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Anpassungsfähigkeit
Insekten reagieren extrem schnell auf Klima-Veränderungen

Pflanzen und Tiere werden aufgrund des Klimawandels mit höheren Temperaturen zurechtkommen müssen, mit Trockenheit und extremen Wetterereignissen. Wie anpassungsfähig sind sie? Lassen sich genetische Veränderungen beobachten? Überraschende Antworten fanden Forscher unter anderem bei der Zuckmücke.

Von Volkart Wildermuth |
    Zuckmücke
    Die Biologin Ann-Marie Waldvogel hat in ganz Europa Zuckmücken gefangen und in kalten und heißen Klimakammern gezüchtet. (imago stock&people / Margarete Hucht)
    "Die allgemeine Zuckmücke. Manche Leute kennen sie vielleicht aus dem Anglershop. Die Larven dieser Mücke, das sind kleine rote, dicke Würmchen, die man sich gerne auch mal an den Angelhaken packt."
    Darüber hinaus lässt sich an den Zuckmücken auch gut erforschen, wie Insekten mit Klimaveränderungen umgehen. Die Biologin Dr. Ann-Marie Waldvogel hat in ganz Europa Zuckmücken gefangen und in ihrem Labor am Senckenberg Biodiversität und Klima-Fforschungszentrum in Frankfurt am Main in kalten und heißen Klimakammern gezüchtet.
    "Die andalusischen Mücken aus Spanien kommen mit sehr hohen Temperaturen sehr viel besser zurecht als jetzt unsere hessischen Mücken hier aus der Region."
    Zellteilung läuft bei Mücken in Spanien anders als bei Mücken in Hessen
    Deren Erbgut ist einfach noch nicht auf warme Verhältnisse eingestellt. Vergleicht man das Genom der unterschiedlichen Mückenpopulationen, zeigt sich eine Vielzahl von Unterschieden, mit denen sich Zellen an Hitze- oder Kältestress anpassen. In Spanien investieren die Mücken mehr in die Qualitätskontrolle für ihre Proteine, weil die in der Hitze instabiler sind. Im kühlen Hessen wird das Tempo der Zellteilung angepasst.
    "Wenn es also sehr kalt ist, ist die Entwicklung langsamer, ist das Wachstum langsamer, der Metabolismus ist langsamer und dementsprechend sind es auch die Teilungsprozesse."
    Gerade in Genen, die mit der Zellteilung zu tun haben, konnte Ann-Marie Waldvogel Unterschiede zwischen hessischen und spanischen Zuckmücken nachweisen. Wird es am Main wärmer, setzen sich wohl auch dort die südeuropäischen Genvarianten durch. Ähnliche Zusammenhänge zwischen Klima und DNA finden sich auch bei amerikanischen Fruchtfliegen und zum Teil sogar bei Pflanzen.
    "Wir gehen so ein bisschen davon aus, dass jetzt nicht jede Tierart, jede Pflanzenart ihre eigene Anpassungsstrategie entwickelt hat, sondern dass es so generelle Mechanismen gibt, wie Organismen auf Klimafaktoren antworten können."
    Die entscheidende Frage lautet: Können die Anpassungen im Genom mit dem Temperaturanstieg Schritt halten? An jedem Bach gibt es tausende Zuckmücken, jede mit einem etwas anderen Erbgut. In einem wärmeren Klima würden viele von ihnen sterben, die Population als Ganzes kann sich Dank ihrer genetischen Vielfalt aber weiter anpassen.
    Anpassungen wirken bereits zwischen den Jahreszeiten
    "Früher dachte man immer, das dauert Hunderte von Generationen, bis sich genetisch irgendetwas verändert. Mittlerweile sehen wir, dass es durchaus auch schon Anpassungen gibt, die zwischen verschiedenen Jahreszeiten wirken können."
    Fängt man etwa Fruchtfliegen im kalten Frühjahr, dann unterscheidet sich ihr Genom merklich, von Fliegen aus den Sommergenerationen. Insekten reagieren also extrem schnell auf Veränderungen. Das ist den langlebigen Bäume so nicht möglich. Dr. Christian Rellstab von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmensdorf hat das genetische Potenzial der Eichen an verschiedenen Standorten verglichen.
    "So konnten wir herausfinden, dass zum Beispiel die Stieleiche potentiell am besten angepasst ist an höhere Temperaturen, aber bezüglich zunehmender Trockenheit Probleme haben wird."
    Schweizer Förster könnten deshalb gezielt Stieleichen aus Südeuropa anpflanzen. Bei den symbolträchtigen Bäumen ist der Mensch wohl bereit, diesen Aufwand zu betreiben. Zuckmücken und die meisten anderen Arten werden ihr Genom selbst anpassen müssen, um all den menschengemachten Herausforderungen zu begegnen.
    "Ich mach mir um die Zuckmücke keine Sorgen, was das Klima angeht, was viel schlimmer ist, und das sage ich jetzt wirklich nur als lustige Fußnote, ist die stetige Verbesserung der Wasserqualität, weil unsere Zugmücken mögen ganz gerne dreckige Flüsse."