Sie kommt zwar auch bei uns vor. Doch eigentlich sei der Name Deutsche Schabe gar nicht treffend, sagt Coby Schal, Professor für Entomologie, also für Insektenkunde, an der North Carolina State University in Raleigh in den USA:
"Das ist ein schrecklich irreführender Name. Er stammt von dem berühmten schwedischen Naturforscher Linnaeus. Er bekam ein Exemplar des Insekts aus Deutschland und nannte es kurzerhand 'Deutsche Schabe'. Dabei stammt die Art eigentlich aus Südostasien. In Deutschland war sie damals nicht einmal stark verbreitet."
Unerwünscht ist das knapp zwei Zentimeter große Krabbeltier aber überall, wo es auftaucht. Der enge Verwandte der Kakerlake ist ein Vorratsschädling. Er nistet sich gerne in Küchen und Restaurants ein und kann noch dazu Krankheiten übertragen. Deswegen wird er schon lange bekämpft. Bevorzugt mit Ködern, die ein Insektizid enthalten. Und einen Zucker, der die Schaben anlocken und dazu verleiten soll, das tödliche Gift zu schlucken. Doch schon in den 80er-Jahren stellte man erstaunliche Verhaltensänderungen bei den Schaben fest. Jules Silverman arbeitete damals für eine Firma, die die Köder herstellte. Heute ist auch er Professor für Entomologie an der North Carolina State University:
"Wir entdeckten damals, daß die Köder ihre Anziehungskraft verloren. Weil die Schaben eine Abneigung gegen den Traubenzucker darin entwickelten. Das geschah innerhalb von drei Jahren - was eine sehr schnelle Anpassung war. Erst heute verstehen wir den Mechanismus, der hinter dieser Verhaltensänderung steckt."
Demnach veränderte sich die Reaktion der Geschmacksrezeptoren bei den Schaben. Coby Schal:
"Das sensorische System der Schaben ist dem des Menschen ziemlich ähnlich. Beide verfügen über Zellen mit Geschmacksrezeptoren. Bei Insekten sitzen sie allerdings auf Haaren und nicht auf Knospen. Wir haben jetzt den zellulären Mechanismus entschlüsselt, der dazu führt, daß die Schaben nicht mehr auf Traubenzucker reagieren. Bei ihnen aktiviert der Zucker nicht mehr die Rezeptoren für süßen, sondern die für bitteren Geschmack. Das schreckt die Schaben dann ab."
Die ganze Sache ist sehr mysteriös. Ein Futter, auf das Schaben normalerweise voll abfahren, weil es so süß und nahrhaft ist, wandelt sich plötzlich in so etwas Abschreckendes wie Spinat für Kleinkinder. Schal:
"Die meisten Insekten entwickeln Resistenzen gegen die Insektizide selbst, also gegen die Chemikalien, die sie umbringen sollen. Für mehr als 1000 verschiedene Arten ist das belegt. Häufig wird das Insekt fähig, den Giftstoff zu verarbeiten und umzuwandeln. In unserem Fall aber haben wir keine körperphysiologische Anpassung, sondern eine Verhaltensänderung. Das ist sehr ungewöhnlich. So weit wir wissen, gibt es kein anderes Beispiel dafür, daß ein und dieselbe Substanz erst als süß und später als bitter wahrgenommen wird, und das von derselben Tierart."
Besonders verblüffend dabei: Andere, strukturell sehr ähnliche Zuckersorten werden von den Schaben weiterhin als süß empfunden und gefressen. Zwei Fragen können die Forscher heute noch nicht beantworten. Was sich auf molekularer Ebene im Zwischenspiel von Traubenzucker und Rezeptoren verändert hat. Und welchen Nutzen die Schaben davon haben, eine Aversion gegen den süßen Lockstoff zu entwickeln. Und keine Resistenz gegenüber dem tödlichen Giftstoff. Eine Vermutung ist, daß es womöglich schneller geht. Coby Schal hält es auf jeden Fall für wichtig, Phänomene wie die Traubenzucker-Aversion der Schaben weiter zu erforschen:
"Es gibt ein ständiges Wettrüsten zwischen uns und den Schaben. Wenn wir ein neues Konzept zu ihrer Bekämpfung einführen wie die Zucker-Köder, stellen sich die Schaben irgendwann darauf ein, ganz im Sinne einer evolutionären Anpassung. Jetzt im Moment sind sie gerade dabei, Wege zu finden, um auch gegen neue Bekämpfungsmittel resistent zu werden."
"Das ist ein schrecklich irreführender Name. Er stammt von dem berühmten schwedischen Naturforscher Linnaeus. Er bekam ein Exemplar des Insekts aus Deutschland und nannte es kurzerhand 'Deutsche Schabe'. Dabei stammt die Art eigentlich aus Südostasien. In Deutschland war sie damals nicht einmal stark verbreitet."
Unerwünscht ist das knapp zwei Zentimeter große Krabbeltier aber überall, wo es auftaucht. Der enge Verwandte der Kakerlake ist ein Vorratsschädling. Er nistet sich gerne in Küchen und Restaurants ein und kann noch dazu Krankheiten übertragen. Deswegen wird er schon lange bekämpft. Bevorzugt mit Ködern, die ein Insektizid enthalten. Und einen Zucker, der die Schaben anlocken und dazu verleiten soll, das tödliche Gift zu schlucken. Doch schon in den 80er-Jahren stellte man erstaunliche Verhaltensänderungen bei den Schaben fest. Jules Silverman arbeitete damals für eine Firma, die die Köder herstellte. Heute ist auch er Professor für Entomologie an der North Carolina State University:
"Wir entdeckten damals, daß die Köder ihre Anziehungskraft verloren. Weil die Schaben eine Abneigung gegen den Traubenzucker darin entwickelten. Das geschah innerhalb von drei Jahren - was eine sehr schnelle Anpassung war. Erst heute verstehen wir den Mechanismus, der hinter dieser Verhaltensänderung steckt."
Demnach veränderte sich die Reaktion der Geschmacksrezeptoren bei den Schaben. Coby Schal:
"Das sensorische System der Schaben ist dem des Menschen ziemlich ähnlich. Beide verfügen über Zellen mit Geschmacksrezeptoren. Bei Insekten sitzen sie allerdings auf Haaren und nicht auf Knospen. Wir haben jetzt den zellulären Mechanismus entschlüsselt, der dazu führt, daß die Schaben nicht mehr auf Traubenzucker reagieren. Bei ihnen aktiviert der Zucker nicht mehr die Rezeptoren für süßen, sondern die für bitteren Geschmack. Das schreckt die Schaben dann ab."
Die ganze Sache ist sehr mysteriös. Ein Futter, auf das Schaben normalerweise voll abfahren, weil es so süß und nahrhaft ist, wandelt sich plötzlich in so etwas Abschreckendes wie Spinat für Kleinkinder. Schal:
"Die meisten Insekten entwickeln Resistenzen gegen die Insektizide selbst, also gegen die Chemikalien, die sie umbringen sollen. Für mehr als 1000 verschiedene Arten ist das belegt. Häufig wird das Insekt fähig, den Giftstoff zu verarbeiten und umzuwandeln. In unserem Fall aber haben wir keine körperphysiologische Anpassung, sondern eine Verhaltensänderung. Das ist sehr ungewöhnlich. So weit wir wissen, gibt es kein anderes Beispiel dafür, daß ein und dieselbe Substanz erst als süß und später als bitter wahrgenommen wird, und das von derselben Tierart."
Besonders verblüffend dabei: Andere, strukturell sehr ähnliche Zuckersorten werden von den Schaben weiterhin als süß empfunden und gefressen. Zwei Fragen können die Forscher heute noch nicht beantworten. Was sich auf molekularer Ebene im Zwischenspiel von Traubenzucker und Rezeptoren verändert hat. Und welchen Nutzen die Schaben davon haben, eine Aversion gegen den süßen Lockstoff zu entwickeln. Und keine Resistenz gegenüber dem tödlichen Giftstoff. Eine Vermutung ist, daß es womöglich schneller geht. Coby Schal hält es auf jeden Fall für wichtig, Phänomene wie die Traubenzucker-Aversion der Schaben weiter zu erforschen:
"Es gibt ein ständiges Wettrüsten zwischen uns und den Schaben. Wenn wir ein neues Konzept zu ihrer Bekämpfung einführen wie die Zucker-Köder, stellen sich die Schaben irgendwann darauf ein, ganz im Sinne einer evolutionären Anpassung. Jetzt im Moment sind sie gerade dabei, Wege zu finden, um auch gegen neue Bekämpfungsmittel resistent zu werden."