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Antibiotikum schwächt Prionen

Mikrobiologie. - Die Creutzfeld-Jakob-Krankheit, BSE bei Rindern oder die Schafskrankheit Scrapie unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt von fast allen anderen bekannten Infektionskrankheiten. Nicht Bakterien, Viren oder andere Organismen lösen die Symptome aus, sondern Proteine, so genannte Prionen, eigentlich körpereigene Stoffe, die sich ein wenig umformen. Deshalb sah es lange so aus, als könne man der Krankheit nicht mit den klassischen Waffen Antibiotika und Impfungen beikommen. Doch ausgerechnet auf diesen Feldern melden Wissenschaftler in dieser Woche Erfolge.

    Ein Team italienischer und schottischer Forscher berichtet in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS), dass ein Antibiotikum aus der Gruppe der Tetracycline offenbar die Abwehr der Prionen schwächen kann. Prion-Proteine werden normalerweise von den eiweiß-abbauenden Enzymen, den Proteasen, nicht angegriffen. Ein Mittel gegen diese Protease-Resistenz zu finden, ist eine der Strategien gegen die Prionen-Krankheiten. In PNAS beschreiben die Wissenschaftler Versuche an Hamstern, bei denen durch das Tetracyclin einige Prione wehrlos und für die Enzyme ein "leichtes Spiel" geworden sind. Die Forscher hatten Hirngewebe aus Scrapie-infizierten Hamstergehirnen mit dem Antibiotikum versetzt. Nach ein und zwei Tagen injizierten sie diese Mischung in Hamsterhirne und stellten fest, dass sich deren Inkubationszeit wesentlich verlängert hatte. Die mit Scrapie und Tetracyclinen behandelten Hamster zeigten also deutlich später Zeichen der Krankheit als eine zweite Testgruppe, die mit Scrapie-infiziertem Hirngewebe ohne Tetracycline in Kontakt kamen.

    Ob sich aus diesem Ansatz eine Prophylaxe gegen Prion-Krankheiten entwickeln lässt, ist noch nicht klar. Professor Hans Kretzschmar, Leiter des Instituts für Neuropathologie der LMU München, meint: "Was man jetzt machen kann und was die Autoren auch selbst vorschlagen, ist: Man kann zum Beispiel Blutkonserven, bei denen vielleicht eine Gefahr besteht, dass sie von Patienten mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit stammen, mit Tetracyclinen versetzen in der Annahme, dass die Infektiösität zurückgeht oder gar verschwindet. Das ist der nächste Schritt. Der andere Schritt wäre, am lebenden Tier zu testen, ob Tetracycline tatsächlich als Therapeutikum in Frage kämen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, aber man muss es erst noch zeigen."

    Kretschmar selbst hatte erst im Juli ein mögliches Impfverfahren gegen BSE vorgeschlagen: "Uns ist es gelungen, mit so genannten CpG Oligodesoxynukleotiden die Krankheit entweder zu verhindern oder weit hinauszuschieben und die Inkubationszeit zu verlängern. Ob unser Therapieansatz auch Gültigkeit hat, wenn die Infektion schon vor längerer Zeit stattgefunden hat, wissen wir nicht. Das ist das nächste, was wir herausbekommen wollen."

    [Quelle: Grit Kienzlen]