Freitag, 29. März 2024

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Anspannung im deutschen Eishockey
Startet die DEL wirklich am 13. November?

Das deutsche Eishockey steht still. Ob die Saison am 13. November beginnt: unklar. Moritz Müller, Kapitän der Kölner Haie will als Spieler-Vertreter mitreden und "alle Register ziehen, um doch irgendwie spielen zu können dieses Jahr." Nicht das einzige Ziel der neuen Spielervertretung.

Moritz Müller im Gespräch mit Thomas Wheeler | 27.09.2020
Moritz Müller behauptet in einem Zweikampf auf dem Eis den Puck.
Moritz Müller (vorne), der Kapitän der Kölner Haie, will die Interessen der Spieler vertreten. (Revierfoto/dpa/picture alliance)
Der Kölner Leon Draisaitl ist zwar zum besten Spieler der nordamerikanischen Profilliga NHL gewählt worden. Aber in seiner Heimat ist die Lage für das deutsche Eishockey und die 14 Vereine der DEL gerade alles andere als rosig. Noch ist unklar, ob die Liga wie geplant am Freitag, den 13. November in die neue Saison starten kann. Wenn, wie von der Politik vorgeschrieben, aufgrund der Corona-Maßnahmen nur 20 Prozent der Zuschauer in die Eishallen dürfen, rechnen die Klubs mit einem großen Minus. Denn bisher erwirtschafteten sie bis zu zwei Drittel ihrer Einkünfte über Zuschauereinnahmen.
Keine leichte Aufgabe für das deutsche Eishockey, meint Moritz Müller, Kapitän der Kölner Haie. "Wie kann man es schaffen die Saison doch zu ermöglichen? Und da gilt es, denke ich, aufmerksam zu machen bei der Politik, dass man da noch mehr sensibilisiert und vielleicht noch mehr Gehör findet. Auf der anderen Seite wird sicherlich noch das Gespräch mit den Spielern stattfinden oder mit möglichen Partnern. Man zieht jetzt alle Register um doch irgendwie spielen zu können dieses Jahr", sagt Müller.
Doch die Ausgangslage für das Eishockey ist schwierig, erklärt der Nationalspieler im Deutschlandfunk-Sportgespräch: "Das Konzept der Politik mit den 20 Prozent Zuschauern in den Stadien, das greift vielleicht für den Fußball. Aber man muss ganz klar sagen, für Eishockey reicht das nicht. Und so können wir erst gar nicht anfangen zu spielen. Wir sind eine Sportart, die sich größtenteils durch Zuschauereinnahmen finanziert oder Spieltags-Einnahmen. Wir haben nicht die großen TV-Verträge, die z.B. der Fußball hat. Das bedeutet, ohne Zuschauer können wir diesen Kostenapparat nicht stemmen."
In dieser schwierigen Zeit gründeten Moritz Müller und Patrick Reimer von den Nürnberg Ice Tigers im August die Spielervereinigung Eishockey (SVE). In den letzten Jahren habe es keine Spielervertretung gegeben, weil die einzelnen Spieler mit ihren individuellen Themen und denen ihrer Vereine beschäftigt waren, sagt Müller: "Die ganze Corona-Thematik war jetzt dieser nötige Anlass, um das Ganze zu beginnen. Und dass es mehr als überfällig ist, diese Reaktion bekommen wir auch aus der Liga von den Spielern."
Moritz Müller lächelt in die Kamera.
Nationalspieler Moritz Müller (picture alliance/Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa)
Die Spielervertretung versteht sich gewissermaßen als Dialogpartner mit dem Deutschen Eishockey-Bund und der Deutschen Eishockey-Liga und als Ansprechpartner für Sorgen und Probleme der Spielerinnen und Spieler.
"Wir haben uns extra Spielervertretung genannt und bewusst nicht Gewerkschaft, weil, wir wollen Dialog-Partner sein für die Liga, für alle Parteien im Eishockey. Wir wollen keine Blockierer sein, sondern wollen helfen, das Produkt besser zu machen. Und ich bin mir sicher, dass das Produkt DEL und das Produkt deutsches Eishockey noch sehr verbesserungswürdig ist. Das ist eigentlich der Hauptgrund, warum wir uns gegründet haben", sagt Moritz Müller.
Ungerechtigkeit weckt Kampfgeist
Darüberhinaus will die Spielervertretung ihren Mitgliedern auch außerhalb des Spielfelds mit ihrer Karriere helfen. "Es geht darum, die Spieler zu beraten in Rechtsfragen, in Versicherungsfragen, in Beraterfragen, in Gesundheitsfragen und unser Ärztenetzwerk auszunutzen, was wir aufgebaut haben in den Jahren - einfach eine Stütze für den Spieler während seiner Karriere. Und ein ganz wichtiges Thema ist für uns auch die Bildung der Spieler."
Müller spricht dabei duale Studiengänge oder berusbegleitendes Lernen an. Vorbilder für die Spielervereinigung seien die Vereinigung der Vertragsfußballspieler in Deutschland oder Interessensgemeinschaften von Eishockeyspielern in Schweden, der Schweiz oder Nordamerika, mit denen es auch Gespräche gegeben habe. Geschäftsführer ist Alexander Sulzer, ehemaliger NHL- und DEL-Spieler. Er übernahm den Posten direkt nachdem er im September seine aktive Karriere beendet hatte.
Als Motivation für die Gründung der Spielervereinigung gibt Müller seinen Gerechtigkeitssinn an. "Die Spieler sind in diesem ganzen Konstrukt Profisport doch oft das schwächste Glied. Und ich hab uns das eine oder andere Mal wirklich unfair behandelt gesehen. Und da ist in mir der Kampfgeist geweckt worden."
"Wir sind doch sehr schnell gewachsen und vertreten mittlerweile auch den Großteil der DEL-Profis. Da sind wir auch sehr stolz drauf", sagt Müller. Die Spielervertretung möchte allerdings nicht nur DEL-Spieler, sondern die höchsten drei Männerligen, die Frauen und den letzten Jahrgang im Jugendbereich vertreten. Vom Verband habe es früh Unterstützung gegeben und auch von Seiten der DEL gebe es schon nach den ersten Wochen Akzeptanz, sagt Müller.