Eine 80 000-Einwohner-Stadt am Rande des Ruhrgebiets. In einem Viertel mit Reihenhäusern, die in den letzten zwei Jahrzehnten überwiegend von jungen Familien gebaut wurden, wohnt Christian. Seinen richtigen Namen will er nicht nenne, denn seine Geschichte empfindet er immer noch als Makel. Wer in dieser Gegend aufwächst, hat der 19-Jährige vorher am Telefon erzählt, gelte eigentlich als gut behütet. Doch er selber empfindet die Ruhe seines Wohngebiets als trügerisch. Denn während seiner Schulzeit, als er die nahe gelegene Realschule besuchte, war der körperlich eher schmächtige Junge immer wieder den körperlichen Attacken seiner Mitschüler ausgesetzt. Zwei mal wurde er dabei sogar so stark malträtiert, dass er im Krankenhaus landete.
An Karneval hab ich jemandem aus Spaß Haarlack in die Haare gesprüht, und er dachte, es wäre wirklich Farbe gewesen, und daraufhin hat er mir dann wirklich den Arm gebrochen. Ich konnte dann auch nicht meine Deutschklausur mitschreiben am gleichen Tag und musste dann in ärztliche Behandlung gehen am gleichen Tag noch. Das andere Erlebnis war, dass ich von einem anderen Schülerkollegen niedergestreckt worden bin, weil ich ihn beschimpft habe, und bin dann mit dem Kopf auf den Boden geknallt worden und hab dann eine mittlere Gehirnerschütterung erlitten.
Trotz seiner körperlichen Unterlegenheit, erzählt Christian, habe er sich in seiner Klasse nicht etwa zurückgehalten, sondern immer wieder eingemischt, oft auch mit provozierenden Bemerkungen. Und in diesem Umfeld habe er die körperliche Gewalt in der Schule eigentlich als völlig normal empfunden, sagt der 19jährige im Rückblick.
Normal in dem Sinne, dass kein anderer darum Aufsehen erregt hat, sag ich mal, und da sich keiner drum geschert hat und es in dem Sinne schon normal war.
Besonders erschütternd: Auch die Lehrer, die den Ursachen solcher Gewaltexzesse eigentlich hätten auf den Grund gehen müssen, wurden nicht aktiv. Woher sein Armbruch oder die Gehirnerschütterung rührten, interessierte die Pädagogen ganz offensichtlich nicht. Gewalttätige Streitereien unter den Schülern blieben ihnen schlicht verborgen.
Die haben das eigentlich so gar nicht richtig mitbekommen. Ich bin dann halt ins Lehrerzimmer beordert worden und bin dann ins Krankenhaus überwiesen worden, aber so, dass es abnormal war, war es eigentlich nicht in der Schule. War ne Realschule, wo dann die untere Schicht war - untere Schicht in Anführungszeichen - aber ansonsten. Und die Lehrer haben nicht nachgefragt: Wie kommt denn so was? Nein, nein. Nicht. Überhaupt nicht.
Nicht nur Christians Peiniger blieben völlig unbehelligt, auch in anderen Fällen sei es nie zu einer Befragung oder gar Bestrafung derjenigen gekommen, die schwächere Schüler mit Gewalt terrorisierten, berichtet Christian. Dass unerlaubte Gewalt zum Schulalltag gehört, bestätigt auch sein Freund Matthias. Der hatte zwar eine andere Schule am Ort besucht, aber in dem städtischen Gymnasium habe es ebenfalls Gewaltausbrüche gegeben, wenn auch nicht so häufig wie an der benachbarten Realschule.
Ja, da kam jemand in die Klasse rein, hat aus irgendeinem Grund - ich weiß nicht warum - hat mit CS-Gas rumgesprüht, und einige haben dann angefangen zu husten, die Augen tränten, und eben zwei Mädels mussten ins Krankenhaus.
Immerhin: Der Schüler, der die Reizgas-Attacke ausgeführt hatte, wurde ermittelt und musste eine Klassenkonferenz über sich ergehen lassen. Vielleicht, weil er ein Gymnasiast war und kein Realschüler.
An Karneval hab ich jemandem aus Spaß Haarlack in die Haare gesprüht, und er dachte, es wäre wirklich Farbe gewesen, und daraufhin hat er mir dann wirklich den Arm gebrochen. Ich konnte dann auch nicht meine Deutschklausur mitschreiben am gleichen Tag und musste dann in ärztliche Behandlung gehen am gleichen Tag noch. Das andere Erlebnis war, dass ich von einem anderen Schülerkollegen niedergestreckt worden bin, weil ich ihn beschimpft habe, und bin dann mit dem Kopf auf den Boden geknallt worden und hab dann eine mittlere Gehirnerschütterung erlitten.
Trotz seiner körperlichen Unterlegenheit, erzählt Christian, habe er sich in seiner Klasse nicht etwa zurückgehalten, sondern immer wieder eingemischt, oft auch mit provozierenden Bemerkungen. Und in diesem Umfeld habe er die körperliche Gewalt in der Schule eigentlich als völlig normal empfunden, sagt der 19jährige im Rückblick.
Normal in dem Sinne, dass kein anderer darum Aufsehen erregt hat, sag ich mal, und da sich keiner drum geschert hat und es in dem Sinne schon normal war.
Besonders erschütternd: Auch die Lehrer, die den Ursachen solcher Gewaltexzesse eigentlich hätten auf den Grund gehen müssen, wurden nicht aktiv. Woher sein Armbruch oder die Gehirnerschütterung rührten, interessierte die Pädagogen ganz offensichtlich nicht. Gewalttätige Streitereien unter den Schülern blieben ihnen schlicht verborgen.
Die haben das eigentlich so gar nicht richtig mitbekommen. Ich bin dann halt ins Lehrerzimmer beordert worden und bin dann ins Krankenhaus überwiesen worden, aber so, dass es abnormal war, war es eigentlich nicht in der Schule. War ne Realschule, wo dann die untere Schicht war - untere Schicht in Anführungszeichen - aber ansonsten. Und die Lehrer haben nicht nachgefragt: Wie kommt denn so was? Nein, nein. Nicht. Überhaupt nicht.
Nicht nur Christians Peiniger blieben völlig unbehelligt, auch in anderen Fällen sei es nie zu einer Befragung oder gar Bestrafung derjenigen gekommen, die schwächere Schüler mit Gewalt terrorisierten, berichtet Christian. Dass unerlaubte Gewalt zum Schulalltag gehört, bestätigt auch sein Freund Matthias. Der hatte zwar eine andere Schule am Ort besucht, aber in dem städtischen Gymnasium habe es ebenfalls Gewaltausbrüche gegeben, wenn auch nicht so häufig wie an der benachbarten Realschule.
Ja, da kam jemand in die Klasse rein, hat aus irgendeinem Grund - ich weiß nicht warum - hat mit CS-Gas rumgesprüht, und einige haben dann angefangen zu husten, die Augen tränten, und eben zwei Mädels mussten ins Krankenhaus.
Immerhin: Der Schüler, der die Reizgas-Attacke ausgeführt hatte, wurde ermittelt und musste eine Klassenkonferenz über sich ergehen lassen. Vielleicht, weil er ein Gymnasiast war und kein Realschüler.