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Angst vor Gesundheitsschäden

Wer im Supermarkt nach gentechnisch veränderten Lebensmitteln sucht, wird kaum fündig werden - weil weitaus die meisten Verbraucher die grüne Gentechnik nach wie vor ablehnen, meidet der Handel zumindest die Lebensmittel, bei denen die Gentechnik auf dem Etikett ausgewiesen werden müsste. Angst vor Gesundheitsschäden dürfte bei den Gründen für die Zurückhaltung der Verbraucher mit an erster Stelle stehen. Die meisten Wissenschaftler teilen diese Befürchtungen nicht, heute ist die mit einem Memorandum über solche Gesundheitsrisiken an die Öffentlichkeit getreten.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften erteilt in diesem Memorandum Teilen der deutschen und auch europäischen Gesetzgebung zur grünen Gentechnik eine klare Absage. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass das Gesetz zur Neuordnung des deutschen Gentechnikrechts ja noch in der parlamentarischen Beratung steckt. Somit wollen die deutschen Wissenschaftler noch einmal ihre Stimme erheben. Und die Aussage ist eindeutig: Da sei zuviel an Hysterie im Spiel - auf Seiten der Umweltgruppen und auch auf Seiten der Verbraucher, die ja bekanntlich in der Mehrheit gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnen. Konkret macht man die Kritik an den Haftungsregelungen im Falle eine Verunreinigung fest. Konventionelle oder auch Biobauern haben ja Anspruch auf Entschädigung bei Kreuzungen, die etwa durch Pollenflug entstehen können. Diese Regelungen, so Gerhard Gottschalk, der Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, mache eine grüne Gentechnik hierzulande praktisch unmöglich.

    Wenn es also zu einer Verseuchung von Anbaugebieten der konventionellen oder auch der Biobauern kommt, dann ist die Haftungsfrage im Gesetz so geregelt, dass praktisch der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ausgeschlossen wird. Denn diese Haftung kann niemand übernehmen und sie ist auch nicht versicherbar. Und somit hat man praktisch diese Technologie abgetötet. Und wir gehen auch noch mal von der anderen Seite heran und beschreiben, dass eben überhaupt kein Anlass besteht, von einem Gefährdungspotential der gentechnisch veränderten Pflanzen zu sprechen.

    Da sei man sich auch unter Wissenschaftlern weltweit ziemlich einig, so Gottschalk. Und das Memorandum geht sogar noch ein deutlichen Schritt weiter. Denn man sagt, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel in einigen Fällen auch gesünder sein können als konventionelle. Das wird am Mais festgemacht, denn Fusarienpilze würden Mais in aller Regel befallen und Gen-Mais sei besser dagegen gerüstet, sagt der Mitautor des Memorandums, der Göttinger Wissenschaftler Hans Walter Held.

    Es sind im vergangen Jahr in England dreißig Proben von Maisprodukten gesammelt worden. Von diesen Proben wurden zehn wegen zu hoher Fusariengehalte aus dem Markt gezogen. Das war dramatisch. Und das interessante daran: All diese Proben waren als organic gekennzeichnet, also aus ökologischem Anbau. Deswegen lässt sich schon sagen, dass gentechnisch veränderter Mais gesünder ist als der andere.

    Und dank weitreichender Kontrollmechanismen sei die Sicherheit der Nahrungsmittel auch gewährleistet, dies gelte übrigens auch für kommende Gen-Produkte, die man heute vielleicht noch gar absehen kann. Die Wissenschaftler halten den verankerten Schutz für sicher, so Professor Held:

    Dafür gibt es ja ganz rigorose Zulassungsbeschränkungen und bis jetzt waren alle Substanzen, die zugelassen worden sind, auch wirklich sicher. Darauf kann man vertrauen und ganz davon abgesehen, darf man ja nie vergessen: Es gibt kein Nahrungsmittel, was ungefährlich ist. Wir wissen, dass auch sehr viele konventionelle Nahrungsmittel Allergien auslösen können.

    Für die weitere politische Diskussion heißt dies, dass die Gesetzgeber auf jeden Fall in bestimmten Punkten noch einmal nachbessern sollten. Die Kennzeichnungspflichten des Gentechnikgesetzes, die seien aber in Ordnung, Verbraucher bräuchten eine Orientierungshilfe. Nur - sie sollten eben nicht durch falsche Informationen abgeschreckt werden, sagt Gerhard Gottschalk.

    Vielleicht ist die Öffentlichkeit auch falsch oder zumindest nicht ausreichend informiert. Deswegen wenden wir uns ja auch mit diesem Memorandum an die Öffentlichkeit. Und wir versprechen uns auch davon, dass vielleicht in der Bevölkerung ein Umdenken stattfindet.

    Eindeutige Aussagen also – und eine weitere kommt noch hinzu: Die deutsche Wissenschaft dürfe auch weltweit nicht den Anschluss in der Grünen Gentechnik verpassen, so die Wissenschaftler. Denn Deutschland sei schließlich auf diesem Gebiet auch einmal führend gewesen.