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Apfelfront gegen Rechts

Wortschatz und Symbolik alter und neuer Nazis übernehmen, um sie daduch zu entlarven: Das versucht eine kleine Gruppe Greifswalder Studenten. Sie wehren sich gegen die Verbreitung rechtsextremer Ideologien an der Universität - auch durch Burschenschaften, die der Verfassungsschutz gar nicht im Visier hat.

Von Almuth Knigge |
    Schnell noch den akkuraten Rechtsscheitel nach und die Augenbrauen zusammengezogen und dann geht's los.

    "Was macht deutscher Jugend Kraft, Apfelsaft, Apfelsaft!"

    Die Mission ist klar - Die Front deutscher Äpfel kämpft für die Reinerhaltung des deutschen Apfels gegen die Überfremdung durch Südfrüchte.

    "Für den doitschen Apfel!"

    Dafür gehen Sie auf die Straße. Schwarze strenge Kleidung, ordentlich gebügelt, eine Armbinde in rotschwarzweiß mit Apfelsymbol als Erkennungszeichen - Ähnlichkeiten mit dem auftreten von SS und Gestapo erwünscht. Dass sie immer da auftauchen, wo auch die NPD ihre Kundgebungen abhält - Kein Zufall.

    "Das Ziel ist wir wollen schockieren, wir wollen die Leute erschrecken mit diesem Angesicht, weil die NPD sich heute versteckt hinter Anzügen und hinter Schreinerklamotten. Sie sind mehr erkennbar als eine radikale, ausländerfeindliche faschistische Organisation. Wir wollen wieder deutlich machen, das sind Faschisten und wir wollen mit unseren Slogans daran erinnern, das sind richtige Rechtsradikale und davor müsst ihr Angst haben."

    Sebastian Jabbusch und die kleine Gruppe Greifswalder Studenten übernehmen die Symbolik und den Wortschatz alter und neuer Nazis um sie dadurch zu entlarven.

    "Die NPD ist ja eine Satire auf sich selbst und in sofern müssen wir nicht viel ändern."

    Satire gegen Rechtsextreme - nicht bei wenigen schnellt das sofort der mahnende Zeigefinger in die Höhe, eine Reaktion, die auch die Apfelfront kennt.

    "Die, die schockiert sind und sagen, so was geht nicht, ich finde die NPD dumm, da sagen wir, das ist genau das, was wir erreichen wollen, und die, die die Satire verstehen und über uns lachen, das ist auch gut, insofern sind wir über beide Reaktionen froh."

    Durch das Auftreten der Apfelfront lenken sie die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich - weg von der NPD - eine einfache wie wirksame Methode.

    "Es gibt ganz viele Leute, die sagen, nachdem sie es verstanden haben, hey klasse, ihr seid wichtig, gut, dass ihr hier seid und mal auf die Straße geht für diese Sache beziehungsweise gegen die NPD antretet. Es macht hier keiner mehr und das ist wichtig."

    Noch sind Semesterferien, noch ist die Gruppe, die sich erst vor sechs Wochen gegründet hat, klein. Aber schon schlagkräftig. Für das neue Semester plant Gauleiter Jabbusch ein großes linkes Gegenprojekt.

    "Wir planen momentan, eine Burschenschaft zu gründen hier in Greifswald, weil die Burschenschaften ja dafür bekannt sind, zum Beispiel "Rugia", dass sie einige Verbindungen ins rechtsextreme Lager hat und da wollen wir doch mal den Markt aufmischen und denen zeigen, was eine wahre nationale Burschenschaft hier alles macht und kann."

    Auch, um stärker darauf aufmerksam zu machen, wie die beiden Burschenschaften "Rugia" und "Makromania" versuchen, rechtsextreme Ideologien an der Universität zu verbreiten. Vor allem in Greifswald sind sie nach der Wende wieder schnell aktiv geworden. So versuchte zum Beispiel die Burschenschaft "Rugia" vergeblich einen öffentlichen Vortrag im Audimax zu veranstalten mit einem Redner, der in seinen Büchern die deutsche Kriegsschuld leugnet.

    Wie weit sind die Burschenschaften in das rechtsextreme Netzwerk verstrickt? Das Innenministerium sagt dazu lapidar, Burschenschaften seien kein Beobachtungsgebiet des Verfassungsschutzes. Dass diese Verbindungen aber eindeutig vorhanden sind, das bestätigt der Rechtsextremismus-Experte Günter Hoffmann:

    "Vor allen durch die Rochow-Brüder, Matthias und Stefan Rochow, die beide in der JLO der jungen Landsmannschaft Ostpreussen sowie der NPD verankert sind. Matthias Rochow ist zumindest Alter Herr bei der "Rugia" in Greifswald, betreibt auch deren Internetpräsenz und betrieb die Internetpräsenz der NPD bis vor wenigen Monaten."

    Hoffmann kennt die Szene in Vorpommern wie kein Zweiter. Bei einem Wahlerfolg der NPD, sagt er, wird auch den Burschenschaften eine größere Rolle zufallen.

    "Ich denke, dass die Burschenschaften als solches gar kein Interesse haben an öffentlicher Wahrnehmung. Sie werden aber ganz sicher mit als Pool dafür dienen für eventuelle Fraktionsmitarbeiter - ganz sicher ist es für die NPD eine nicht zu unterschätzende Ressource."