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Anreiz für Wärme-Isolierung

Schönen guten, Tag ich möchte dann heute mit der Chefin sprechen (...) einen Moment bitte.

Von Ludger Fittkau |
    Es sind vor allem ältere Ratsuchende, die an diesem Nachmittag den Weg zum Mieterverein Darmstadt und Umgebung finden. Die ”Chefin” ist Margit Heilmann, die ihre Mitglieder auch über den neuen Darmstädter Ökomietspiegel aufklärt. Denn die Idee, die Energiebilanz eines Gebäudes in den Mietpreis einzubeziehen, ist natürlich auch für den Mieterverein interessant:

    Weil wir uns davon natürlich erhofft haben, dass sozusagen die energetischen Verschwender an Gebäuden in der Stadt identifiziert werden können und auch deutlich das Mietniveau dort gedrückt werden kann.

    Entwickelt wurde dieser neuartige Mietspiegel vom Institut Wohnen und Umwelt, gefördert durch Mittel der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Das Forschungsinstitut wird von der Stadt Darmstadt und dem Land Hessen getragen. Diplom-Geograph Roland Alles ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes und der "Vater” des Öko-Mietspiegels:

    Wir haben mit diesem so genannten ökologischen Mietspiegel, also mit der Integration der wärmetechnischen Gebäudebeschaffenheit sicherlich so eine - neudeutsch - ‚win-win-`Situation. Nämlich bei den Mietern, dass durch die Differenzierung in gut und schlecht die Mieter, die in einer Wohnung mit einem schlechten (...)Wärmestatus wohnen, tatsächlich auch weniger Miete zahlen müssen.

    Und der Vermieter wird für die gute ”wärmetechnische Beschaffenheit” eines Gebäudes belohnt - mit 37 Cent pro Quadratmeter Zuschlag im Mietspiegel:
    Einen Sieg der ökologischen Vernunft auf beiden Seiten - den erhofft sich dadurch Roland Alles:

    Das ganze Verfahren beruht auf der Annahme, dass es Mieter gibt, die sehr bewusst ihre neue Wohnung auswählen und bereit sind, für eine Wohnung, die in einem Gebäude liegt, das gut gedämmt ist, auch eine höhere Miete zu zahlen, in dem Bewusstsein, dass ihre Nebenkosten, hier insbesondere die Heizungs- und Warmwasserkosten natürlich auch entsprechend geringer sein werden.

    Das Darmstädter Institut Wohnen und Umwelt verfolgt grundsätzlich das Ziel, einen Systemwechsel bei der Berechnung des Mietspiegels herbeizuführen. Während bisher immer noch das Alter des Gebäudes und die Ausstattung - beispielsweise mit einem Bad- die Grundlage der Vergleichsmieten in einer Kommune sind, will man in Darmstadt künftig die energiesparende Modernisierung von Altbauten stärker in den Mietspiegel einbeziehen.
    Vermieter in Darmstadt haben nun die Wahl. Sie können eine Modernisierungsmaßnahme nach dem bundesweit geltenden Mietrecht durchführen und die Miete bis zu maximal 11 Prozent der Modernisierungskosten erhöhen – befristet, bis die Modernisierungskosten bezahlt sind. Oder sie wählen das Darmstädter Modell und erhöhen die Miete um 37 Cent pro Quadratmeter.
    Roland Alles sieht in seinem Modell langfristige Vorteile für den Vermieter:

    Die 11prozentige Modernisierungsumlage, die ist möglich, aber die hat den Nachteil, dass je stärker die Mieten steigen, die steigenden Durchschnittsmieten irgendwann mal das Niveau dieser 11prozentigen Umlage erreichen und spätestens wenn das der Fall ist, der Preisvorteil der Modernisierungsumlage nicht mehr gilt.

    Obwohl der Darmstädter Mieterverein die Idee des ökologischen Mietspiegels grundsätzlich begrüßt, ist er in vielen Details mit der Umsetzung des Konzepts noch nicht zufrieden. Vor allem, dass ein Energieverbrauch von 175 Kilowatt pro Stunde und Quadratmeter noch mit ”gut” bewertet wird, will Margit Heilmann nicht akzeptieren:

    Man hätte sich an viel drastischere Maßnahmen halten müssen und dann wäre auch sicher das an ökologischem Aspekt dabei herausgesprungen, was erstrebenswert ist und in der Bilanz für die Mieter auch sinnvoll gewesen wäre, denn die hätten dann tatsächlich auch eine Energiebilanz, die sich deutlich in ihrem Geldbeutel ausgewirkt hätte.

    Was nicht ist, kann ja noch werden - entgegnet Roland Alles, spätestens wenn die Energiepreise steigen und damit die Nebenkosten, die so genannte ”zweite Miete”. Außerdem gelte der Grenzwert von 175 Kilowatt pro Stunde für alle Mietwohnungen, nicht nur für Neubauten, die eine überdurchschnittlich gute Wärmeenergiebilanz aufweisen. Doch die meisten Mieter, so Alles, leben nun mal in Altbauten- und gerade für diese biete der neue ökologische Mietspiegel einen Anreiz für Wärmedämmung und andere Energiesparmaßnahmen.