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Arbeiten beim Nachbarn

Dänemark kann für deutsche Akademiker einen Ausweg aus der Beschäftigungsmisere bieten. Viele Betriebe suchen nach Nachwuchskräften aus dem Nachbarland. Was muss man mitbringen, um auf dem dänischen Arbeitsmarkt eine Chance zu haben?

Von Jens Wellhöner |
    Vormittags in der Uni Flensburg: Etwa ein Dutzend Studierende wollen sich über Arbeitsmöglichkeiten in Dänemark informieren. Mitarbeiter der Agentur für Arbeit haben dafür Info-Material vorbereitet. Die Studierenden sind gespannt:

    "Ich mache jetzt ab Februar ein Auslandssemester in Dänemark. Betriebswirtschaftslehre, mit Fachrichtung Controlling. Und vielleicht gefällt mir das so gut, dass ich dann vielleicht da bleibe."

    "Ich studiere auch Betriebswirtschafslehre, an der FH. Und gehe vielleicht ab dem Wintersemester nach Dänemark. Und vielleicht kann man da nachher arbeiten."

    "Ich habe Jura studiert, einige Semester. Habe das aber abgebrochen und suche jetzt nach Alternativen."

    Der dänische Arbeitsmarkt boomt. Im nördlichen Nachbarland herrsche sogar Arbeitskräftemangel, so Tom Zielasko von der Flensburger Agentur für Arbeit. Zum Beispiel in Südjütland, also der Region gleich hinter der deutschen Grenze. Hier haben sich mehrere große Betriebe angesiedelt, die vor allem nach Deutschland exportieren. Und besonders von Südjütland bekommt Tom Zielasko laufend Anfragen von Firmen, die in Deutschland Nachwuchskräfte suchen.

    "Täglich kann man sagen. Im sozialerzieherischen-pädagogischen Bereich. Insbesondere für Absolventen aus dem Metall-, Maschinenbau-, Elektro- und Elektrotechnischen Bereich. Wir haben in Südjütland nahe der deutschen Grenze sehr gute Möglichkeiten, wenn denn ein Basislevel an Dänischkenntnissen vorhanden ist.""

    Die dänische Sprache halte viele Deutsche davon ab, ihr Glück beim nördlichen Nachbarn zu versuchen, so der Experte von der Agentur für Arbeit. Einer, der sich nicht hat abschrecken lassen, ist Andreas Wenzel aus Glückstadt bei Hamburg. Er hat Elektrotechnik an der FH Heide in Holstein studiert. Und sich anschließend in Dänemark beworben, auf Englisch. Bei einer Firma in der Nähe von Sonderburg, dicht an der deutschen Grenze. Die lockere Atmosphäre im Bewerbungsgespräch hat den jungen Deutschen überrascht:

    ""Die erste Frage war: 'Willst Du ein Bier?' Die witzeln beim Bewerbungsgespräch. Keine Krawattenpflicht, keine Anzugspflicht. Wesentlich anders als in Deutschland."

    Bei Bewerbungen seien in Dänemark auch vielmehr die so genannten soft skills gefragt, also Persönlichkeit und Teamfähigkeit der Bewerber:

    "Da sind Resultate, also Zeugnisse, nicht so ausschlaggebend. Hier bei mir wurden noch Psychologen ins Spiel gebracht. Eine externe Stelle, wo wir halt getestet wurden. Das ist auch gang und gäbe, bei höheren Positionen in Dänemark. Aber, wie gesagt, das ist wesentlich unbefangener und nicht so formell wie in Deutschland."

    Dänen seien Teamspieler, vielmehr als in Deutschland: Das ist Andreas Wenzels Erfahrung. Und fließend Dänisch müsse man am Anfang auch nicht können. Mit Deutsch und Englisch komme man in größeren Firmen, die viel exportieren, erst mal gut durch.

    "Was die gerne sehen ist, dass sie Ambitionen zeigen, die dänische Sprache zu erlernen. Die sind am Anfang etwas distanziert. Aber wenn sie merken, der bemüht sich, dann ist das Eis geschmolzen. Dann ist das ein liebevolles Volk. Wirklich sehr schön."

    Andreas Wenzel arbeitet jetzt seit zwei Jahren in Dänemark. Und spricht mittlerweile fließend Dänisch. Vor allem durchs Zuhören, sagt er. Der junge Elektrotechniker wohnt übrigens auf der deutschen Seite der Grenze. Dadurch braucht er nicht so viel Steuern zahlen, wie seine dänischen Kollegen. Kommt aber in den Genuss der höheren dänischen Löhne. Aber neben dem finanziellen Aspekt habe sich sein Schritt über die Grenze vor allem durch das bessere Arbeitsklima in Dänemark gelohnt, meint er:

    "Dieses Unbefangene einfach. Wir könnten jetzt einfach in die Produktion gehen. Und uns mit ein paar Mitarbeitern unterhalten. Einen kleinen Klönschnack halten. Sachen funktionieren hier anders. Und sie funktionieren gut, so wie es ist.""

    Informationen zu Karrierechancen auf dem dänischen Arbeitsmarkt gibt die Berufsberatung in der Agentur für Arbeit in Flensburg.