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Ankunft beim "Götterboten"

Planetologie. - Merkur ist der sonnennächste und kleinste aller Steinplaneten unseres Systems. Die US-Sonde "Messenger" ist nach einer sechsjährigen Anreise am Planeten angekommen und schwenkt heute Nacht in eine Umlaufbahn ein.

Von Guido Meyer | 17.03.2011
    "The best is yet to come. What you’ve seen here is just the tip of the iceberg."

    Das Beste käme erst noch; dies sei erst die Spitze des Eisbergs gewesen. Robert Strom vom Mond- und Planetenlabor der Universität von Arizona ist mehr als zufrieden mit den bisherigen Nachrichten vom Merkur. Dreimal ist eine Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa in den letzten drei Jahren an diesem sonnennächsten Planeten vorbeigeflogen. Messenger ist der Name dieses "Nachrichtenüberbringers", wenngleich es eigentlich eine Abkürzung ist für "Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging". Und das beschreibt denn auch die Mission: Die Sonde soll die Oberfläche Merkurs, seine Wechselwirkung mit dem Weltraum und seinen geochemischen Aufbau untersuchen. Begonnen hatte die Reise ins innere Sonnensystem im August 2004 am US-Raketenbahnhof Cape Canaveral in Florida.

    Eine Delta-II-Rakete schoss die Raumsonde "Messenger" auf ihre Bahn, die sie in den folgenden Jahren zunächst dreimal um ihr Ziel herum geführt hat. Bei jedem Vorbeiflug am Merkur verlor sie Geschwindigkeit. Nunmehr ist sie langsam genug, um vom Schwerefeld des Planeten eingefangen zu werden. Eine Triebwerkszündung heute Nacht soll sie um etwa 3000 Stundenkilometer abbremsen. Danach wird sie Merkur dann auf einer Umlaufbahn umrunden, deren tiefster Punkt sie bis rund 200 Kilometer an den Planeten heranführen wird. Farblich ähnelt Merkur nur auf dem ersten Blick dem grauen Mond. Er entspricht eher einem Abbild des Erd-Trabanten mit umgekehrten Farben. Auf dem Mond sind die Kraterbecken von dunkler Lava bedeckt und von hellerem Material umgeben. Merkur jedoch sähe aus wie eine Negativ-Aufnahme dessen, findet Louise Prockter vom Labor für Angewandte Physik der Johns Hopkins Universität im US-Bundesstaat Maryland, ebenfalls im Messenger-Team.

    "On the Moon we see large impact basins that are filled with dark vulcanic planes, surrounded by brighter highlands material, and here we almost got the negative of that."

    Astronomen glauben, dass dieser kleinste Planet unseres Sonnensystems in seiner Frühphase einen Mond besessen haben könnte. Dafür spräche auch das Verhältnis von Durchmesser und Masse Merkurs, der für seine Größe eigentlich viel zu schwer ist. Seine Anziehungskraft ist so groß wie die des Mars, obwohl der Rote Planet fast dreimal so groß ist. James Head, Geologie-Professor an der Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island, Mitglied im Messenger-Team der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

    "Eine Möglichkeit, Merkurs hohe Dichte zu erklären, wäre der Zusammenstoß mit einem anderen, schweren Himmelskörper. Beide wären dann verschmolzen. Das durch den Aufprall ins All geschleuderte Material hätte einen Mond gebildet, der aber bald in die nahe Sonne gestürzt wäre."

    Als nächstes soll mit den gewonnenen Daten von Messenger die Frage geklärt werden, ob Merkur in seinem Innern fest oder flüssig ist. An diesen Auswertungen ist auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Berlin beteiligt. Dies wiederum böte eine Erklärung für das Vorhandensein eines Magnetfeldes, das von allen terrestrischen Planeten sonst nur noch die Erde hat. Und ein weitere Frage stellt sich nach den bisherigen Vorbeiflügen von Messenger mehr denn je: Gibt es Wasser auf Merkur? Der Geologe James Head:

    "Merkur ist extrem heiß aufgrund seiner Nähe zur Sonne. Es könnte jedoch Gegenden in Kratern am Nord- und am Südpol des Planeten geben, die nie von der Sonne beschienen werden. Wenn beispielsweise ein Komet auf die Oberfläche trifft, würde sein Eis in diesen Kratern tiefgefroren wie in einem Kühlschrank und für immer dort bleiben. Es gibt bereits einige Anhaltspunkte für diese Beobachtungen. Wir hoffen, aus einer Umlaufbahn heraus solche Eisvorkommen nachweisen zu können. Es wäre faszinierend, Wassereis auf einem Planeten nachweisen zu können, der so nahe an der Sonne ist."

    Ein Jahr lang soll Messenger Merkur umkreisen. Möglicherweise wird die Mission danach verlängert. Aber nichts währt ewig – weiß Sean Solomon, Direktor der Abteilung für Terrestrischen Magnetismus der Carnegie Institution in Washington, D.C., und Chef-Wissenschaftler von Messenger.

    "Schlussendlich wird die Sonde auf die Oberfläche Merkurs stürzen. Deswegen hat sie eine Stars-and-Stripes-Fahne an Bord. Wir werden dann erstmals die amerikanische Flagge auf der Oberfläche Merkurs haben."