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Angst vor fremden Genen im Salat

Möglicherweise noch im laufenden Monat wird das Bundeskabinett eine Novelle des Gentechnikgesetzes auf den Weg bringen. Der aktuelle Entwurf lässt Umweltverbände fürchten, dass es bald kaum mehr möglich sein wird, gentechnikfreie Lebensmittel zu kaufen.

Von Philip Banse | 13.07.2007
    Auf dem Rasen zwischen Kanzleramt und Bundestag stehen 40 Plakate, darauf die Gesichter und je ein Zitat von 40 Bundestagsabgeordneten der Großen Koalition. Dieses Zitat ist die Antwort auf die Frage: "Gentechnik im Essen per Gesetz, machen sie da mit?" Christoph Bautz von campact hat diese Umfrage veranstaltet:

    "Wir haben in den letzten zwei Wochen die Abgeordneten besucht in den Wahlkreisen, die die entscheidenden sind bei der Novellierung des Gentechnikgesetzes - seien es Obleute, seien es Staatssekretäre, Minister, die Fachleute der einzelnen Fraktionen, und haben sie konfrontiert mit den Positionen der Bürger, die zu 80 Prozent keine Gentechnik wollen, weder in der Landwirtschaft, noch im Essen."

    Einige Politiker haben die Stellungnahme angeblich verweigert wie die Minister Michael Glos, Annette Schavan und Horst Seehofer. Andere wie Umweltminister Sigmar Gabriel und CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder haben sich den Plakaten nach dafür ausgesprochen, die Hürden für die Grüne Gentechnik herunterzusetzen. Vor allem SPD-Politiker wehren sich in den Zitaten gegen eine wie es heißt "Verwässerung des Gentechnikgesetzes".

    Worum geht es? Möglicherweise noch im Juli wird das Bundeskabinett eine Novelle des Gentechnikgesetzes beschließen. Der aktuelle Gesetzesentwurf lässt Umweltverbände fürchten, dass es bald kaum mehr möglich sein wird, gentechnikfreie Lebensmittel zu kaufen. Zentraler Kritikpunkt ist die Haftungsregelung, sagt Christoph Bautz von campact:

    "Zurzeit muss ein Gentechnik-Produzent haften, wenn gentechnisch veränderter Pollen die Ernte eines Nachbarn verseucht. Das soll aufgeweicht werden. Erst ab 0,9 Prozent soll der Haftungsfall noch eintreten, und damit würde die größte Hürde fallen, die zurzeit noch dem großflächigen Anbau von Gentechnik im Weg steht."

    Ein bisschen Gentechnik soll also nach dem geplanten Gesetz auch in Lebensmitteln drin sein dürfen, die als gentechnikfrei gekennzeichnet sind. Für Georg Janssen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sind aber auch 0,9 Prozent Genttechnik in seinen Produkten nicht akzeptabel:

    "Es ist natürlich klar, dass die Abnehmer in den Verarbeitungsunternehmen Ware haben wollen, die weit weniger als 0,9 gentechnisch veränderte Substanzen enthält. Und wenn darauf keine Antwort gegeben wird, ist das für uns völlig unbefriedigend. Und wir werden es auch nicht durchgehen lassen."

    Außerdem ist geplant, das Standortregister den Blicken der Öffentlichkeit weitgehend zu entziehen, dieses Verzeichnis der Gentechnik-Anbauflächen soll nur noch unter strengen Voraussetzungen einsehbar sein. Olaf Tschimke, Präsident des Naturschutzbundes NABU, verweist auf Hintertüren für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen:

    "Insbesondere will man eine Schneise für die Forschung schaffen und erleichtern, dass Forschung und Freisetzungsversuche faktisch mit einer Generalgenehmigung erlaubt sind. Das ist nicht in Ordnung. Es muss alles im Einzelfall geprüft werden, es muss Bürgerbeteiligung geben, es muss für jeden Standort gesondert entschieden werden, ansonsten ist das nicht akzeptabel."

    Ein weiterer Kritikpunkt wurde in dem aktuellen Gesetzentwurf entschärft: So sollten Gentechnik-Felder bisher nur mindestens 50 Meter von gentechnikfreien Feldern entfernt sein. Jetzt ist ein Mindestabstand von 150 Metern vorgesehen. Christoph Bautz von campact reicht das nicht, selbst bei einem Kilometer Abstand würden Bienen Bio-Felder mit Gen-Pollen verunreinigen. Die Zitate auf den Plakaten zeigen: SPD und CDU sind sich in Sachen Gentechnikgesetz noch nicht einig, Hoffnung für die Kritiker der geplanten Änderung wie Christoph Bautz:

    "Es ist gerade auch in den letzten zwei Wochen noch mal richtig Bewegung da reingekommen. Die SPD hat ein Papier vorgelegt, was sich in großen Teilen hinter unsere Position stellt. Seehofer hat gestern gesagt, die Haftungsregelungen sollen nicht verwässert werden. Das heißt, es ist noch Bewegung drin, da ist ordentlich Zoff in der Großen Koalition. Und dadurch, dass wir hier Druck machen, hoffen wir die Änderung des Gentechnikgesetzes zu verhindern."