Burkhard Müller-Ullrich: Martin Ebbing in Teheran: Wissen's die Mullahs denn jetzt?
Martin Ebbing: Ich denke sie sind nicht sehr viel schlauer geworden. Und das eigenartige daran ist, dass sie diese ganze Veranstaltung, nämlich die Ausstellung mit den 204 Karikaturen, die da in Teheran zu sehen ist, eigentlich nun begonnen haben, ohne den Westen allzu sehr davon wissen zu lassen. Die westliche Presse hat mehr durch Zufall erfahren. Und es war ihnen auch ein bisschen peinlich, dass wir da auftauchten, um uns anzugucken, wie es denn nun um unsere Meinungsfreiheit bestellt ist.
Müller-Ullrich: Also es wurde Ihnen nicht breit grinsend präsentiert?
Ebbing: Nein, ganz im Gegenteil. Man war ein bisschen schüchtern und ich persönlich halte diese Begründung, die Sie ja gerade genannt haben, dass es darum geht, die Meinungsfreiheit im Westen auszutesten, eher für eine Verlegenheitsbegründung. Denn ich Wirklichkeit bettet sich das alles ein in eine Kampagne gegen Israel und auch eine Kampagne gegen das, was hier so Zionismus genannt wird. Denn der Ursprung der ganzen Geschichte war eigentlich der, dass zum Höhepunkt der Äußerungen von Präsident Ahmadinedschad, Israel müsste von der Landkarte verschwinden und der Debatte darüber, die Zeitung Hamschahri diesen Wettbewerb ausgeschrieben hat. Da ging es ganz offen um Holocaust und um die Behauptung, der Holocaust sei eine Lüge und das müsse enttarnt werden. Da gab es sehr viel internationale Kritik und Proteste. Und selbst die Verantwortlichen, die ich persönlich kenne, sind ein bisschen ins Nachdenken geraten und haben dann diese Begründung nachgeschoben.
Müller-Ullrich: Wenn man selber einen Holocaust anrichten will, ist sozusagen der Tabubruch, Witze über denselben zu machen, gar nicht so groß.
Ebbing: Das könnte man so sagen. Und es gibt eigentlich, wenn man sich die Ausstellung anschaut, auch relativ wenig zu lachen und zu schmunzeln. Ich muss ehrlich sagen, dass ich immer hin und her gerissen war zwischen offener Empörung und gleichzeitigem Kopfschütteln. Sehr symbolisch für mich war, dass das Veranstaltungsplakat 'Holocaust - international caricature competition' einen Druckfehler hatte. In "Holocaust" fehlte das "a". Und das ist irgendwie für mich sehr symptomatisch. Die Leute wissen nicht mal, wie man es schreibt und haben noch weniger Ahnung davon, was eigentlich der Holocaust ist. Dies ist hier in dieser Region wirklich Tabula rasa. Es gibt wenig Informationen darüber. Das kann man den Menschen zum Teil gar nicht mal vorwerfen. Denn in der Schule lernen sie es nicht, es gehört nicht zum gesellschaftlichen Diskurs und wenn sie über Holocaust etwas erfahren, dann aus der staatlichen Propaganda und da haben dann die Töne doch die Oberhand, die deutlich sagen, das ganze sei mehr ein Mythos, das sei missbraucht, die Juden würden davon nur ihre Vorteile ziehen und ähnliche Dinge mehr.
Müller-Ullrich: Sie sagten, das Plakat hat einen Druckfehler und die ganze Sache wird offenbar nicht so hoch gehängt. Aber wie kommt man denn hin? In welchem Haus ist das? Im Museum für palästinensische Kunst, habe ich gehört. Ist das leicht zu finden? Wird in der Stadt Werbung gemacht dafür?
Ebbing: Also es gibt verschiedene Plakate. Das Museum selbst wurde mit dieser Ausstellung eröffnet. Der Ausstellungsverantwortliche, das ist gleichzeitig der Direktor des Hauses für Karikaturen in Teheran, hat auch im Interview keinen Hehl daraus gemacht, dass er sehr glücklich darüber sei, dass die Eröffnung dieser Ausstellung ausgerechnet an dem Tag stattfinden würde, wo die Hisbollah im Libanon Israel eine Empfindliche Niederlage beigebracht habe und die Ausstellung selbst sei auf kultureller Ebene ebenfalls ein Kampf gegen Israel. Die Atmosphäre ist relativ entspannt und relativ gelockert. Es ist irgendwie auch sehr bizarr und sehr komisch, dass da Leute mit Saftgläsern in der Hand, in der rechten und in der linken ein paar Süßigkeiten, an diesen Bilder vorbeischlendern und wenn man sie fragt, wie es ihnen gefällt, sie sagen, ja, anregend, gut, neue Erkenntnisse, gut gezeichnet, und wenn man was Kritisches hört, dann sagen die Leute allenfalls, es hätte ruhig noch ein bisschen schärfer sein können.
Müller-Ullrich: Der Wettbewerb als solcher hat erheblichen Zuspruch gefunden, international sogar, nämlich 1100 Zusendungen aus 60 Ländern hat es gegeben. Davon sind jetzt 200 Ergebnisse ausgestellt. Was sieht man denn da genau?
Ebbing: Das sind alles sehr professionelle Leute, die daran teilgenommen haben, gut gezeichnete Bilder, die so die üblichen Klischees wiedergeben. Das symptomatische Bild hängt gleich am Eingang. Das ist eine Zeichnung aus Indien. Da sieht man einen Arm, der von unten ins Bild kommt, auf dem ein Davidstern abgedruckt ist, und der einen übergroßen Luftballon festhält, auf dem ganz dick und breit Holocaust steht. Und von links kommt ins Bild ein weiterer Arm mit der Aufschrift Iran und in der Hand hält der eine lange, spitze Nadel. Und es ist klar, was passieren soll. Diese Nadel soll diesen Luftballon zum platzen bringen. Das ist das Programm. Und dann gibt es so diese anderen Darstellungen, beispielsweise dicke Bücher, auf denen im Titel dann Holocaust steht und darunter ist dann zu sehen, wie Menschen unter der Last dieses Buches, Palästinenser, erdrückt, zerquetscht werden. Es gibt Darstellungen von israelischen Panzern, wo Hitler aus dem Turm heraus guckt und diese Panzer machen palästinensische Siedlungen und Häuser nieder. Adolf Hitler mit einem Davidstern drängt, schiebt, drückt Palästinenser in einen KZ-ähnlichen Verschlag. Solche Dinge gibt es da zu sehen. Das ist alles sehr geschmacklos.
Müller-Ullrich: Das war Martin Ebbing in Teheran. Vielen Dank für diese Auskünfte.
Martin Ebbing: Ich denke sie sind nicht sehr viel schlauer geworden. Und das eigenartige daran ist, dass sie diese ganze Veranstaltung, nämlich die Ausstellung mit den 204 Karikaturen, die da in Teheran zu sehen ist, eigentlich nun begonnen haben, ohne den Westen allzu sehr davon wissen zu lassen. Die westliche Presse hat mehr durch Zufall erfahren. Und es war ihnen auch ein bisschen peinlich, dass wir da auftauchten, um uns anzugucken, wie es denn nun um unsere Meinungsfreiheit bestellt ist.
Müller-Ullrich: Also es wurde Ihnen nicht breit grinsend präsentiert?
Ebbing: Nein, ganz im Gegenteil. Man war ein bisschen schüchtern und ich persönlich halte diese Begründung, die Sie ja gerade genannt haben, dass es darum geht, die Meinungsfreiheit im Westen auszutesten, eher für eine Verlegenheitsbegründung. Denn ich Wirklichkeit bettet sich das alles ein in eine Kampagne gegen Israel und auch eine Kampagne gegen das, was hier so Zionismus genannt wird. Denn der Ursprung der ganzen Geschichte war eigentlich der, dass zum Höhepunkt der Äußerungen von Präsident Ahmadinedschad, Israel müsste von der Landkarte verschwinden und der Debatte darüber, die Zeitung Hamschahri diesen Wettbewerb ausgeschrieben hat. Da ging es ganz offen um Holocaust und um die Behauptung, der Holocaust sei eine Lüge und das müsse enttarnt werden. Da gab es sehr viel internationale Kritik und Proteste. Und selbst die Verantwortlichen, die ich persönlich kenne, sind ein bisschen ins Nachdenken geraten und haben dann diese Begründung nachgeschoben.
Müller-Ullrich: Wenn man selber einen Holocaust anrichten will, ist sozusagen der Tabubruch, Witze über denselben zu machen, gar nicht so groß.
Ebbing: Das könnte man so sagen. Und es gibt eigentlich, wenn man sich die Ausstellung anschaut, auch relativ wenig zu lachen und zu schmunzeln. Ich muss ehrlich sagen, dass ich immer hin und her gerissen war zwischen offener Empörung und gleichzeitigem Kopfschütteln. Sehr symbolisch für mich war, dass das Veranstaltungsplakat 'Holocaust - international caricature competition' einen Druckfehler hatte. In "Holocaust" fehlte das "a". Und das ist irgendwie für mich sehr symptomatisch. Die Leute wissen nicht mal, wie man es schreibt und haben noch weniger Ahnung davon, was eigentlich der Holocaust ist. Dies ist hier in dieser Region wirklich Tabula rasa. Es gibt wenig Informationen darüber. Das kann man den Menschen zum Teil gar nicht mal vorwerfen. Denn in der Schule lernen sie es nicht, es gehört nicht zum gesellschaftlichen Diskurs und wenn sie über Holocaust etwas erfahren, dann aus der staatlichen Propaganda und da haben dann die Töne doch die Oberhand, die deutlich sagen, das ganze sei mehr ein Mythos, das sei missbraucht, die Juden würden davon nur ihre Vorteile ziehen und ähnliche Dinge mehr.
Müller-Ullrich: Sie sagten, das Plakat hat einen Druckfehler und die ganze Sache wird offenbar nicht so hoch gehängt. Aber wie kommt man denn hin? In welchem Haus ist das? Im Museum für palästinensische Kunst, habe ich gehört. Ist das leicht zu finden? Wird in der Stadt Werbung gemacht dafür?
Ebbing: Also es gibt verschiedene Plakate. Das Museum selbst wurde mit dieser Ausstellung eröffnet. Der Ausstellungsverantwortliche, das ist gleichzeitig der Direktor des Hauses für Karikaturen in Teheran, hat auch im Interview keinen Hehl daraus gemacht, dass er sehr glücklich darüber sei, dass die Eröffnung dieser Ausstellung ausgerechnet an dem Tag stattfinden würde, wo die Hisbollah im Libanon Israel eine Empfindliche Niederlage beigebracht habe und die Ausstellung selbst sei auf kultureller Ebene ebenfalls ein Kampf gegen Israel. Die Atmosphäre ist relativ entspannt und relativ gelockert. Es ist irgendwie auch sehr bizarr und sehr komisch, dass da Leute mit Saftgläsern in der Hand, in der rechten und in der linken ein paar Süßigkeiten, an diesen Bilder vorbeischlendern und wenn man sie fragt, wie es ihnen gefällt, sie sagen, ja, anregend, gut, neue Erkenntnisse, gut gezeichnet, und wenn man was Kritisches hört, dann sagen die Leute allenfalls, es hätte ruhig noch ein bisschen schärfer sein können.
Müller-Ullrich: Der Wettbewerb als solcher hat erheblichen Zuspruch gefunden, international sogar, nämlich 1100 Zusendungen aus 60 Ländern hat es gegeben. Davon sind jetzt 200 Ergebnisse ausgestellt. Was sieht man denn da genau?
Ebbing: Das sind alles sehr professionelle Leute, die daran teilgenommen haben, gut gezeichnete Bilder, die so die üblichen Klischees wiedergeben. Das symptomatische Bild hängt gleich am Eingang. Das ist eine Zeichnung aus Indien. Da sieht man einen Arm, der von unten ins Bild kommt, auf dem ein Davidstern abgedruckt ist, und der einen übergroßen Luftballon festhält, auf dem ganz dick und breit Holocaust steht. Und von links kommt ins Bild ein weiterer Arm mit der Aufschrift Iran und in der Hand hält der eine lange, spitze Nadel. Und es ist klar, was passieren soll. Diese Nadel soll diesen Luftballon zum platzen bringen. Das ist das Programm. Und dann gibt es so diese anderen Darstellungen, beispielsweise dicke Bücher, auf denen im Titel dann Holocaust steht und darunter ist dann zu sehen, wie Menschen unter der Last dieses Buches, Palästinenser, erdrückt, zerquetscht werden. Es gibt Darstellungen von israelischen Panzern, wo Hitler aus dem Turm heraus guckt und diese Panzer machen palästinensische Siedlungen und Häuser nieder. Adolf Hitler mit einem Davidstern drängt, schiebt, drückt Palästinenser in einen KZ-ähnlichen Verschlag. Solche Dinge gibt es da zu sehen. Das ist alles sehr geschmacklos.
Müller-Ullrich: Das war Martin Ebbing in Teheran. Vielen Dank für diese Auskünfte.