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Aquakultur

Die Menschen fangen zu viel Fisch aus den Meeren, so langsam wird die Beute knapp. Die Europäische Union musste bereits einschneidende Beschränkungen des Fangs bestimmter Fischarten verhängen und der Preis für frischen Seefisch ist in letzter Zeit deutlich nach oben gegangen. Eine Alternative ist die Aquakultur, also die Zucht in Käfigen im Meer oder auch in Fischteichen. Sie ist umstritten wie jede Art von Intensiv-Tierhaltung, doch sie setzt sich immer mehr durch. Am Wochenende wurde in Büsum in Schleswig-Holstein die größte Steinbutt-Zuchtanlage in Europa in Betrieb genommen.

Von Annette Eversberg |
    Am Anfang stand die Idee von zwei Fischereibiologen. Sie bauten vor mehr als 15 Jahren eine Anlage in Strande bei Kiel zur Aufzucht von Steinbutts. Der Steinbutt ist ein Plattfisch aus der Nordsee, wie die Scholle. Von oben betrachtet macht er seinem Namen alle Ehre. Er sieht aus wie ein schwärzlich-grünbraun gefurchter Stein. Gegenüber der ersten Anlage ist die Aquakultur in Büsum nun ein richtiger Quantensprung, erläutert der Fischereibiologe und Mitgesellschafter von Ecomares, Gerrit Quantz:

    "Wir haben in Strande ja die Jahre Satzfische für andere Anlagen produziert, haben die nach Spanien, Italien und Portugal exportiert. Und die Märkte sind für uns dort sehr schwierig geworden, weil die kleinen Familienbetriebe, die wir damals beliefert haben, sind mehr oder weniger aufgekauft oder eingenommen worden von großen Konzernen. Die Steinbuttaquakultur ist nun in der Hand von zwei, drei großen norwegischen Konzernen. Und wir kommen da als Satzfischlieferant nicht mehr ins Geschäft. Auf der anderen Seite haben wir in der Zwischenzeit in Strande sehr viele Versuche gemacht, die Aquakultur in solchen geschlossenen Systemen zu betreiben, und haben die so weit gebracht, daß wir auch den Schritt gewagt haben, jetzt in so eine kommerzielle Kreislaufsteinbuttanlage zu investieren."

    Diesmal werden nicht nur Setzlinge, sondern vor allem marktfähige Fische von bis zwei Kilo aufgezogen. In etwa 20 großen Betonbecken, die in einer modernen Halle stehen. Die Tiefe ist nur gering, denn der Steinbutt liebt das flache Wasser, das in dem Kreislaufsystem extra für seine Bedürfnisse aufbereitet wird. Ernst-Heinrich Kock, ebenfalls Gesellschafter von Ecomares beschreibt das System:

    "Das Wasser, was wir der Nordsee entnehmen, wird gereinigt. In einem Trommelfilter werden die Reste herausgefischt, wie Fischkot und Fischreste. Danach kommt es in eine biologische Nachklärung, wird dann entgast und dann mit Sauerstoff angereichert, in den Kreislauf zurückgesandt, so daß wir praktisch unsere eigene Welt haben."

    Wenn die Anlage mit voller Kapazität gefahren wird, dann rechnen die Betreiber damit, daß sie jährlich 100 Tonnen Fisch produzieren können. Zu einem Kilopreis von rund 28 Mark. Denn der Steinbutt gehört zu den seltenen und damit auch teuren Fischen. Gefüttert werden die Tiere mit Fischmehl. Denn der Steinbutt ist ein Raubfisch und ernährt sich auch in der freien Nordsee von kleinen und größeren Fischen. Vor dem EU-weiten Tiermehlverbot war es möglich, auch Tiermehl von Schlachtabfällen mit einzumischen. Das ist aber auch in Strande nie geschehen, weil man das Futter für die Steinbutts aus Ländern importiert hat, in denen bisher schon ein Tiermehlverbot galt. Daß das Futter auch hält was es verspricht, dafür werden die Hersteller kontrolliert. Wichtig ist auch, daß die Tiere gesund bleiben, um keine Medikamente, und vor allem keine Antibiotika einsetzen zu müssen.

    Gerrit Quantz: "Wenn wir jetzt also mit Antibiotika in dieses System reingehen, würden wir die Bakterien, die wir brauchen für die Wasserreinigung auch töten. Außerdem kommt hinzu, daß in solch einem geschlossenen System in kürzester Zeit sich Resistenzen ausbilden. Da müssen wir sehen, daß wir den Fischen optimale Bedingungen schaffen, damit die keinen Streß erleiden und keine Infektionen aufnehmen wollen."

    Die Anlage in Büsum unterscheidet sich damit von den Lachsfarmen, wie man sie aus Norwegen oder Schottland kennt, in denen die Tiere in Käfigen schwimmen, die vor der Küste direkt in der Nordsee verankert werden. Dies ist ist aus der Sicht von Franciskus Colijn, Meeresbiologe und Direktor des Forschungs- und Technologiezentrums Büsum ein Gewinn für die Aquakultur.

    "Aus ökologischer Sicht ist der Vorteil von dieser Anlage, daß man die Umwelt nicht belastet, was üblicherweise bei den Käfigen immer der Fall ist. Und da gibt es auch bekannte Beispiele dafür, daß die Käfige dazu geführt haben, daß bestimmte Fjorde in Norwegen so ziemlich sauerstofflos sind, weil das Material sich abbaut. Also das ist eine Entwicklung, die eigentlich ungünstig ist. Bei einer solchen geschlossenen Anlage hat man diese Nachteile nicht, und deshalb ist das der Weg in die Zukunft."