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Annäherung mit Verachtung

Als Apple-Chef Steve Jobs den Wechsel zu Intel-Prozessoren verkündete, ging bereits ein Raunen durch die alteingesessene Fangemeinde. Jetzt folgte Jobs nächster Streich: Mit der Software "Boot Camp" öffnet Apple seine Computer für die ungeliebte Microsoft-Konkurrenz.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Peter Welchering |
    Manfred Kloiber: Die Software "Boot Camp" erlaubt, das Betriebssystem Windows XP jetzt auch auf Mac-Computern zu nutzen. Ist das der Anfang einer Integration von PCs und Macs, Peter Welchering?

    Peter Welchering: "Nein, auf gar keinen Fall. Es gab ja auch bisher schon Möglichkeiten, Windows-Betriebssysteme auf Macs laufen zu lassen. Das waren Bastellösungen, teilweise sogar recht pfiffige Bastellösungen. Jetzt ist mit Boot Camp ein Stück professionelle Software dafür verfügbar. Die Anwender wollten so etwas schon länger haben, um sich eben nicht weiter mit Bastellösungen abgeben zu müssen. Darauf hat Steve Jobs reagiert. Aber das ist weder ein Zeichen dafür, dass Steve Jobs Microsoft näher kommen will, noch dass da etwa zwei Computerwelten miteinander verschmelzen werden. Im Gegenteil, Apple erspart sich Seitenhiebe auf Microsoft bei Boot Camp überhaupt nicht. Boot Camp wurde etwa nicht wie andere Apple-Innovationen direkt auf der Homepage präsentiert, sondern versteckt in der fünften Web-Ebene kann der Anwender die Software finden und herunter laden. Außerdem gibt es auf der Boot Camp Seite ganz nette Kommentare. Beispiel: "Es ist total traurig, aber XP und Vista sind beide in den 80er Jahren stecken geblieben", heißt es da etwa verächtich über die Microsoft-Betriebssysteme. Also definitiv keine Anzeichen für eine Integration von Macs und PCs. In Apples Verständnis bleiben die Macs natürlich die besseren Rechner."

    Kloiber: Wie funktioniert Boot Camp denn genau?

    Welchering: "Die Software besteht aus mehreren systemnahen Programmen. Etwa aus der Partitionierungssoftware, die auf der Mac-Festplatte eine Windows-Sektion einrichtet. Dann muss Windows XP komplett von CD aufgespielt werden, wobei Boot Camp über 80 Megabyte Treiber dazu liefert, also Windows XP wirklich aufmotzt und völlig Mac-kompatibel macht. Ist das passiert, dann kann der Anwender beim Rechnerstart jeweils entscheiden, welches Betriebsystem gestartet werden soll. Das hat Boot Camp mit den bisherigen Bastellösungen gemeinsam."

    Kloiber: Hat Steve Jobs etwas über die strategischen Absichten verlauten lassen, die er mit Boot Camp verfolgt?

    Welchering: "Ja, sehr deutlich sogar. Nur die meisten Manager von Computerunternehmen haben ihm da offensichtlich nicht so richtig zugehört in dieser Woche. Steve Jobs hat ganz klar zu Protokoll gegeben, dass ein Marktanteil von Apple am gesamten PC-Markt von fünf Prozent die Existenz Apples auf Dauer nicht sichern kann. Also geht man ein wenig wildern. Und da liegt es nahe, im Terrain von Windows zu wildern, das immerhin auf über 90 Prozent aller Personal Computer läuft. So mancher, der bisher ein Gerät von HP oder Dell gekauft hat, wird, weil er als PC-Nutzer auf typische PC-Software wie etwa die Office-Suite von Windows angewiesen ist, dürfte sich künftig für den schickeren Mac entscheiden, der dank Boot Camp auch Office kann. Es ist also eine Doppelstrategie, die Steve Jobs hier verfolgt. Privatkunden, die bisher einen PC hatten, weil sie mit Windows-Anwendungen aus ihrem Job zu Hause arbeiten müssen, die können das jetzt mit dem Mac. Geschäftskunden, die bisher zwei PC-Welten kannten, etwa für die Grafiker in einer Werbeagentur den Mac und für die Texter den PC, die können jetzt einheitlich mit Macs arbeiten und dennoch die gesamte Funktionalität der Windows-Software, wie etwa Office, nutzen."

    Kloiber: Welche Software- und Hardware-Voraussetzungen braucht der Mac-Nutzer, der mittels Boot Camp mit Windows-Software arbeiten will?

    Welchering: "Man braucht einen Macintosh, der auf Intel-Prozessoren aufsetzt. Pflicht ist ferner das Mac-Betriebssystem Mac OS X in der Version 10.5.6. Und man bracht eine Installations-CD von Windows XP, Home Edition oder Professional, auf jeden Fall mit Service Pack 2. Ab der Mac OS Version Leopard, oder profan gesagt ab Version 10.5, soll Boot Camp dann ins Mac-Betriebssystem eingebaut sein. Das wird Anfang 2007 erscheinen, also ungefähr zu der Zeit, in der auch Microsoft Windows Vista an die Endkunden ausliefern dürfte."