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Angst um die Rente

Weil die staatliche Rente nicht mehr für einen sorgenfreien Lebensabend ausreicht, haben viele Menschen in den vergangenen Jahren in eine private Altersvorsorge investiert. Doch angesichts von Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten und drohenden Bankenpleiten machen sich viele Sorgen um ihre Einlagen.

Von Michael Braun und Dorothee Holz | 13.02.2009
    2008 geht als eines der schlimmsten Börsenjahre in die Geschichte ein – wie das Jahr 2009 wird, wagt noch niemand vorherzusagen. Man hofft auf eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte. Die seit Mitte 2007 tobende Finanzkrise mit Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten weltweit von mehr als 40 Prozent hat die Menschen unruhig gemacht. Die wenigsten Bürger rechnen noch damit, dass sie ihren Lebensstandard im Alter halten können. Das zeigt eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Demnach machen sich 46 Prozent der erwerbstätigen Deutschen aufgrund der Finanzkrise und der aktuell schlechten Konjunktur mehr Sorgen um ihre gesetzliche Rente als vorher. Bei der privaten Altersvorsorge hat die Skepsis bei 25 Prozent zugenommen:

    "Ein bisschen Sorge mache ich mir natürlich schon, weil die zu erzielenden Renditen natürlich deutlich zurückgehen. Auch seriös kann man am Markt zurzeit kaum zwei, drei Prozent erzielen und das schlägt sich natürlich auch langfristig bei den Altersvorsorge-Produkten durch."

    "Also wenn ich das von meiner Hinsicht her sehe, wenn ich 65 bin, wird wahrscheinlich nicht mehr viel Rente für uns übrigbleiben – so habe ich das Gefühl."

    "Wir sind ja noch in relativ gesicherten Verhältnissen aufgewachsen, mit einem sicheren Arbeitsplatz, mit ner guten Lebens- und Rentenversicherung. Aber das, was wir uns vielleicht zusätzlich erwirtschaftet haben, was angelegt ist, da haben wir natürlich Einbußen."

    Die Deutsche Rentenversicherung Bund, die frühere Bundesversicherungsanstalt für Angestellte BFA, versucht zu beruhigen. Die Nachhaltigkeitsrücklage, werde "sicher, liquide und rentabel" angelegt, wobei der Sicherheit höchste Priorität zukomme.

    Der Schwachpunkt scheint dann also die zusätzliche private Vorsorge zu sein, die von der Regierung aber ausdrücklich gewünscht ist. Denn der Staat fördert seit einigen Jahren mit der Riester- und Rürup-Rente, Altersvorsorgemodelle, die wesentlich auf Aktien und Fonds, also auf kapitalgedeckte Systeme setzen. Auch Lebensversicherungen, die schon seit langem zur privaten Altersvorsorge gehören, sind von den Erschütterungen betroffen. Denn auch ihre Erträge hängen vom Wohl und Wehe der Finanzmärkte ab. Dennoch ist keine Panikstimmung auszumachen, meint Ralf-Joachim Götz, Marktbeobachter beim Finanzvertrieb Deutsche Vermögensberatung, der sich als Marktführer im privaten Altersvorsorgemarkt bezeichnet:

    "Natürlich ist es so, dass unsere Kunden auch diesbezüglich irritiert sind, wie stark die Finanzkrise in den Medien und überall auch diskutiert wird. Aber viele unserer Kunden spüren das selbst noch gar nicht. Viele Menschen spüren eher, dass sie im letzten Jahr relativ hohe Lohnabschlüsse hatten, es haben sich die Energiepreise auch etwas verbilligt, die gefühlte Kaufkraft ist stärker. Also die Stimmung bei vielen Menschen ist gar nicht so, wie tatsächlich die Auswirkungen sein müssten. Sondern viele Kunden fühlen sich relativ gut in der jetzigen Situation noch."

    Ganz täuschen diese Gefühle nicht. Professor Axel Börsch-Supan Leiter des Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und Demographischer Wandel, ist einer der führenden Rentenpäpste in Deutschland. Er glaubt nicht an eine Krise der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, aber er hat Verständnis für die Sorgen der Menschen:

    "Das geht den Menschen natürlich jetzt durch den Kopf. Allerdings ist vieles von dieser Sorge unbegründet. Das liegt einmal daran, dass die Altersvorsorge ja über sehr, sehr lange Zeit angespart wird. Selbst ein so dramatischer Einbruch wie jetzt ist nur eine Episode im Laufe des langen Lebens, das ein Mensch hat. Zum zweiten ist ein großer Teil der betrieblichen Altersvorsorge ja nicht über Aktien oder aktienähnliche Produkte abgedeckt, sondern über Schuldverschreibungen, festverzinsliche Wertpapiere die von der Finanzkrise höchstens indirekt betroffen sind. Von daher kann man eigentlich sagen, dass selbst diese Finanzkrise einen statistisch vernachlässigbaren Einfluss hat auf die Rendite."

    Die Opposition im Bundestag wollte das nicht ganz glauben: Die Grünen wollten vor Weihnachten von der Bundesregierung wissen, ob die betriebliche Altersversorgung sicher sei. Die Partei "Die Linke" beschwor schon das Ende der privaten Altersvorsorge. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Viele haben privat oder betrieblich vorgesorgt. "Die Riester-Rente boomt weiter", schwärmt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Zwischen 2002 und 2008 hat sich die Zahl der Riester-Verträge auf zwölf Millionen verdreifacht. Zugleich stieg in derselben Zeit die Zahl derer, die einen Anspruch auf Betriebsrente haben: von 14,5 Millionen auf rund 17,5 Millionen. Ende 2007 hätten rund 64 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Anwartschaften auf eine betriebliche Zusatzversorgung aufgebaut, heißt es im jüngsten Alterssicherungsbericht der Bundesregierung.

    Hinzu kommen die privaten Lebensversicherungen: Ohne Riester- und Rürup-Renten laufen derzeit 85 Millionen Verträge. Rund 700 Milliarden Euro oder etwa 15 Prozent ihres Geldvermögens haben die Deutschen in Lebensversicherungen angelegt. Auch wenn Lebensversicherungen nicht mehr der Renner sind: stabile, wenig schwankungsanfällige Produkte, Produkte, die Vermögen sichern und nicht verspielen, sind gefragt. Ralf-Joachim Götz von der Deutschen Vermögensberatung spürt das deutlich:

    "Unterm Strich so bedauerlich die Krise für viele Menschen ist, sind wir Krisengewinner. Wir haben sogar in der Krise Kunden hinzugewonnen, weil eben das Thema persönliche Beratung weitere Bedeutung erlangt hat und ich glaube auch, dass insgesamt gesehen, wenn man Bank- und Versicherungsprodukte vergleicht, risikoärmere Versicherungsprodukte gerade in so einer Krise eher ziehen, als sehr riskante Produkte."

    Versicherer also als Krisengewinner, gar als Fels in der Brandung? Dieser Glaube wurde spätestens durch den Fast-Zusammenbruch des weltgrößten Versicherers, des US-Konzerns AIG, erschüttert. Nur mit Milliarden an Staatsgeldern konnte das Unternehmen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. AIG litt allerdings nicht unter einem schwachen Lebensversicherungsgeschäft, sondern hatte sich – auch mit Kreditversicherungen - massiv am US-Immobilienmarkt engagiert und verspekuliert.

    Hierzulande sind Versicherer viel strengeren Auflagen unterworfen, solche Geschäftsmodelle wie das von AIG sind gänzlich ausgeschlossen. Versicherer sind stattdessen gehalten, ihr Geld möglichst sicher anzulegen. Nur ein geringer Teil darf in riskantere Anlageformen investiert werden. Zu den sicheren Anlagen gehört auch der Pfandbriefmarkt. Vor diesem Hintergrund ist auch zu verstehen, warum die Bundesregierung alles dran setzt, um den schwer angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate zu retten. Denn der ist einer der größten Anbieter auf dem Pfandbriefmarkt. Eine Pleite würde diesen Markt schwer erschüttern und auch die Versicherer in die Bredouille bringen – und mit ihnen die Renditeerwartungen der Versicherten.

    Auch ohne solche dramatischen Wendungen ist die Finanzkrise bei den Lebensversicherungen angekommen. Voriges Jahr hatten zwei Drittel der Lebensversicherungsunternehmen ihre Verzinsung der angesammelten Kapitalien trotz Krise noch stabil gehalten. Aber für dieses Jahr senken sie die Verzinsung im Durchschnitt von 4,38 auf 4,28 Prozent.

    Das hört sich marginal an, zeigt aber spürbare Wirkung: Ein Beispiel: Ein Mann von Mitte 50 hat voriges Jahr 3000 Euro in seine Lebensversicherung eingezahlt. Dennoch teilte ihm der Versicherer mit, er habe in zehn Jahren 2000 Euro weniger Lebensversicherungssumme zu erwarten. Der Grund: Die Ertragsaussichten waren gesenkt worden. Fazit: Lebensversicherungen sind auch in der aktuellen Krise sicher, danach aber wohl nicht mehr so lukrativ wie davor.

    Auch wer auf eine betriebliche Altersvorsorge setzt, musste sich bislang wenig Sorgen machen. Doch Reiner Schwinger, der bei dem Berater Towers Perrin das Altersversorgungsberatungsgeschäft leitet, weiß, dass es sie dennoch gibt:

    "Ich glaube, die Sorge ist nicht berechtigt. Denn man muss ja sehen: Was für Zusagen haben die Mitarbeiter bekommen. Zum großen Teil – 95 Prozent der Pensionspläne, würde ich sagen – sind Leistungszusagen, bei denen der Arbeitgeber eine feste Leistung versprochen hat. Und da trägt alleine der Arbeitgeber das Anlagerisiko. Von daher: Aus dem Grund sind die Renten der Mitarbeiter sicher."

    So sieht das auch Antonius Engberding. Er ist als Referent beim Vorstand der IG Metall zuständig für die betriebliche Altersversorgung und erinnert daran, dass zwar die Kapitaldeckung von Renten aus der betrieblichen Altersversorgung keine allzu lange Tradition habe, dass aber der Arbeitgeber für seine Zusagen Rückstellungen gebildet, also Geld zurückgelegt und dieses auch am Kapitalmarkt angelegt habe.

    Dabei hat die aktuelle Finanzmarktkrise bezüglich der Deckung der Pensionsrückstellungen und der dahinter stehenden Vermögensgegenstände natürlich erhebliche Auswirkungen, gerade wenn die Anlage und die Deckung in Aktien erfolgt ist. Aber das hat keine Auswirkungen auf die Leistungszusagen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegeben hat. In diesem Fall ist rein der Arbeitgeber in der Haftung und hat dafür gerade zu stehen, dass die Leistungen aus der betrieblichen Alterversorgung gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen.

    Doch was, wenn die Haftung nicht erfüllt werden kann, wenn der Arbeitgeber pleite geht? Towers Perrin-Berater Reiner Schwinger sagt dazu, die Pensionsvermögen würden – anders als früher – zunehmend außerhalb des Unternehmens angelegt.

    "Die Anlage der Pensionsvermögen, soweit wir es sehen könne, ist okay, zumal es immer diese Einstandspflicht des Arbeitgebers gibt. Und hinter dem Arbeitgeber steht ja noch mal der Pensionssicherungsverein; sodass wir jetzt hier wie bei den Einlagen bei den Banken eine Einstandspflicht haben."

    Der Einlagensicherungsfonds bei den Banken mag eine Bankpleite verkraften, aber nicht den Zusammenbruch des Bankensystems. Ähnliches dürfte auch für den Pensionssicherungsverein gelten. Eine Unternehmenspleite wird er überleben. Den Zusammenbruch der deutschen Volkswirtschaft aber kaum. Doch der ist ohnehin kein realistisches Szenario. Dennoch versuchen die Arbeitgeber, im Angesicht der Krise die Last der Pensionszusage abzuschütteln.

    Towers Perrin-Berater Reiner Schwinger hat diese Entwicklung, dass Arbeitgeber die Risiken der Pensionszusagen auf die Arbeitnehmer verlagern, auch beobachtet, hält die Risiken aber für tragbar:

    "Je besser das Vermögen investiert wird, je besser gewirtschaftet wird, umso höher sind die zu erwartenden Renten. Und wenn wir jetzt auf vergleichbare Institute gucken, die heute schon sogenannte 'defined contribution'-Zusagen haben, sieht man, dass dort das Geld in aller Regel sehr sorgfältig und konservativ angelegt wird, sodass vor dem Hintergrund die Performance-Risiken nicht allzu groß sind, zumal der deutsche Gesetzgeber festgelegt hat, dass immer eine gewisse Mindestgarantie des Gesetzgebers da sein muss. Unter den Beitragserhalt kann es nach deutschem Recht nie gehen."

    Die Arbeitnehmer, die eine betriebliche Pensionszusage haben, zeigen sich nicht sehr risikofreudig. Sie setzen auf Sicherheit. Das ist etwa bei der Metallrente zu beobachten, der Betriebsrente, die Arbeitgeber und IG Metall in der Metallindustrie vor sieben Jahren geschaffen haben. Drei Angebote gibt es: Eine konservative Pensionskasse, die versicherungs-ähnlich organisiert ist, und zwei andere Formen, die mit größerem Risiko höhere Renditen erwirtschaften wollen, die also etwa mit Aktienfonds arbeiten oder Gelder auch in Aktien direkt anlegen. 95 Prozent derer, die eine Metallrente abgeschlossen haben, haben sich für die sichere Variante entschieden. Dafür scheint derzeit einiges zu sprechen: Denn die sichere Pensionskasse hatte eine stabile Verzinsung, der börsennahe Pensionsfonds musste voriges Jahr gut 16 Prozent Einbußen hinnehmen. Seit seiner Gründung hat dieser Fonds allerdings dennoch 20 Prozent Gewinn erwirtschaftet. IG-Metall-Referent Antonius Engberding vergleicht die Zahlen:

    "Da haben wir bei der Pensionskasse eine jährliche Verzinsung von 4,5 Prozent. Die 20 Prozent umgerechnet auf die Laufzeit des Pensionsfonds, würde bedeuten eine jährliche Verzinsung von drei Prozent, also eigentlich unter den versicherungsförmigen Wegen. Aber, wie gesagt, die 16 Prozent Rückgang im Laufe dieses Jahres kann man da nicht hineinrechnen. Man muss schauen, wie das über die mittlere Frist geht. Wenn sich der Aktienmarkt jetzt wieder erholt, werden aus den drei Prozent jahresdurchschnittliche Verzinsung schnell wieder sieben, acht, neun Prozent. Wir hatten eine Entwicklung von 16 Prozent im Jahresdurchschnitt bis Ende des Jahres 2007. Das kann sich sehen lassen. Natürlich sieht es im Moment nicht so gut aus, aber wenn wir jetzt ein paar Jahre warten, wird man sicherlich auf lange Frist gerechnet sicher mit positiven Ergebnissen rechnen können."

    Der Rat ist also, die Krise auszusitzen. Aber solch ein Börsenjahr wie das vergangene hinterlässt gerade in Deutschland starke Spuren. Sofort werden Erinnerungen an das Debakel am Neuen Markt wach. Die jüngsten massiven Einbrüche haben denn auch wieder zu einer Flucht aus Aktien beziehungsweise Fonds geführt, wie das Deutsche Aktieninstitut gerade mitgeteilt hat. Rette sich oder sein Vermögen, wer kann, ist die Devise. In der jetzigen Situation auf jeden Fall nachvollziehbar, wenn nicht gar vernünftig. Aber dem auf Sicherheit bedachten Anleger entgehen auch Renditechancen, rechnet Ascan Iredi, Leiter des Aktienhandels bei der Postbank vor:

    "Da bin ich natürlich jetzt Lobbyist, wenn ich sage, keine Frage, Aktien gehören dazu. Macht aber aus verschiedenen Gründen definitiv Sinn. Erstens, die Unternehmen wirtschaften ja, versuchen den maximal höchsten Gewinn zu erzielen. Das schafft natürlich eine Anleihe beispielsweise nicht, die ja festgelegt ist auf Rendite, bzw. am Ende natürlich auch noch inflationsabhängig ist. Also die Aktie an sich, das Unternehmen ist immer eine Sachanlage, sie ist gewinnorientiert, sie gehört also aus meiner Sicht zu einer langfristigen Altersvorsorge oder überhaupt zum Vermögen definitiv dazu."

    Langfristig anlegen muss aber nicht immer zum Erfolg führen. Der Anleger, der die Ratschläge der Branche brav befolgt hat, hat zumindest im vergangenen Jahr schlecht abgeschnitten. Die Statistik, dass an den Aktienmärkten jährlich sozusagen blind um die acht Prozent Rendite zu holen sind, war mit dem vergangenen Börsenjahr nur noch Makulatur. Denn Anleger, die 1998 eingestiegen sind, hätten 2008, also nach zehn Jahren, weniger mit nach Hause genommen. Das hat der Branchenverband BVI ausgerechnet. Wer Anfang vergangenen Jahres eingestiegen ist und seine Aktien Ende des Jahres verkaufen musste, der blieb sogar auf Verlusten von 40 Prozent sitzen. Aber genau ein Jahr zuvor, also 2007, hätte das Bild ganz anders ausgesehen. Da hatte der Aktienmarkt gerade eine fünfjährige Rallye mit jährlich zweistelligen Renditen abgeschlossen. Aber selbst der stärkste Befürworter von riskanteren Anlagen weiß, dass es besser ist, seine Risiken zu streuen. So hält Aktienexperte Ascan Iredi die staatliche Rentenabsicherung für unverzichtbar:

    "In Deutschland ohne Umlageverfahren zu denken, ist unmöglich weil das mit unserem Staat eins zu eins verbunden ist. Aber die Private hat damit nichts zu tun, weil es eine Ergänzung ist. Die allerdings nur dann sinnvoll ist, wenn man sich kümmert und Gedanken macht, durch Mitdenken und Risikobewusstsein."

    Völlig ohne Risiken, so der Mannheimer Professor Axel Börsch-Supan, sei aber keines der beiden Rentensysteme. Weder das Kapitaldeckungssystem noch der Generationenvertrag, also das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung:

    "Beide Verfahren sind gefährlich. Das eine ist gefährlich, weil der Kapitalmarkt in die Knie gehen kann, wie wir es gerade jetzt sehen. Das andere ist gefährlich, weil uns die Demografie mit Sicherheit in die Knie geht. Und jetzt ist das Logische, was man macht, wenn man zwei Systeme hat, die sehr verschiedene Risiken tragen, dass man daraus mischt. Es wäre verantwortungslos, sich nur auf das Umlageverfahren zu stützen, aber genau so verantwortungslos, sich nur auf das Kapitaldeckungsverfahren zu stützen. Man braucht eine Mischung aus beidem."

    Ralf-Joachim Götz von der Deutschen Vermögensberatung macht noch eine ganz andere Rechnung auf. Für ihn bedeutet die kapitalgedeckte Altersvorsorge auch, dass man am Wachstum der Schwellenländer teilnehmen kann. Dieses Wachstum ist hierzulande allein aufgrund der Demographie nicht mehr möglich. Man kann also Kapital bilden, das im Inland so nicht mehr gebildet werden kann:

    "Wenn sie eine Volkswirtschaft haben, die nicht mehr wächst, aber wachsen muss, um das System zu finanzieren, können sie beispielsweise bei einer kapitalgedeckten ausweichen, eben Kapitalanlagen oder wie auch immer im Ausland "anzapfen", um aus wachsenden Märkten heraus das zu generieren, was sie für die gesetzliche Rentenversicherung eigentlich bräuchten."

    Auch für IG-Metall-Referent Antonius Engberding gibt es kein Zurück mehr zum reinen Umlageverfahren. Ihm ist es aber ein Anliegen, dass die kapitalgedeckten Systeme mehr Transparenz benötigen. Doch trotz der jüngsten, schlechten Erfahrungen hält er sie nicht für diskreditiert.

    "Ich glaube nicht. Man muss allerdings sehen, dass ohne eine weitergehende Regulierung es durchaus passieren kann, dass die Finanzmärkte in durchaus gefährliche Situationen kommen können. Ich möchte nicht erleben, wenn jetzt ein Run auf die Banken und Sparguthaben losgeht oder sich so was wie Lehman Brothers im September fortgesetzt hat, ob dieses System hält. Aber ich hoffe, dass die Politik bezüglich der weitergehenden Regulierung der Märkte und der Akteure die Hausaufgaben machen wird."

    Die Finanzkrise hat tiefe Löcher ins Aktiendepot gerissen, führt zu Lücken in der Pensionskasse, die aber der Arbeitgeber auffüllen muss und drückt auch die Renditen der Versicherer. Besitzer von Rürup- und Riester-Renten können im Moment nur noch mit den eigenen Beiträgen plus Staatszulage rechnen, wofür letztlich der Steuerzahler gerade steht. Die umlagefinanzierte staatliche Rentenversicherung ist von der Finanzkrise direkt nicht betroffen. Das ist die Situation in der Krise. Die Hoffnung ist, dass auch diese Krise vorbei geht. So war es bisher immer. Und dann wurde aus dem Minus wieder ein Plus. Doch hat die Krise gezeigt: Auf zwei Beinen steht man besser, auf umlage- und auf kapitalmarktfinanzierter Altersvorsorge.