Athleten und Kriegshelden Louie Zamperini, der sie zu ihrem neuen Film "Unbroken" inspirierte. (picture alliance / dpa / Universal Pictures)
    "Wie dunkel die Nacht oder trüb unsere Hoffnung auch ist. – "Feind auf vier Uhr, tief" – "Auf Finsternis folgt immer das Licht."
    Schön wär´s. Aber das behauptet nur die markige Stimme des Sprechers im Trailer zu "Unbroken". Das ist nach „In the Land of Blood and Honey" über den Bosnienkrieg die zweite Regiearbeit der populären Schauspielerin Angelina Jolie. Der Film erzählt die Lebensgeschichte von Louis Zamberini, einem amerikanischen Leichtathlethen und Weltkriegsteilnehmer.
    Die Amerikanerin Laura Hillenbrand hat Zamberinis Leben zu einer Bestsellerbiografie verarbeitet. In der Eingangsszene aus dem Zweiten Weltkrieg wird der Soldat Zamberini von japanischen Flugzeugen abgeschossen und muss dann 47 Tage in einem kleinen Schlauchboot im Pazifik überleben. Zeit für eine Rückblende. Louis Zamberini ist als 19jähriger amerikanischer Olympiaheld bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 unter den Augen Adolf Hitlers dabei gewesen. Der bewunderte die Leistung.
    Nicht etwa weil Zamberini seinen 5000- Meterlauf gewonnen hat,(er wurde achter) sondern weil er mit unbändiger Willenskraft die Schlussrunde in unerreichten 56 Sekunden gelaufen ist. Zamberini droht als Jugendlicher auf die schiefe Bahn abzugleiten bis sein Bruder Pete, der sein Lauftalent kennt, ihm das Glaubensbekenntnis des amerikanischen Traums einbläut: Du kannst alles erreichen was du nur willst, wenn du dich nur bemühst.
    "Trainiere, streng Dich mehr an als die anderen. Nur dann gewinnst Du. Halte durch, dann kommst Du durch. Du kannst das Lu. Du musst nur dran glauben. Pap tut es. Mam tut es und ich auch. Louis: Ein Moment des Schmerzes für ein Leben voller Ruhm."
    Bis hierhin ist der Film in Stil und Pathos eine Paraphrase des Oscar prämierten Films "Die Stunde des Siegers" von Hugh Hudson von 1981. Doch ausgerechnet sein Olympiaerfolg macht Louis wenig später das Leben schwer.
    Die aus dem Meer geretteten GIs werden postwendend in ein japanisches Gefangenenlager gesperrt.
    Dort muss sich Louis mit dem brutalen Aufseher Watanabe auseinandersetzen, der gerade auf den ruhmreichen Athleten besonders brutal eindrischt. „Die Brücke am Kwai" – David Leans Film-Klassiker mit Alec Guinness - lässt bis ins Detail der sadistischen Übergriffe des Lagerkommandanten hinein grüßen. Bei Angelina Jolie überwiegt jedoch noch mehr und in
    Quälender Weise der masochistische Opfergang der Hauptfigur. In einer Szene muss er sich von seinen Mitgefangenen ins Gesicht schlagen lassen und fordert sie dann noch auf noch härter zuzuschlagen.
    "Hier spricht euer Louie. Ich bin in einem Kriegsgefangenenlager in Tokio. Ich kann das nicht sagen, was da über Amerika steht ist nicht wahr." – "Dieser Mann muss Respekt lernen. Jeder Gefangene wird es ihm beibringen." – "Härter, härter, härter – Schlag zu!"
    Angelina Jolie wurde die Ehre gewährt, ihren Film im päpstlichen Filmclub für ausgewählte Prälaten zu zeigen und anschließend traf sie noch Papst Franziskus, der sich den mäßig aufregenden Actionfilm dann offenbar doch gespart hatte. Jolie hat tief in den Mustopf der amerikanischen Klischeekiste gegriffen.
    Der amerikanische Traum ist gut und protestantisch gerecht. Da können die japanischen Untermenschen wenig ausrichten bis endlich die US-Bomber kommen. Sie kreisen über der Stadt und künden von einer nahen Befreiung Tokios. Unbroken wirkt wie ein Film ohne Regisseur respektive Regisseurin, jedenfalls ist keine originäre Handschrift zu erkennen, auch wenn angeblich die renommierten Coen-Brüder noch das Drehbuch geschrieben haben. Auch von deren Stil spürt man nichts. Ein Film den man sich ruhig sparen kann, wenn man nicht vollkommen süchtig ist nach patriotischem amerikanischen Pathos.