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Antibiotika-resistente Keime in Lebensmitteln gefunden

Wissenschaftler warnen: Antibiotika sind bislang zu großzügig eingesetzt worden - und zwar nicht nur bei Krankheiten, wie man es eigentlich erwarten würde. In der Tierzucht werden Antibiotika zum Beispiel auch als so genannte Leistungsförderer zugefüttert - wenn sich der Landwirt dann in der Menge vertat, bescherte uns dies in der Vergangenheit so manchen Lebensmittelskandal. Wer allerdings dachte, das sei Schnee von gestern, wird eines besseren belehrt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und die Zeitschrift Ökotest haben erneut unerwünschte Rückstände in Lebensmitteln gefunden.

Von Andreas Baum |
    Die Institute und das Magazin Ökotest gehen an die Öffentlichkeit, weil Bakterien im Schweinefleisch gefunden wurden, die gegen Antibiotika resistent sind. Was wiederum darauf hindeutet, dass zu viele Antibiotika in der Tiermast verwendet werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und das Bundesinstitut für Risikobewertung haben 17 verschiedene Schnitzel-Proben unter die Lupe genommen, die in gängigen Supermarktketten zu kaufen sind. Untersucht wurden die Keimbelastung und die Rückstände von Antibiotika. Die Ergebnisse: es wurden Rückstände von Antibiotika gefunden. Das eigentlich alarmierende aber sind die erhöhte Belastung des Fleischs mit Bakterien und Keimen. Die Zeitschrift Ökotest hat die Ergebnisse veröffentlicht, ihr Chefredakteur, Jürgen Stellpflug, erläutert sie:

    In mehreren Proben hat Ökotest eine erhöhte Gesamtkeimzahl gefunden. Keime sind immer im Fleisch vorhanden. Das kann man gar nicht verhindern. Aber eine erhöhte Gesamtkeimzahl von mehr als zehn Millionen koloniebildender Einheiten pro Gramm, das deutet darauf hin, dass entweder bei der Lagerung, bei der Verpackung, oder beim Transport irgendwas schief gegangen ist. Das heißt, dass möglicherweise die zulässigen Lagertemperaturen überschritten worden sind.

    Fehler können an so vielen Stellen in der Kühlkette entstehen, dass wahrscheinlich auch die Hersteller nicht wissen, woran es liegt, dass hier so viele Bakterien gefunden werden. Plausibel ist aber, dass auch der geringe Preis des Fleisches dafür verantwortlich ist, dass bei Lagerung und Transport so mancher Großhändler es nicht so genau nimmt mit den Vorschriften. Nun aber zu den Keimen an sich, die haben es nämlich in sich:

    In verschiedenen Proben haben die Labors so genannte E.-coli-Keime gefunden. Diese Keime sind Darmbakterien, die in der Regel, wenn sie nicht gehäuft auftreten, harmlos sind. Sie zeigen aber an, ob die Keime resistent sind gegen Antibiotika und da mussten wir feststellen: Alle gefundenen E.-coli-Keime sind zumindest gegen ein Antibiotikum resistent, ein Stamm war sogar gegen acht verschiedene Antibiotika resistent, und das wiederum zeigt, es sind die gleichen Antibiotika, die beim Menschen angewendet werden und damit wird es immer schwieriger, wirkungsvolle Antibiotika zu finden, wenn man mal Krankheiten beim Menschen bekämpfen will und muss.

    Die Folgen also eines Wiener Schnitzels muss man sich mal klar machen: Wir könnten uns anstecken an Krankheiten, die mit gängigen Antibiotika nicht mehr zu heilen sind, weil die Bakterien resistent sind. Ein Phänomen, das man bisher nur aus Krankenhäusern kannte, wo ja auch großzügig mit Desinfektionsmitteln gearbeitet wird: Krankheitserreger, die viel und häufig mit ihrem Gegner konfrontiert werden, lernen, sich gegen ihn zu wehren. Es geschieht eine Art Auslese, es überleben diejenigen Keime, die resistent sind, und die können sich dann nach Herzenslust vermehren:

    Zwei E.-coli-Stämme waren gegen ein Antibiotikum resistent, das erst seit einem Jahr auf dem Markt ist, so was darf es eigentlich überhaupt nicht geben, und zeigt tatsächlich: Durch den massiven Einsatz der Antibiotika in der Tiermast werden immer mehr Stämme immer schneller resistent.

    Denn die Tiere werden nicht nur mit Antibiotika behandelt, wenn sie krank sind, was vertretbar wäre. Diese Medikamente werden prophylaktisch eingesetzt, ins Futter gemischt, als Aufbaupräparat missbraucht und so weiter. Der Appell an die Politik verschiedener Verbraucherverbände ist deshalb schon seit langer Zeit, diese Praxis zu beenden:

    Die wichtigste Forderung ist: Umgehend den Einsatz von Antibiotika in der Fleischproduktion zu verringern, und das heißt vor allen Dingen, den vorbeugenden Einsatz, das Mischen in Futtermittel zu unterbinden, zum zweiten heißt es aber auch, die Haltungsbedingungen so zu verbessern, dass nicht die Krankheiten ideale Möglichkeiten haben, sich auszubreiten. Das würde den Zwang, Antibiotika einsetzen, wesentlich verringern und damit zu einer wesentlich geringeren Resistenzbildung in Zukunft führen.

    Um also zu verhindern, dass wir uns nach Schweinefleischgenuss anstecken mit Krankheitserregern, die nur sehr schwer zu bekämpfen sind, müssen Gesetze verschärft werden, und, vor allem, sie müssen besser überwacht werden.