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Angst vor dem gläsernen Menschen

Der Mensch steht im Mittelpunkt. Das war das Motto des Informatiktages, der von 60 Fachhochschulen an der FH Darmstadt veranstaltet wurde. Neben fußballspielenden Robotern wurden auch kleine Etiketten gezeigt, die persönliche Daten speichern. Diese neue RFID-Technologie stieß nicht bei allen Studenten auf Begeisterung, sie befürchten eine Totalüberwachung.

Von Ludger Fittkau |
    Was sich wie das Kettenrasseln eines Spielzeugpanzers anhört, ist in Wirklichkeit ein Torwart - allerdings nicht aus Fleisch und Blut, sondern ein Roboter des Robocups. Das Kettengeräusch entsteht durch neuartige Räder, die es dem Roboter ermöglichen, sich sofort in jede Richtung zu bewegen, wie Paul Jan Plöger, Professor an der Fachhochschule Bonn/Rhein Sieg erklärt:

    "Und das braucht der Fußballspieler, weil er damit viel wendiger wird. Normale Fahrzeuge, die wie ein Auto, hat natürlich einen viel größerer Wendekreis und so einen Wendekreis ist natürlich für einen solchen Fußballspieler ein zu großes Hindernis."

    Während viele Besucher des Informatiktages den Robocup und seine fußballspielenden Roboter schon kannten, war der Begriff RFID selbst dem Informatikstudent Steffen Brand noch unbekannt.

    "Nein, ich kenne nur die Band AFEI, ah, AFI heißt die. Aber das Stichwort sagt mir nichts."

    RFID steht für Radio Frequency Identification - das sind Etiketten, die einen kleinen Computerchip mit Funksignalen verbinden. Die Besucher des Informatiktages bekamen heute morgen ein solches Etikett, nachdem sie am Eingang ihren Namen und einige Hobbys in einen Computer geschrieben hatten.

    In einem so genannten "Ambient Room! an einer ganz anderen Stelle der Fachhochschule wurde der Besucher dann über das Etikett genauestens identifiziert. Ein Zeichentrickmännchen erschien auf einer Wand und sprach jeden an, der den Raum betritt: Das Männchen wusste auch genau, welche Hobbies der Besucher am Eingang genannt hatte:

    "Hallo Ludger Fittkau, mein Name ist James. Willkommen im "Ambient room". Darf es etwas Rock sein. Musik. Du liebst Seelandschaften."

    Die RFID-Vorführung in der FH Darmstadt, an der ein studentisches Team monatelang gearbeitet hatte, soll durchaus die Zwiespältigkeit dieser neuen Technologie vor Augen führen, so der Informatikprofessor Bernhard Humm. Denn: Einerseits werde RFID vor allem die Lagerhaltung in Kaufhäusern revolutionieren:

    "Auf der anderen Seite, wenn sie dann zu dem Informationsstand gehen, dann können sie einen personalisierten Flyer für sie ausgedruckt bekommen, da steht : Sehr geehrter Herr Sowieso, wir begrüßen sie zum Informatiktag und sie sind um 9.43 Uhr durch die Tür gegangen und um 10.15 Uhr waren sie in dem Stockwerk und um 10.45 Uhr sind sie hier rein gekommen. Und das soll auch ein bisschen zum Nachdenken anregen. Welche Möglichkeiten bestehen da, solche Dinge auszuwerten."

    Denkbar sind künftig mit der RFID-Technik nicht nur Bewegungsprofile von Kunden, sondern auch die Totalüberwachung von Angestellten durch ihre Chefs oder von Kindern durch ihre Eltern. Angesichts solcher Big-brother-Szenarien sollte es offenbar ein wenig beruhigend wirken, dass die Fachhochschulen ihren Informatiktag "Mensch@informatik" tauften. Informatikstudent Steffen Brand konnte das allerdings die Sorgen nicht ganz nehmen:

    "Im Moment ist es ja schon so, viele Leute nutzen dieses Pay-back und das ist auch schon so eine Art Überwachung, da hat man was gekauft, man wird zwar dafür belohnt mit irgendwelchen tollen Präsenten, aber im Endeffekt kann man dann gezielt Werbung zugeschickt bekommen und man wird zum gläsernen Menschen, auf jeden Fall."

    Eine andere Technik, die in Darmstadt auch Schulklassen präsentiert wurde, wird an den Hochschulen immer wieder kontrovers diskutiert: das Lernen über Internet - das so genannte "e-learning". Es ergänzt schon seit langem Präsenzseminare. Doch heute Morgen wurden auch so genannte "Online-Tutorien" vorgestellt - also die Studienberatung oder -einführung über's Internet. Aber ob eine solche Technik für Studienanfänger geeignet ist, da hatte selbst Veranstalter Bernhard Humm seine Zweifel:

    "Also einen Erstemester-Studenten online zu begrüßen, das stimme ich ihnen zu, ist keine gute Idee."