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Anschlag in Berlin
Ursprünglich verdächtiger Pakistaner fürchtet um sein Leben

Der unmittelbar nach dem Anschlag in Berlin festgenommene und dann wieder freigelassene Pakistaner Naveed B. fürchtet nach eigenen Angaben um sein Leben und das seiner Verwandten in Pakistan. Das berichtet der britische "Guardian" nach einem Gespräch mit B. Zudem sei er von der Polizei misshandelt worden. Die dementiert.

    Polizisten stehen nach dem Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz Wache.
    Der Pakistaner Naveed B. B. war direkt nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz von der Polizei aufgegriffen und zunächst für tatverdächtig gehalten worden. (pa/dpa/von Jutrczenka)
    Naveed B. fürchtet in Deutschland um sein Leben, nachdem sein Name im Zusammenhang mit dem Anschlag verbreitet worden sei, wie der "Guardian" nach einem Exklusivinterview mit B. berichtet. Außerdem sei seine Familie in Pakistan von Sicherheitskräften kontaktiert worden. Es habe Drohanrufe gegeben. "Meine Familie und ich sind uns einig, dass wir sicherer sind, wenn wir uns öffentlich äußern - und je früher, desto besser", begründet B. das Interview.
    Der zwischenzeitlich Verdächtigte stammt aus Baluchistan in Pakistan. Dort sind viele Extremistengruppen aktiv, unter anderem Separatisten, die für mehr Unabhängigkeit kämpfen. Menschenrechtsaktivisten sagen, der Staat lasse regelmäßig Menschen verschwinden. B. war laut "Guardian" für eine der Gruppen für Baluchistans Unabhängigkeit politisch aktiv gewesen. Dafür habe er Todesdrohungen erhalten.
    Familie nun "verwundbar"
    Niemand habe in Baluchistan gewusst, dass er das Land verlassen habe. Nun wüssten alle, das er in Deutschland sei und hier Asyl beantragt habe. "Das macht meine Familie sehr verwundbar, und ich kann nichts tun, um sie zu beschützen", so Naveed B. im "Guardian". Nun sei er für zunächst zwei Monate an einem geheimen Ort untergebracht und müsse jedes Mal die Polizei informieren, wenn er das Haus verlassen wolle.
    B. war am Tag des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz von der Polizei aufgegriffen und zunächst für tatverdächtig gehalten worden. In dem Interview berichtet er davon, dass die Polizei Gewalt auf ihn ausgeübt habe. Nach seiner Festnahme hätten zwei Polizisten die Hacken ihrer Schuhe in seine Füße gegraben. Einer habe "mit einer Hand großen Druck auf seinen Nacken ausgeübt", heißt es im "Guardian". Als B. sich später gegen Fotos und Entkleidung gewehrt habe, hätten die Beamten ihn geschlagen. Auf dem Polizeirevier habe es zudem große Verständigungsprobleme gegeben, weil es keinen Dolmetscher für seine balutschische Muttersprache gegeben habe, so B. weiter.
    Die Berliner Polizei weist den Vorwurf zurück, Naveed B. misshandelt zu haben. "Das hat nicht den Hauch von Substanz", sagte ein Sprecher. Die Polizei sehe sich in ihrer Arbeit diskreditiert.
    (vic/nin)