"Das eine Kind ist in Deutschland geboren, da haben wir Papiere", sagte der Hannoveraner Anwalt Dirk Schoenian im Dlf. Die mittlerweile verstorbene Mutter sei deutsche Staatsangehörige. Das gelte auch für das zweite Kind. Die in Baden-Württemberg lebenden Großeltern haben nun die Vormundschaft für die Kinder. "Nachvollziehbare Gründe, weshalb die Kinder nicht geholt werden, existieren meines Erachtens nicht", betonte der Anwalt.
Die beiden Kinder seien allein ins syrisches Flüchtlingslager Al Hol gekommen, da ihre Mutter nicht genügend Geld für die Fluchthelfer gehabt habe, um selbst mitzukommen. Im Lager kümmere sich eine Marokkanerin um die Kinder. Sie stehe mit den deutschen Großeltern in telefonischem Kontakt. Daher werde es vermutlich auch keine Probleme geben, die Kinder in dem überfüllten Lager zu finden. Zudem seien auch deutsche Geheimdienste und Journalisten vor Ort. Demzufolge müsste es also möglich sein, diese Kinder nach Deutschland zu bringen.
Bundesregierung misst mit zweierlei Maß
Schoenian sagte im Deutschlandfunk, es geschehe fast nichts von Seiten des Auswärtigen Amtes. Immerhin habe man sich um eine kurzfristige medizinische Versorgung der Kinder über eine Nichtregierungsorganisation gekümmert. Davon abgesehen werde er vertröstet mit der Aussage, die Bundesregierung könne keinen konsularischen Schutz vor Ort gewährleisten, da die Deutsche Botschaft in Damaskus geschlossen sei.
Die Bundesregierung ignoriere damit geltendes Recht, bestätigte der Anwalt. "Die Bundesregierung ist völkerrechtlich - und das kann man nicht bestreiten - verpflichtet, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen." Gegenüber den Mahgreb-Staaten vertrete Berlin diese Position offensiv, wenn es um die Rücknahme von beispielsweise marokkanischen Staatsangehörigen gehe. "Selbst will sie sich an das Völkerrecht nicht halten."
"Berichte lassen einen erschaudern"
Wie Schoenian weiter ausführte, befinden sich die beiden Mädchen in dem überfüllten Lager in einer unbeschreiblichen Situation. Berichte des Internationalen Roten Kreuzes ließen einen "erschaudern", so Schoenian, der im Dlf daraus zitierte: "Auf dem Boden lagen Decken mit zwei Babies im Alter von vier oder fünf Monaten, einfach zurückgelassen. Die Menschen laufen daran vorbei. Es ist eine apokalyptische Szenerie vor Ort. Man sieht Menschen, die im Sterben liegen, schreiende Kinder mit offenen Wunden, Menschen, die über Monate nichts gegessen haben. Der Gestank ist unbeschreiblich. Hunderte Kinder sind in dieser Hölle auf sich selbst gestellt und es gibt die enorme, reale Gefahr sexueller Gewalt."
Die Weltgesundheitsorganisation habe im Februar berichtet, dass in den vorangegangenen drei Monaten mehr als 37.000 Menschen in dem kleinen Lager aufgenommen wurden, in dieser Zeit habe es 73 registrierte Todesfälle vor Ort gegeben. "Zwei Drittel davon entfielen auf Kleinkinder", sagte Schoenian. Insgesamt befänden sich in dem Lager 76.000 Menschen. Die kurdische Verwaltung des Lagers sei offensichtlich überfordert.
Die Weltgesundheitsorganisation habe im Februar berichtet, dass in den vorangegangenen drei Monaten mehr als 37.000 Menschen in dem kleinen Lager aufgenommen wurden, in dieser Zeit habe es 73 registrierte Todesfälle vor Ort gegeben. "Zwei Drittel davon entfielen auf Kleinkinder", sagte Schoenian. Insgesamt befänden sich in dem Lager 76.000 Menschen. Die kurdische Verwaltung des Lagers sei offensichtlich überfordert.